Sie findet vom 9. bis zum 26. Januar in drei Staaten statt: In den beiden Nachbarländern Norwegen und Schweden – und in Österreich. Alle drei Länder hatten sich ursprünglich einzeln um die Austragung beworben. Aus organisatorischen Gründen entschieden sie sich dann, eine gemeinsame Bewerbung einzureichen. Der Plan scheint aufzugehen, der Ticketverkauf läuft laut den Veranstaltern gut.
Nicht in Österreich, wo in Wien und Graz gespielt wird. Die Auslosung ergab, dass die Schweiz ihre drei Vorrundenspiele im schwedischen Göteborg bestreitet:
Das Scandinavium, wo auch schon Spiele der Eishockey-WM, der Davis-Cup-Final oder der Eurovision Song Contest ausgetragen wurden, fasst rund 12'000 Plätze.
Die ersten zwei Teams von jeder der sechs Vierergruppen sind für die Hauptrunde qualifiziert. Sollte sich die Schweiz durchsetzen, trägt sie in Malmö vier weitere Partien aus.
Die Halbfinals und die Finalspiele werden in Stockholm ausgetragen.
Eröffnet wird die EM heute (18.15 Uhr) mit den Spielen Deutschland – Holland in Trondheim und Weissrussland – Serbien in Graz.
Die erfolgreiche Qualifikation ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, die vor einigen Jahren eingesetzt hat. Der Schweizer Verband erntet die Früchte, die er und der Vorzeigeklub Kadetten Schaffhausen gesät haben. Nationaltrainer Michael Suter kennt einen Grossteil seiner Spieler seit der Juniorenzeit, erreichte mit Nachwuchs-Auswahlen immer wieder Turniere, darunter die U19-WM 2011 in Argentinien.
Der 6. Rang dort sorgte bei vielen Spielern dafür, dass ein Umdenken stattfand: Auch die «kleine Schweiz» kann im Handball etwas erreichen. Vermehrt setzten nun Spieler auf die Karte Spitzensport, wollten es im Handball zu etwas bringen. Aktuell neun Akteuren gelang es, sich für ausländische Klubs aufzudrängen. Ein klares Zeichen für die gestiegene Qualität des Schweizer Handballs.
Natürlich die Frage, die am meisten interessiert. Sicher ist, dass niemand mit der Schweiz rechnet. Aus der Aussenseiterposition hofft das Team, einen Coup zu landen.
Gastgeber Schweden ist eine Handball-Grossmacht, die ihre grössten Erfolge in den 1990er-Jahren feierte. Angeführt von Jahrhundert-Handballer Magnus Wislander wurden die Schweden zwei Mal Weltmeister, vier Mal Europameister und gewannen bei Olympia drei Mal Silber. Auch an der EM 2018 gewannen die Schweden Silber. «Vor grossen Kulissen haben wir immer gut gespielt. Das macht uns stark», gibt sich Suter zuversichtlich.
Für ein Land mit bescheidener Grösse hat Slowenien beachtliche Erfolge vorzuweisen. An den Olympischen Spielen 2016 belegte der Staat mit zwei Millionen Einwohnern Rang 5, an der WM 2017 gewann Slowenien Bronze.
Gut möglich, dass das dritte Vorrundenspiel gegen Slowenien bereits ein kleiner Final wird. Nämlich dann, wenn die Schweiz gegen Schweden verliert und dafür Polen schlägt. Die Osteuropäer scheinen am ehesten in Reichweite zu liegen. An der WM 2017 belegten sie nur Rang 17, die EM 2018 verpasste Polen, nachdem es zuvor Stammgast war.
Dass die Form stimmt, zeigte die Schweiz bei ihrer Hauptprobe am Yellow-Cup. Sie gewann das Traditionsturnier in Winterthur und schlug dabei mit der Ukraine und Holland zwei andere EM-Teilnehmer. «Wir kontrollierten alle drei Partien und gewannen einige Erkenntnisse», stellt Suter zufrieden fest, «im Angriff verfügen wir über ein breites Spektrum an Möglichkeiten.»
