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Und alles endet mit Bürkis Tränen – das unfassbare Gefühlschaos der Schweizer Protagonisten im Abstiegskampf

Und alles endet mit Bürkis Tränen – das unfassbare Gefühlschaos der Schweizer Protagonisten im Abstiegskampf

Des einen Freud ist des anderen Leid: Sechs Schweizer waren im hochspannenden Bundesliga-Abstiegskampf involviert, zwei hat es erwischt. Grenzenlose Enttäuschung bei Roman Bürki und Admir Mehmedi, die mit dem SC Freiburg in die 2. Liga müssen.
24.05.2015, 09:5027.05.2015, 10:08
Alexander Barklage und Jürgen Blöhs
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Es war der spannendste Abstiegskampf in der ­Bundesliga seit langer Zeit. Und mittendrin sechs Schweizer. Während sich Valentin Stocker und Fabian Lustenberger mit der Hertha retten können, schaffen es Johan Djourou und der derzeit verletzte Valon Behrami mit dem Hamburger SV auf den Relegationsplatz. Roman Bürki und Admir Mehmedi mit dem SC Freiburg müssen den bitteren Abstieg in die 2. Bundesliga verkraften. watson zeichnet die spannenden Partien nach und lässt den Abstiegskrimi noch einmal Revue passieren.

Die Autoren
Jürgen Blöhs ist freier Journalist und Stadion-Reporter u.a. für das Online-Portal bundesliga.de. Er berichtet über die vier norddeutschen Erstligaklubs Hannover 96, VfL Wolfsburg, Hamburger SV und Werder Bremen sowie den Zweitligisten FC St. Pauli.

Alexander Barklage ist freier Journalist und Stadion-Reporter für das Online-Portal bundesliga.de. An den Spieltagen berichtet er über die vier norddeutschen Fussballklubs Hannover 96, VfL Wolfsburg, Hamburger SV und Werder Bremen. Unter anderem schreibt er auch für die Sport Bild-+-App. Ansonsten ist er Redaktionsleiter des Hamburger Fussball-Magazins Sport Mikrofon.

Freiburg mit Rückenwind – HSV hofft auf Schützenhilfe

Vor den letzten 90 Minuten der Saison hat der SC Freiburg auf Rang 14 sehr gute Karten den Klassenerhalt aus eigener Kraft zu schaffen. Es geht im direkten Duell gegen den Tabellen-­15. aus Hannover. Schon lange vor Anpfiff haben die Anhänger von Hannover 96 und dem SC Freiburg ihre Plätze in der HDI Arena eingenommen. Die Anspannung ist förmlich greifbar.

Die Fans hoffen und bangen.
Die Fans hoffen und bangen.Bild: MORRIS MAC MATZEN/REUTERS

Die Voraussetzungen im Finale gegen den drohenden Abstieg sind klar: Die Gastgeber müssen gewinnen, um sicher die Klasse zu halten, Bürki und Co. genügt nach dem überraschenden 2:1­-Erfolg über Rekordmeister Bayern München am vergangenen Wochenende ein Unentschieden.

Ein Erfolg, der allgemein für Gesprächsstoff und Verstimmung sorgte. «In Zukunft stellen wohl vier, fünf Vereine den Antrag, erst zum Saisonende gegen die Bayern zu spielen», zeigte sich 96­-Sportdirektor Dirk Dufner enttäuscht über eine mangelnde Einstellung beim seit Wochen feststehenden Meister, und 96-­Ikone Dieter Schatzschneider bezeichnete in seinem Ärger den FC Bayern gar als «Pissverein».

Fan-Eskorte in Hamburg

Angespannt ist die Lage vor dem Anpfiff auch in Hamburg. Der Bundesliga-­Dino, der als Gründungsmitglied als einziger Verein noch nie aus der Bundesliga abgestiegen ist, ist auf Schützenhilfe angewiesen. Ein eigener Heimsieg gegen den Schalke 04 vorausgesetzt, ist der HSV auf entsprechende Ergebnisse aus Paderborn (gegen den VfB Stuttgart) und Hannover angewiesen.

Die ganze Stadt bangte in der vergangenen Wochen und Monaten mit ihrem sportlichen Aushängeschild. Sechs Spieltage vor Schluss wechselte der HSV zum vierten Mal (!) in dieser Saison den Trainer. Bruno Labbadia sollte den Absturz der Rothosen verhindern. Die Fans des HSV ziehen, was den Support anging, alle Register und eskortieren den Mannschaftsbus unter frenetischem Jubel bis zum Stadion. Schliesslich soll die Bundesliga-Uhr im Stadion weiterticken dürfen.

