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«Wir müssen vorwärts schauen», ist eine der beliebtesten Nonsens-Aussagen von Athleten, Trainern, Sportchefs und Präsidenten. Auf einer Wanderung ist es jedoch angebracht, zwischendurch kurz zu rasten und hinunter zu blicken auf die zurückgelegte Wegstrecke.
Die Wandergruppe «Grande Lugano» befindet sich gerade im Aufstieg. Bei einem Salami und einem Schluck Roten stellen die Wanderfreunde aus dem Südtessin fest: Es ging zügig aufwärts.
Nach einer 0:5-Klatsche bei Meister Davos taumelt der HC Lugano auf den letzten Tabellenplatz. Nach 33 langen Jahren ist das einstige «Grande Lugano» erstmals wieder das Schlusslicht der National League A. Das überlebt der Trainer nicht: Patrick Fischer wird entlassen, obwohl sein Vertrag vor Saisonbeginn noch bis 2018 verlängert worden war.
Der Klub könne nach gründlicher Analyse des Saisonverlaufs kein Vertrauen mehr in den Trainer setzen, um die angestrebten Saisonziele zu erreichen, heisst es. Lange bleibt Patrick Fischer nicht arbeitslos: Anfangs Dezember wird er, nur sechs Wochen später, zum neuen Schweizer Nationaltrainer ernannt.
Aufwärts geht's in dieser Zeit auch mit Lugano. Mit Doug Shedden hat ein neuer «Wanderleiter» übernommen. Einer, der offensichtlich weiss, wo der Gipfel ist. Denn in den 16 Partien seit der Entlassung Fischers klettert der HCL höher und höher.
Wer in den beiden Tabellen nicht nur auf Lugano geachtet hat, dem fällt besonders der HC Fribourg-Gottéron auf. Während sich Lugano auf einer Gipfeltour befindet, sind die Fribourger auf einer rasanten Talfahrt. Nach einem glorreichen Saisonstart, der (einmal mehr) Erinnerungen an das Russen-Duo Bykow/Chomutow weckte, läuft gar nichts mehr. Fribourg hat in der Zeitspanne seit Luganos Trainerwechsel weniger Punkte geholt (15) als Lugano, bevor es Fischer entliess (16).
Um dem Trainer in der Krise den Rücken zu stärken, verlängerte Gottéron den Vertrag mit Gerd Zenhäusern demonstrativ vorzeitig bis 2018. Gebracht hat's nicht viel, Fribourg verliert weiter. Im Herbst vor einem Jahr verlängerte Gottéron ohne Not vorzeitig mit Trainer Hans Kossmann, um ihn dann wenige Wochen später zu feuern. Wiederholt sich die Geschichte?
Natürlich liegt es nicht immer nur am Trainer, ob es einem Team läuft oder nicht. Aber gerade im Fall des HC Lugano scheint dies gut möglich zu sein. Fischers Nachfolger Doug Shedden gilt als «Vulkan», der seine Spieler heiss machen, sie gut motivieren kann. watson-Eismeister Klaus Zaugg schrieb über ihn einmal: «Er ist ein bisschen Hanspeter Latour, ein bisschen Marco Schällibaum, ein bisschen Arno Del Curto.»
Das Hauptproblem im Südtessin ist, dass Lugano zeigen will, was es hat. Also werden nicht primär Spieler gekauft, die in das System passen. Lieber leistet man sich Stars und hofft, dass diese Showtruppe spektakulär und erfolgreich spielt. Die Spieler geniessen ein angenehmes Leben: Lugano bezahlt mit die höchsten Löhne, die Sonne scheint, das Essen schmeckt, das schöne Mailand ist nah.
Aber letztmals wurde 2006 eine Playoff-Serie gewonnen. Das ist der Preis für «la dolce vita» am Luganersee. Doug Shedden hat, zumindest macht es den Anschein, die Wohlfühl-Kultur fürs erste aus der Resega vertreiben können. Die fürstlich bezahlten Stars ziehen wieder am gleichen Strick. Seit der Entlassung Fischers hat der HC Lugano 35 Punkte geholt, kein anderes Team der NLA war in dieser Zeitspanne erfolgreicher.
Nun blicken Shedden und seine Mitwanderer also zurück auf den steilen Aufstieg, den sie in kurzer Zeit geschafft haben. Sie dürfen das mit Genugtuung machen. Aber auch im Bewusstsein, dass der Gipfel noch lange nicht erreicht ist. Und im Wissen darum, dass es schnell auch wieder in die andere Richtung gehen kann, wenn man im unwegsamen Gelände strauchelt oder ausrutscht. Sollten die Luganesi dies vergessen, müssen sie nur kurz bei den Wanderkollegen aus Fribourg nachfragen.
Zenhäusern hat wohl "Glück" dass Fribourg vor starken finanziellen Schwierigkeiten steht. Sie werden sich es nur schwer leisten können, ihn vorzeitig zu entlassen.