Mit dem Rückraumspieler verfügt die Schweiz über einen Akteur mit Weltklasse-Format. Der Spielmacher der Rhein-Neckar Löwen wurde von 2013/14 bis 2017/18 fünf Mal in Folge zum besten Spieler der deutschen Bundesliga ausgezeichnet. Doch beim Saisonhöhepunkt musste er stets den Kollegen zuschauen, weil die Schweiz zu schwach war. Schmid nervte sich über Nati-Mitspieler, die es weniger ernst nahmen als er, und er trat aus dem Nationalteam zurück. Nach Suters Ernennung zum Nationaltrainer folgte 2016 die Rückkehr und heute sagt Andy Schmid: «Es macht wieder Sinn und Spass, für die Nati zu spielen.»
Die Nummer 1 im Schweizer Tor spielt seit 2016 bei Montpellier, mit den Franzosen gewann er 2018 die Champions League. Doch das ist Geschichte, die Gegenwart im sonnigen Süden ist trist: Portner sitzt als überzähliger Goalie meist nur noch auf der Tribüne. «Ich kann es nicht erklären, warum ich nicht spiele», sagte der Nati-Captain der NZZ, «ich weiss aber, dass der Entscheid des Trainers weder sportliche noch persönliche Gründe hat.» Mit einer guten EM kann der Sohn von Zlatko Portner, 1986 Weltmeister mit Jugoslawien, Werbung in eigener Sache machen.
Mit 1,99 Meter der Abräumer in der Defensive. Der Bundesliga-Söldner (Stuttgart) wurde am Yellow-Cup zum Turnier-MVP gewählt, obwohl er keinen einzigen Treffer erzielte – das sagt einiges. Als grosse Ehre bezeichnete er dies, «aber für mich ist die Auszeichnung nicht so wichtig, wir funktionieren als Team.» Röthlisberger betont selbstbewusst: «Wir müssen uns vor niemandem verstecken, können jeden schlagen, wenn wir ineinandergreifen und zusammen kämpfen.»
Torhüter (2):
Aurel Bringolf (St.Otmar St.Gallen/66 Länderspiele/2 Tore)
Nikola Portner (Montpellier/88/8)
Feldspieler (15):
Maximilian Gerbl (Schaffhausen/31/65)
Dimitrij Küttel (Schaffhausen/57/131)
Marvin Lier (Flensburg-Handewitt/61/147)
Luka Maros (Schaffhausen/45/107)
Lucas Meister (Minden/47/125)
Alen Milosevic (Leipzig/46/82)
Philip Novak (Schaffhausen/12/1)
Nicolas Raemy (Thun/62/182)
Samuel Röthlisberger (Stuttgart/43/11)
Lenny Rubin (Wetzlar/34/114)
Andy Schmid (Rhein-Neckar Löwen/179/848)
Roman Sidorowicz (Melsungen/59/140)
Michal Svajlen (Pfadi Winterthur/84/104)
Nik Tominec (Schaffhausen/11/12)
Lukas von Deschwanden (Chambéry/58/179).
In der Schweiz besitzen zwei TV-Stationen die Senderechte. Das Auftaktspiel gegen Schweden wird auf TV24 gezeigt, die beiden anderen Schweizer Vorrundenspiele im SRF.
Deutschlands Partien werden auf ARD und ZDF übertragen, ORF zeigt zumindest die ersten zwei Spiele Österreichs. Zudem kommen Handball-Fans auch bei Eurosport auf ihre Kosten, der Sender plant die Austragung von bis zu 18 Partien.
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Anwärter Nummer 1 auf den EM-Titel ist Dänemark als amtierender Olympiasieger und Weltmeister. Es besitzt mit Mikkel Hansen den momentan wohl besten Handballer der Welt.
Frankreich, angeführt vom nimmermüden Nikola Karabatic (35), gilt als erster Herausforderer und auch Mit-Gastgeber Norwegen, zuletzt Vize-Weltmeister, steht ebenfalls hoch im Kurs. Europameister Spanien und Schweden muss man ebenfalls auf der Rechnung haben. Deutschland muss auf ein halbes Dutzend verletzte Rückraumspieler verzichten, dennoch wird auch der WM-Vierte des Vorjahrs zu den Favoriten gezählt.