Guten Abend liebe ZSC Lions. Die Playoffs haben begonnen. Der offizielle Playoff-Start war eigentlich bereits am 16. März mit dem Beginn des Viertelfinals gegen Biel. Für die ZSC Lions war erst am Donnerstagabend in Lausanne Playoff-Start. Die zweite Finalpartie wird für die Zürcher nach neun Siegen in Serie die erste mit Playoff-Intensität, Playoff-Tempo und Playoff-Härte.
Noch am Dienstag hatte Lausanne nicht den Mut, das wahre, das raue, das böse, das selbstbewusste Lausanne zu sein, und verlor den Finalauftakt in Zürich trotz einer 1:0-Führung 1:2. Für die Zürcher waren die Playoffs bis zu diesem Zeitpunkt lediglich die Verlängerung der Qualifikation.
Erst am Donnerstagabend streifen die Waadtländer die Hemmungen ab und gehen mit dem Mut und der Furchtlosigkeit zur Sache, die unbedingt erforderlich sind, um die ZSC Lions zu besiegen. Die Zürcher sind, wenn Hockey als Laufspektakel inszeniert wird, unbesiegbar. Mit Technik und Taktik ist ihnen nicht beizukommen. Mit Geduld und Disziplin auch nicht. Nur mit Härte.
Diese Härte hatten weder die Bieler im Viertelfinal und noch viel weniger die Zuger im Halbfinal. Um es noch einmal zu wiederholen: Der Marsch in den Final und zum ersten Finalsieg am Dienstag war ein «Walk in the Park». Nichts ist selbst für erfahrene, weitgereiste und tüchtige Berufsspieler im Hockey so gefährlich wie diese Leichtigkeit des Seins und Siegens. Es hat nach dem erfolgreichen Finalauftakt am Dienstagabend (2:1) warnende Fragen und Stimmen in diese Richtung gegeben. Es schien, als seien sich alle dieser Gefahr bewusst. Kein Grund zur Sorge.
Die zweite Final-Partie beginnt für die ZSC Lions noch vielversprechend. Wieder sieht es nach einem Spaziergang durch den Park aus. Aber Sven Andrighettos frühes 1:0 (4. Min.) ändert nichts an Lausannes Entschlossenheit und Mut. Eine Szene erklärt uns den Untergang des vermeintlichen Titanen: der Ausgleich zum 1:1 (10. Min.). Michael Raffl, der härteste Österreicher der Hockeygeschichte mit mehr als 600 NHL-Partien in den Knochen, erschüttert mit einem harten Check Mikko Lehtonen in den Grundfesten. Der ZSC-Verteidiger bleibt benommen liegen. Der Puck kommt zurück zum Rumpel-Österreicher und er trifft zum 1:1.
Am Ende wird das Raubein, das in den letzten zwei Jahren in Lausanne nur in 39 Quali-Partien eingesetzt werden konnte, mit dem 4:2 für die endgültige Entscheidung sorgen (58. Min.).
Das ist der Schlüssel zum Erfolg: Härte, aber richtig dosiert. Die Schiedsrichter haben alles im Griff. Ihre Leistung taugt nicht zur ZSC-Ausrede. Es ist auch richtig, dass Michael Raffl nach einem Check gegen Rudolfs Balcers nur mit zwei und nicht mit fünf Minuten sanktioniert wird.
Sind die ZSC Lions also zu weich? Droht nun der Untergang gegen ein Team, das «deutschschweizerischer», rauer, mutiger, «böser» spielt als jede andere Mannschaft östlich von Fribourg?
Ja und nein. Ja, in Lausanne sind die Zürcher am Donnerstagabend zu weich. Sie versuchen, mit «welschem Champagner-Hockey» zum Erfolg zu kommen. So wie in allen bisherigen Playoff-Partien. Und beinahe hätte es wieder gereicht: Sven Andrighetto gelingt das 1:0 und zu Beginn des Schlussdrittels (43.) mit einem Direktschuss im Powerplay mit dem 2:2 die Rückkehr ins Spiel.
Aber Lausanne lässt sich nicht mehr aufhalten, nicht mehr entmutigen, nicht mehr vom Kurs abbringen. Dieser Gegentreffer zum 2:2, der eine gewöhnliche Mannschaft ins Herz getroffen hätte, wird aus der Seele geschüttelt wie das Wasser von einem genässten Hund aus dem Fell. Alle spüren es im Stadion, auch die Spieler: Der Titan wankt. Lausanne rockt im ersten Finalspiel seiner Geschichte auf eigenem Eis unbeirrt weiter. Lausanne ist auf einer Mission. Das 3:2 von Damien Riat (51. Min.) ist bereits die Entscheidung.
Die ZSC Lions also zu weich. Aber vorerst nur am «weichen Donnerstag» in Lausanne. Auch die Zürcher können Härte und Intensität. Sie sind im Durchschnitt praktisch gleich gross und sogar eine Spur schwerer als ihre Gegenspieler. Aber nach neun Spielen, die im Vergleich zum donnerstäglichen «Fegefeuer» höchstens waren wie ein intensives Training, können sie nicht umschalten und sind tatsächlich noch zu weich.
Kein Coach der Welt vermag während eines laufenden Spiels die Einstellung seiner Spieler zu ändern. Und wohl nur der Hockeygott hätte nach neun siegreichen Partien mit seiner Warnung durchdringen können, in Lausanne werde alles anders sein.
Wenn die ZSC Lions als Mannschaft intakt sind, wenn Marc Crawford das Ohr der Spieler hat, dann werden die ZSC Lions am Samstag heftig reagieren und so rau, mutig und „böse“ sein wie Lausanne. Dann werden sie den dritten Final nach menschlichem Ermessen gewinnen.
Dieses dritte Spiel ist das wichtigste in diesem Final. Eine Niederlage hätte für die ZSC Lions unabsehbare Folgen: Sie würde in die Köpfe und Herzen der Zürcher etwas pflanzen, das sie in dieser Saison noch nie gekannt haben: Zweifel.
So oder so: Drama, endlich Drama.
So oder so: Es ist genau so gekommen, wie erwartet: die Lausanner sind die einzigen, die die Zürcher herausfordern können, weil sie eben hart spielen können und trotzdem die Techniker haben, ein Spiel zu entscheiden. Die Frage ist nur: wie lange reicht die Energie?
Als neutraler Zuschauer jedenfalls machts Spass die Spiele zu schauen!