Es ist Montag, der 12. Mai. Trotz fünf Niederlagen in den letzten fünf Saisonspielen hat der Hamburger SV zwei Tage vorher die Relegationsspiele erreicht. Gegen Greuther Fürth muss der Bundesliga-Dino den ersten Abstieg der Vereinsgeschichte verhindern.
Vor dem Nachmittagstraining stürmt Hakan Calhanoglu in die HSV-Geschäftsstelle. Der 20-jährige Deutsch-Türke, im letzten Sommer aus Karlsruhe nach Hamburg gewechselt, platzt in eine Vorstandssitzung und holt Vereinsboss Carl Edgar Jarchow und Sportdirektor Oliver Kreuzer heraus. Er will reden. Über seine Zukunft.
«An der Tür hing ein Schild, auf dem stand: ‹Bitte nicht stören›. Aber ich bin trotzdem rein und habe gesagt, es sei dringend», erzählt Calhanoglu im Interview mit der am Dienstag erschienenen Zeitschrift «Sport-Bild». Der Shooting-Star macht klar, dass er weg will. «Egal, ob wir in der ersten oder zweiten Liga spielen.» Erst im Februar hatte er seinen Vertrag vorzeitig bis 2018 verlängert.
Hab meinen Vertrag vorzeitig bis 2018 beim HSV verlängert #nurderhsv #bundesliga #zeichensetzen
— Hakan Çalhanoğlu (@hakanc10) 5. Februar 2014
Doch das Angebot von Bayer Leverkusen ist für Calhanoglu zu verlockend. Der Mann, der mit elf Toren massgeblich zum Klassenerhalt des HSV beigetragen hat, will nämlich hoch hinaus. «Ich will einfach auch so weit kommen wie Cristiano Ronaldo oder Messi. Ich will auch ein Weltstar werden, über den alle sprechen», erklärt der Freistoss-Spezialist nach seiner ersten Bundesligasaison in der «Sport-Bild». Gesunde Bodenhaftung? Fehlanzeige.
#HSV bleibt 1. Liga und ich habe mit 11 Toren zur Rettung beigetragen. Jetzt will ich #Championsleague spielen. Ist auch wichtig für #EM2016
— Hakan Çalhanoğlu (@hakanc10) 21. Mai 2014
Die HSV-Verantwortlichen versichern Calhanoglu, dass sie auf ihn setzen und eine Mannschaft um ihn herum aufbauen wollen. Doch das Verhältnis ist offenbar völlig zerrüttet. «Ich bin mit grosser Hoffnung hierher gekommen, aber ich habe sie verloren», sagt der türkische Nationalspieler.
Wütend ist er vor allem auf Vorstandsboss Jarchow, der öffentlich gewettet hatte, dass Calhanoglu selbst bei einem Abstieg beim HSV bleiben werde. «Ich fand das respektlos. Ich gebe alles für den HSV, und er wettet. Dabei geht es um die Zukunft eines jungen Menschen. Ich will nicht, dass sie eine Mauer um meine Karriere bauen. Ich möchte den HSV im Guten verlassen.»
Wenn das wirklich #Calhanoglu geschrieben hat, dann hat er nen niedrigeren IQ als mein Auto PS hat. #HSV
— Dennis (@BMG_Dennis) 21. Mai 2014
Ein schlechtes Gewissen, dass er trotz laufendem Vertrag so aggressiv auf einen Wechsel aus ist, hat Calhanoglu nicht. «Ich gebe dem HSV viel zurück». Er habe «sehr gute Leistungen» gezeigt und werde dem Verein bei einem Transfer «mindestens zehn Millionen mehr» einbringen, als die 2,5 Millionen Euro, für die er vor der Saison aus Karlsruhe gekommen war.
Söldner wie #Götze und #Calhanoglu machen unseren Sport kaputt!
— Andi (@andreas_bvb) 21. Mai 2014
@hakanc10 Du bist kein Weltstar. Komm mal zurück auf den Boden. Die Tore waren toll, der HSV bezahlt aber auch dafür! Vertrag ist Vertrag.
— Stefan Hadenfeldt (@reisieker) 21. Mai 2014
Wenn sich Fussballbubis zu höherem berufen fühlen.. Hoffentlich bleibt der #hsv da standhaft und verweigert die Freigabe #Calhanoglu
— jasiza (@JanSimonZander) 21. Mai 2014
Die HSV-Fans haben für die Aussagen ihres einstigen Hoffnungsträger selbstredend wenig Verständnis. Auf Twitter lassen sie ihrem Unmut freien Lauf. «Prinz Hakan» versucht unterdessen die Gemüter zu beruhigen und bittet die Fans um Verständnis. Auch die Gründe für seine vorzeitige Vertragsverlängerung versucht er zu erklären.
ihr wisst alle wie es ist eine schwere Verletzung später habe ich diese #Chance vielleicht nie mehr. Bitte habt Verständnis für mein Ehrgeiz
— Hakan Çalhanoğlu (@hakanc10) 21. Mai 2014
Warum ich verlängert habe? Weil ich Hamburg geil finde! Aber so früh #ChampionsLeague spielen ist Traum!
— Hakan Çalhanoğlu (@hakanc10) 21. Mai 2014
Sportchef Kreuzer hat mittlerweile versucht, ein Machtwort zu sprechen: «Er wird definitiv HSV-Spieler bleiben.» Calhanoglu entgegnet nur: «Dann ist das wohl so.» Das letzte Wort in dieser Posse ist aber mit Sicherheit noch nicht gesprochen.