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Die Tragik um Antti Törmänen und wie Biel mit der Situation umgeht

Biels Cheftrainer Antti Toermaenen reagiert, beim Eishockey Meisterschaftsspiel der National League zwischen EHC Biel und Lausanne HC, am Donnerstag, 2. Maerz 2023, in der Tissot Arena in Biel. (KEYST ...
Biels Trainer Antti Törmänen ist wieder an Krebs erkrankt.Bild: keystone
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Die Tragik um Antti Törmänen und wie Biel mit der Situation umgeht

Biels Trainer Antti Törmänen ist wieder an Krebs erkrankt. Trotzdem steht er gegen die ZSC Lions an der Bande. Die aussergewöhnliche familiäre Struktur dieses Hockeyunternehmens hilft allen, mit diesen schwierigen Umständen klarzukommen.
29.03.2023, 19:25
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Mittwoch, 29. März. Alles scheint ganz normal zu sein. Hockey-Alltag in den Zeiten der Playoffs. Trainer Antti Törmänen (52) leitet am Mittwochvormittag in der Tissot Arena das Training. Die letzte Vorbereitung auf den Halbfinalstart gegen die ZSC Lions am Donnerstagabend. Aber es ist nichts mehr so wie es bisher war. Antti Törmänen muss sich in Kürze einer weiteren sechsmonatigen Krebstherapie unterziehen. Das hat der Klub am Vorabend kurz nach 20.00 Uhr offiziell mitgeteilt.

Im Kabinengang erklärt Martin Steinegger (51) die Situation. Er ist sichtlich erschüttert. Das Schicksal seines Trainers geht im nahe. Aber zugleich strahlt er den trotzigen Willen aus, auch diese Lage zu meistern. Er weiss sehr wohl um die menschliche Tragik, wenn er die Sachlage erklärt: «Es tönt brutal, wenn ich sage, dass wir uns nun auf das nächste Spiel konzentrieren müssen. Aber es ist, wie es ist. Die Rückkehr zur täglichen Routine hilft uns allen, diese Situation zu meistern.»

Es gibt für diese Unerbittlichkeit des sportlichen Alltages – und letztlich auch des täglichen Lebens - eine prägnante Formulierung: «The Show must go on.» Das Hockeyunternehmen Biel wird auf allen Ebenen durch einen im Profisport des 21. Jahrhunderts aussergewöhnlichen familiären Zusammenhalt geprägt. Diese besondere Kultur zeigt sich gerade jetzt auch in der ruhigen, unaufgeregten Art und Weise und in der Offenheit mit der Martin Steinegger diese schwierigen Umstände erklärt.

Der Sportchef sagt, Antti Törmänen bleibe vollumfänglich für die Mannschaft verantwortlich, führe also seine Arbeit weiter und werde das Team gegen die ZSC Lions weiterhin coachen. «Er wird auch nach dem Spiel zu allen sportlichen Fragen Red und Antwort stehen.» Ob er zur Unterstützung auch an der Bande stehen werde, kann Martin Steinegger noch nicht sagen. «Das lasse ich offen. Aber ich werde näher bei der Mannschaft sein.» Playoffs sind im Eishockey eine Extremsituation. Nun befinden sich die Bieler in einer extremen Situation während einer Extremsituation. «Ja, so können wir es ausdrücken.»

Es wäre theoretisch möglich gewesen, die Situation von Antti Törmänen bis zum Saisonende zu verheimlichen. Martin Steinegger sagt, man habe sich den Entscheid zum Schritt in die Öffentlichkeit nicht leicht gemacht. «Wir haben uns in Absprache mit Antti Törmänen und mit dem Verwaltungsrat dazu entschieden. Weil es nicht möglich ist, eine Tatsache von dieser Tragweite, die intern alle wissen, geheim zu halten.» Gerüchte hätten wohl in den nächsten Tagen so oder so die Runde gemacht.

Eine Frage ist, wie sich diese Konstellation auf die sportliche Leistung auswirken wird. Kämpfen nun die Spieler erst recht für ihren Trainer? Martin Steinegger mag diese gängige Formulierung nicht so recht. «Spieler kämpfen nicht für oder gegen einen Trainer, sondern letztlich für sich selbst.» Die Situation berühre jeden. Aber es sei nicht ein Kämpfen für den Trainer. «Ich sehe das eher als Inspiration.» Also eine ganz besondere Motivation. Der Sportchef vertraut darauf, dass seine Mannschaft diese schwierige Situation meistert. «Zu unserer Kultur gehört die Selbständigkeit der Spieler.» Es sei nicht notwendig, ständig zu erklären, was zu tun sei. Diese Selbständigkeit helfe mit der Situation zurechtzukommen.

Es ist nicht zum ersten Mal, dass Biel um seinen Trainer bangt. Bereits einmal musste Antti Törmänen wegen einer Krebstherapie seine Arbeit im Sommer 2020 für ein Jahr unterbrechen und während der ganzen Saison hat ihn Lars Leuenberger vertreten. Martin Steinegger mag keine Parallelen ziehen: «Das war vor der Saison und die Ausgangslage jetzt während der Playoffs ist eine andere.»

Captain Gaëtan Haas (31) gibt eine kurze Erklärung ab. Die Mannschaft sei bei einem Meeting informiert worden und das sei ein ziemlich emotionales Meeting gewesen. Von nun gilt die Abmachung, dass die Erkrankung des Trainers nicht mehr thematisiert wird. Dass es um den Sport geht. Es ist diese vom Sportchef erwähnte Rückkehr zur täglichen Routine – zum Eishockey eben – die allen hilft, mit dieser Situation klarzukommen.

Es gibt Fragen zum Sport: Vor einem Jahr haben die Bieler einen dramatischen Viertelfinal gegen die ZSC Lions nach einer 2:0- und 3:2-Führung erst im 7. Spiel verloren. Verteidiger Yannick Rathgebs Zuversicht war schon während des Viertelfinals gegen den SC Bern unerschütterlich. Trotz der Erinnerung an das Scheitern von 2019 gegen den Erzrivalen nach einer 2:0- und 3:2-Führung hatte er nie gezweifelt und Biel hat schliesslich zum ersten Mal in seiner Geschichte eine Playoffserie gegen den SCB gewonnen. Auch vor dem Halbfinal gegen die Zürcher ist er zuversichtlich. «Wir sind im Vergleich zum Vorjahr besser geworden.» Als besondere Qualität sieht er den Zusammenhalt der Mannschaft, die eine Weiterentwicklung ermöglicht habe.

Es ist ein Zusammenhalt, der in diesen Tagen beim EHC Biel allen über den Sport hinaus hilft.

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19 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Patrick59
29.03.2023 20:08registriert Januar 2015
Alles Gute und viel Kraft Antti. Ein SCB Fan.
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Potzholzöpfel
29.03.2023 19:58registriert August 2019
Alles was zählt: Gute Besserung Antti!
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Oberhogersepp
29.03.2023 21:01registriert Mai 2021
Auch von den ZSC-Fans: Alles Gute Antti, viel Kraft und möglichst komplette Genesung!
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