Es sind aufregende Tage im Leben des Dennis Everberg. Einerseits kämpft er mit dem EV Zug zurzeit gegen den SC Bern um den Meistertitel. Andererseits erwartete seine schwedische Freundin Julia Bergman die Geburt ihres gemeinsamen Kinds. Gestern flog der 27-Jährige nach Schweden, um bei der Entbindung dabei zu sein. Wenn Everberg, wie geplant, heute Abend in Bern zum dritten Finalspiel antritt, dann dürfte er also bereits glücklicher Papa sein. Wenn das keine Achterbahn der Emotionen ist, was dann?
Zumal es für den Schweden derzeit auch auf dem Eis bestens läuft. In den ersten beiden Duellen der Endspielserie gegen den SCB war Dennis Everberg eine der treibenden Kräfte aufseiten der Zuger. Mit seinen körperlichen Gardemassen, 1,93 Meter gross, 93 Kilogramm schwer, bringt er ein physisches Element in das EVZ-Ensemble, welches gegen die robusten Berner extrem wertvoll ist. Wer Everberg dabei beobachtet, wie er sich vor dem gegnerischen Tor parkiert und dabei von seinen Gegenspielern alles andere als zimperlich behandelt wird, der kann sich nur in etwa ausmalen, wie der Körper malträtiert wird.
Aber der Einsatz lohnt sich: Dennis Everberg ist vor allem im Powerplay der Zuger ein wichtiger Faktor. Er nimmt dem gegnerischen Goalie die Sicht, kann Weitschüsse ablenken oder steht selber oft am richtigen Ort, um Abpraller zu versenken.
Für den EVZ erweist sich der Schwede im Nachhinein als riesiger Glücksfall. Als Everbergs Landsmann Viktor Stalberg im November 2018 die Zuger unvermittelt in Richtung Russland in die KHL verlassen wollte, da war Sportchef Reto Kläy gefordert. Zu diesem Zeitpunkt auf dem Transfermarkt Realersatz zu finden, ist eigentlich so gut wie unmöglich. Doch Kläys Hartnäckigkeit machte sich bezahlt. Er hatte Everberg, der einst bei Rögle mit dem jetzigen EVZ-Headcoach Dan Tangnes zusammengearbeitet hat, schon lange im Visier gehabt
Reto Kläy kam dabei Dennis Everbergs besondere familiäre Situation zugute. Der wusste zu jenem Zeitpunkt bereits, dass seine Freundin schwanger ist. Ausgerechnet im Herbst 2018 hatte sich der Zuger Söldner vorgenommen, noch einmal einen Anlauf in Richtung NHL zu nehmen, wo er 2014 und 2015 bereits 70 Spiele für die Colorado Avalanche bestritten hatte. Die Organisation der Winnipeg Jets nahm Everberg unter Vertrag. Bald war aber klar, dass er keinen Platz im NHL-Team haben würde.
Das Dasein im Farmteam, kombiniert mit dem Wissen, dass seine Freundin in Europa ein Kind von ihm erwartet, reichte Dennis Everberg, um seine Zelte in Kanada abzubrechen. Da kam das Angebot aus Zug wie gerufen. «Als ich erfuhr, dass Julia schwanger ist, war mir klar, dass ich nicht motiviert genug wäre, um die Saison in Übersee durchzuziehen. So ein freudiges Ereignis gibt eine andere Perspektive aufs Leben», sagte der Flügelstürmer kurz nach seiner Ankunft in der Schweiz.
Zumal ihn mit seiner Freundin noch etwas anderes verbindet. Julia Bergman hat aus einer früheren Beziehung bereits einen Sohn mit dem Namen Milan. Der vierjährige wurde mit dem Down-Syndrom geboren und ist in Schweden zusammen mit seiner Mutter schon ein kleiner TV-Star. Bergman ist in Schweden durch die Reality-TV-Sendung «Junge Mütter» eine Bekanntheit.
Ihre aktuelle Schwangerschaft zelebrierte sie in einem Web-Tagebuch. Man darf gespannt sein, was sie nach der Geburt des Kinds veröffentlichen wird. Man darf gespannt sein, wie beseelt heute Dennis Everberg in der Postfinance-Arena ans Werk gehen wird, wenn seine Rückkehr in die Schweiz wie geplant klappt. Die Berner Verteidiger sind gewarnt. Sie werden mit Sicherheit keinen gemütlichen Abend verbringen.