Die Stadionuhr in Hamburg. Noch tickt sie.
Die Stadionuhr in Hamburg. Noch tickt sie.Bild: EPA/DPA

Freiburg liegt schnell zurück – HSV zur Pause torlos

Das erste Tor im Sechser­-Duell um den Abstieg fällt dann bereits nach zwei Minuten und zehn Sekunden. Orkanartiger Jubel, als Hannovers Hiroshi Kiyotake zum 1:0 für die Gastgeber trifft und den Remis­-Plan der Breisgauer zur Makulatur macht. Keine zwei Minuten später dann aber auch Grund zur Freude bei den gut 5000 mitgereisten Freiburg­-Fans in der Arena: Auch wenn in Hannover die Zwischenstände nicht durchgesagt werden, die Paderborner Führung im zweiten direkten Abstiegs­-Duell zwischen Paderborn und dem VfB Stuttgart verbreitet sich in Windeseile.

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Bürki ist gegen Kiyotakes Flugkopfball machtlos.gif: vine

Nach vier gespielten Minuten in den neun Stadien müssen der Hamburger SV und Stuttgart den bitteren Gang in die zweite Liga antreten, die als Absteiger Nummer 1 gehandelten Paderborner dürfen nachsitzen und ihre Chance in den Relegationsspielen suchen.

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Doch darauf wollen sich die Freiburger nicht verlassen. Sie übernehmen das Kommando in der HDI Arena, ohne allerdings die ganz grossen Chancen zu erspielen. Mit 0:1 aus Freiburger Sicht geht es in die Kabinen. Zuvor gibt's aber noch den nächsten Schock für die Breisgauer, Stuttgarts Didavi gleicht in Paderborn aus und liegt nun punktgleich hinter dem baden­württembergischen Rivalen auf Rang 17. 

Auf den anderen Plätzen mit Beteiligung abstiegsbedrohter Klubs passiert bis zur Pause nichts mehr. Dass Hertha BSC seit der 8. Minute 0:1 in Hoffenheim und hinter Hannover zurück auf Rang 14 abrutscht, gerät angesichts der Zwischenstände zur Randnotiz. Bleibt es bis zum Schluss bei den Pausenständen, müssen Paderborn und Hamburg runter, Stuttgart in die Relegation. Halbzeit, durchschnaufen!

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Mehmedi scheitert ­– Olic trifft mit Djourous Hilfe

«Alles nach vorn», scheinen sich Bürki, Mehmedi und Co. beim Pausentee gesagt zu haben. Kurz nach Wiederanpfiff zwingt Admir Mehmedi 96-­Keeper Ron­-Robert Zieler zu einer Glanzparade, es bleibt beim 1:0 für 96. Anders sieht es bei der Konkurrenz aus. Der HSV geht vier Minuten nach dem Pausentee gegen Schalke durch einen Treffer von Ivica Olic 1:0 in Führung. Mittendrin Johan Djourou, der den Ball nach einer Ecke unfreiwillig dem Schalker Matjia Nastasic vor die Füsse spielt. Olic nutzt das Wirrwarr und netzt zur Führung ein.

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Djourous herrliche Vorlage für Olic.gif: Gfycat

In der Hamburger Imtech Arena hört man die vielen Steine der Erleichterung plumpsen. In diesem Moment scheint der Dino gerettet, die Paderborner finden sich auf Rang 18 wieder, der VfB Stuttgart muss als Vorletzter runter. Die Freiburger warten auf ihren Relegationsgegner.

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Für Freiburgs Trainer Christian Streich ist es nach wie vor zu riskant, darauf zu vertrauen. Der Coach treibt seine Spieler nach vorn ­– Hannover unter Druck. Nach gut einer Stunde dann, mitten in einen Freiburger Angriff hinein, Jubel aus der 96­-Kurve. Der befreundete Hamburger SV ist gegen Schalke 04 2:0 in Führung gegangen, der direkte Abstieg scheint vermieden. Hamburgs Innenverteidiger Slobodan Rajkovic köpft nach einem Holtby­-Freistoss zum 2:0 ein. Die Erleichterung der HSV­-Fans ist förmlich zu greifen und durch die Arena schallt: «Niemals 2. Liga, niemals, niemals, niemals.»

Besorgt schielen die Freiburger Fans nach Paderborn. 30 Minuten vor Ende der Saison 2014/15 hat sich nichts verändert. Stuttgart und Paderborn müssen runter, die mit dem VfB punktgleichen Freiburger auf Hoffnungsrang 16.

