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Sonntagabend im Borussia-Park, die Stimmung kocht schon vor dem Anpfiff hoch. Gladbachs Stadionsprecher Torsten «Knippi» Knippertz heizt den Fans der Nordkurve vor dem Bundesliga-Topspiel gegen den FC Schalke 04 richtig ein: «Mit der Nummer 1 im Tor: Yann ...» «Sommer!», schreien die Fans von den Rängen. Die Mannschaftsaufstellung wird gefeiert und leitet die Hymne der Borussia ein. «Die Elf vom Niederrhein».
Nicht zu dieser Elf gehört erneut Josip Drmic. Lange vor den 22 Protagonisten in kurzen Hosen kommt der Schweizer Nationalstürmer dick eingepackt in eine Winterjacke aus den Katakomben und setzt sich auf die Ersatzbank. Mit bester Sicht auf die Partie verfolgt Drimc den 3:1-Sieg gegen Schalke – mitmachen darf er auch heute nicht.
«Das habe ich mir anders vorgestellt,» sagte Drmic vor einigen Tagen in einer kleinen Presserunde zu seiner Situation beim neuen Arbeitgeber. Am Niederrhein sollte eigentlich alles besser werden. Nachdem sich der 23-Jährige vor der vergangenen Saison für Bayer Leverkusen und gegen Gladbach entschieden hatte, korrigierte er seine Entscheidung zur laufenden Spielzeit. Nur besser wurde es nicht für den einstigen Torschützen vom Dienst. 17 Tore in 33 Spielen – das war noch zu Nürnberger Zeiten. Das liegt lange zurück.
Die Gegenwart sieht wie folgt aus: Unter dem neuen Borussen-Trainer André Schubert, bei dem man nach fünf Siegen in fünf Bundesligaspielen wohl langsam aber sicher auf das «Interims-» verzichten kann, durfte Josip Drmic noch keine einzige Sekunde spielen. Gladbach liegt dem neuen Coach zu Füssen und der Schweizer Stürmer spielt nur eine ganz kleine Note in der grossen Schubert-Symphonie. Es gibt derzeit auch keine Gründe für der Trainer, seine Erfolgspartitur zu ändern.
So viel andere Töne spielt die Borussia unter Schubert im Vergleich zu Vorgänger Lucien Favre nicht. Der ehemalige U23-Coach hat nur Kleinigkeiten verändert. Schubert setzt in der Innenverteidigung auf Youngster Andreas Christensen und Spanier Alvaro Dominguez, setzt den hochtalentierten Mo Dahoud neben Neu-Kapitän Granit Xhaka auf die Doppelsechs und lässt offensiv Lars Stindl neben Raffael wirbeln. Taktisch lässt Schubert etwas höher verteidigen und macht die Abstände zwischen den Reihen kompakter; auch orientiere sich seine Mannschaft wieder mehr am Ballbesitzfussball mit geduldigen Stafetten aus dem Mittelfeld und über die schnellen Aussenspieler. Mit durchschlagendem Erfolg.
Für Drmic ist da momentan kein Platz. Nicht mal als Einwechselspieler. Der Trainer will derzeit keine grossen Umstellungen vornehmen, es geht um Automatismen und Stabilität. «Josip ist stark vorm Tor, in der Tiefe», sagt der Trainer gegenüber der «Rheinischen Post» und erklärt, warum er auf den 23-Jährigen verzichtet: «Wir kombinieren viel zwischen den Linien des Gegners, daran muss er sich noch gewöhnen.» Der Schweizer, mit 10 Millionen Euro zweitteuerster Gladbacher Einkauf der Klubgeschichte, muss sein Spiel umstellen, sonst wird er am Niederrhein in der Bedeutungslosigkeit versinken. Vor allem auf die Verteidigung im Kollektiv legt Schubert viel wert – das war übrigens unter Favre auch nicht anders. «Das muss er noch besser hinkriegen», so Schubert.
Mit einem Lächeln auf dem Gesichte geht Drmic gestern nach dem 3:1-Erfolg seiner Kollegen gegen Schalke durch die Mixed Zone. Es sieht ein bisschen wie «gute Miene zum bösen Spiel» aus. Gedanken mache er sich über seine Situation und seine Zukunft, hiess es vor wenigen Tagen. Vor dem Mikrophonen der Journalisten stehen mal wieder die anderen Spieler. Lars Stindl, Granit Xhaka, Julian Korb.
Drmic ist froh, nicht sprechen zu müssen. Mehr als eine gebetsmühlige Kampfansage wäre dem Nationalspieler auch nicht zu entlocken gewesen. «Natürlich habe ich den Anspruch zu spielen», so Drmic. Aber in der Mannschaft laufe es gerade super. Er werde weiter um seine Chance kämpfen und sich im Training anbieten. «Es stehen wieder englische Wochen an. Da steigt die Wahrscheinlichkeit, dass etwas verändert wird», hofft der Angreifer. Und damit könnte er recht haben. «Sie alle haben offensiv unheimliches Potenzial», sagt der Trainer über die Ergänzungsspieler Thorgan Hazard und Drmic. «Ihre Zeit wird kommen.» Vielleicht schon bald.
Denn nach dem bösen Foul vom Schalker Johannes Geis an André Hahn wird wahrscheinlich ein Platz in der Gladbacher Offensive frei. Und da auch Flügelflitzer Patrick Herrmann noch eine Weile fehlen wird, könnte Drmics Stunde bald geschlagen haben.
«Wenn ich spielen darf, will ich meine Chance nutzen», sagte der Stürmer in der Presserunde. Ein Erfolgserlebnis wäre dazu natürlich hilfreich, «damit könnte ich mich empfehlen.» Schliesslich wolle er der Borussia mit Toren helfen – «mehr als zehn» hatte sich Drmic vor der Saison vorgenommen. Davon ist er derzeit sehr weit entfernt. Mal wieder auf dem Platz stehen, das wäre der erste Schritt. Und dann vielleicht auch mal wieder die «Elf vom Niederrhein» auf dem Feld hören. Ansonsten könnte seine Lage in Deutschland auch für die Schweizer Nationalmannschaft bald zum Problem werden.