Freiburg-Trainer Christian Streich peitscht seine Mannen nach vorne.
Freiburg-Trainer Christian Streich peitscht seine Mannen nach vorne.Bild: Moments in Sport

Erst rettet Bürki – aber dann das!

Nach 62 Minuten ist es Bürki, der bei einem Kopfball von Lars Stindl hervorragend reagiert und seinen Breisgauern die Chance auf den direkten Klassenerhalt wahrt. Und das Team um den Schweizer Torhüter greift weiter an, findet aber keine Lücke in der kompakten 96­-Abwehr. Noch 15 Minuten.

Freiburg drückt, die 96-­Fans spüren, dass ihre Mannschaft Hilfe braucht und unterstützen sie nach allen Kräften – Gänsehaut-­Stimmung in der Arena. In Hoffenheim gleicht die Berliner Hertha nach 71 Minuten aus. Die deutsche Hauptstadt wird wohl auch in der kommenden Saison im Oberhaus vertreten sein. Stocker und Lustenberger können aufschnaufen.

Zeitgleich zum Berliner Ausgleich – Schockstarre in der Freiburger Kurve. Die 2:1-­Führung durch einen Treffer von Ginczek für Stuttgart in Paderborn spricht sich rum. Der VfB rückt dank dieses Treffers auf Rang 15 vor, der HSV nun in der Relegation und Freiburg fällt zurück auf Rang 17 – und dabei wird es wohl bleiben, denn in der 84. Minute pariert Bürki glänzend gegen Jimmy Briand, doch vom Unglücksraben Pavel Krmas springt der Ball in Richtung Freiburger Gehäuse zurück und trudelt über die Linie. 2:0 – jetzt singen die 96-­Fans «Nie mehr 2. Liga».

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Bürki wäre zur Stelle, doch Krmas trifft ins eigene Netz.gif: Gfycat
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Djourous Bangen – Petersen Anschlusstor reicht nicht

Vier Minuten legt Schiedsrichter Wolfgang Stark in Hannover drauf. Aber Hoffnung hat in der Freiburg­-Kurve niemand mehr. Totenstill ist es ­– konnten die Freiburger vor 90 Minuten den Klassenerhalt noch aus eigener Kraft schaffen, müssen sie nun auf einen Treffer des SC Paderborn gegen Stuttgart hoffen. Oder doch nicht? Nils Petersen trifft zum 1:2. Was für eine Dramatik. Geht hier noch was?

In Hamburg ist die Partie zu diesem Zeitpunkt bereits beendet. Schiedsrichter Welz pfeift ohne Nachspielzeit ab. Schüchterner Jubel der HSV­-Fans, doch noch ist die Anspannung zu spüren, denn nur ein Tor der Freiburger in der Nachspielzeit und die Hamburger Stadionuhr würde nicht mehr weiterticken, sondern still stehen.

Johan Djourou hängt sich im Abstiegskampf voll rein.
Johan Djourou hängt sich im Abstiegskampf voll rein.Bild: Valeria Witters/freshfocus

Das Team von Kapitän Djourou steckt die Köpfe zusammen und bangt. Es fühlt sich für die Spieler wie eine Ewigkeit an, die Nachspielzeit in Hannover scheint kein Ende nehmen zu wollen. Doch dann die erlösende Nachricht. In Hannover hat Referee Stark nach fünf Minuten Nachspielzeit abgepfiffen.

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Djourou hat zweite Chancen – Bürki untröstlich

Während die Hannoveraner feiern, sinken die Freiburger zu Boden. In Paderborn lassen sich derweil die Stuttgarter um Trainer Huub Stevens feiern. Freiburgs bärenstarker Rückhalt Roman Bürki schleicht mit Tränen in den Augen in die Kabine. Während für Bürki und Mehmedi mit dem SC Freiburg das Bundesliga-Abenteuer ­erst einmal beendet ist, darf Johan Djourou weiter auf den Klassenerhalt hoffen.

Bürki weint in Hannover bittere Abstiegstränen.
Bürki weint in Hannover bittere Abstiegstränen.Bild: Tay Duc Lam/freshfocus

Mit dem Hamburger SV spielt er, wie schon in der vergangenen Saison, in der Relegation um den Verbleib im Oberhaus. Am Donnerstag steht das Relegations-­Hinspiel gegen den Dritten der 2. Bundesliga auf dem Programm. Das Rückspiel ist dann am Montag, 1. Juni.

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