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Ein etwas frivoler Vergleich hilft uns, zu verstehen, was passiert ist. Können wir uns Marilyn Monroe ohne Sex vorstellen? Dann sind wir auch dazu in der Lage, Gottérons Tabellenführung zu erklären – und die Pleite gegen Langnau (2:5).
Gottérons Trainer Gerd Zenhäusern (43) verkörpert in seiner ruhigen, leisen Art das neue, das erstaunliche Gottéron. Er hat dazu kürzlich gesagt: «Wir versuchen, auch in kritischen Situationen ruhig zu bleiben und so die extremen Leistungsschwankungen zu vermeiden, die uns letzte Saison zum Verhängnis geworden sind.» Er repräsentiert also ein rationales Gottéron.
Ein rationales Gottéron ist irgendwie so, wie Marylin Monroe ohne Sex. Denn mit Gottéron verbinden wir doch alles andere als Rationalität. Gottéron steht für Emotionen, Leidenschaft, «heiligen Zorn» und Irrungen und Wirrungen aller Art auf und neben dem Eis.
Aber wir haben in diesem Herbst ein ruhiges, ein konzentriertes, ein gelassenes, ein diszipliniertes, ein rationales Gottéron gesehen. Selbst der Ausfall von Leitwolf Julien Sprunger (vier Spielen Sperre) hat die Mannschaft nicht erschüttert. Die erste und vorerst einzige Saisonniederlage in Lugano (1:4) war eine Niederlage ohne Drama gegen einen spielerisch starken und nominell himmelhoch überlegenen Gegner.
Und nun hat dieses neue, rationale Gottéron ausgerechnet gegen den Tabellenletzten die zweite Niederlage eingefangen. Ja, Gottéron hatte gar nie eine Chance und ist zu Land, zu Wasser und in der Luft dominiert worden. Die Torfolge – 1:0, 2:0, 3:0, 4:0, 4:1, 4:2 und 5:2 – zeigt die permanente Dominanz der Emmentaler.
Wie ist das möglich? Hat Gottéron die schwächste Saisonleistung gezeigt? Nein. Aber Langnau ist es gelungen, Gottéron erstmals in dieser Saison vom rechten Weg abzubringen. Wenn wir den frivolen Vergleich noch einmal heranziehen wollen: Die Emmentaler haben Marilyn Monroe dazu gebracht, wieder Sex zu haben.
Das ruhige, konzentrierte, gelassene, disziplinierte, rationale Gottéron – also die Marilyn Monroe ohne Sex – ist im Laufe des Spiels erstmals in dieser Saison unruhig, unkonzentriert, aufgeregt und undiszipliniert geworden. Ja, zwischendurch blitzte gar ein emotionales, wildes und leidenschaftliches Gottéron auf. Weil es den rauen, entschlossenen, bisweilen wilden, ja bösen Langnauern gelungen ist, ihren Gegenspielern unter die Haut zu fahren wie noch kein Gegner in diesem Herbst. So haben die SCL Tigers Gottéron dazu gebracht, den Weg der neuen Tugenden zu verlassen.
Langnau war in dieser Partie das kampfstärkste Team, das ich in dieser Saison gesehen habe – Gottéron hätte nur mit Gelassenheit, Disziplin, Konzentration und Ruhe eine Chance gehabt. Also als Marilyn Monroe ohne Sex. Es war fatal, den Fehdehandschuh aufzunehmen, den die Emmentaler hingeworfen hatten und sich auf eine «offene taktische Feldschlacht», auf wuchtiges, wildes «Firewagon-Hockey» («Feuerwehr-Hockey») einzulassen.
Schafft Langnau auch im «Rückspiel» am Dienstag auswärts einen Sieg gegen Gottéron? Können die Langnauer auch auswärts die gleiche Intensität, Kampfkraft und Leidenschaft entwickeln? Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Egal. So oder so sind die SCL Tigers nun in der NLA angekommen. Sie haben dreimal hintereinander gewonnen: gegen Ambri (4:2), in Biel (5:2) und nun gegen Gottéron (5:2).
Oder besser: Torhüter Damiano Ciaccio ist in der höchsten Liga angekommen. Nun war er drei Spiele eine stilistisch ungeschliffene Version von Martin Gerber – und dreimal hat Langnau gewonnen. Er hat dreimal über 90 Prozent der Schüsse abgewehrt: 93,33 Prozent gegen Ambri, 94,45 Prozent gegen Biel und 92,00 Prozent gegen Gottéron. Eine Mannschaft wie Langnau kann nur gewinnen, wenn die Abwehrquote des Goalies höher ist als 91 Prozent.
Und Chris DiDomenico war in diesen drei Partien mit fünf Punkten der wirkungsvollste Einzelspieler der Liga. Es ist schier unglaublich, mit welchem Engagement der Kanadier seine Mannschaft mitreisst und er provoziert die bange Frage: Hält er das durch?
Und mit dieser Ankunft in der NLA ist Trainer Benoit Laporte zum … Clown geworden. Der Kanadier hat sich vor der Saison bei einem vorwitzigen Chronisten beschwert. «Du hast mich als Clown bezeichnet. Das ist unfair.» Der zu recht in den Senkel gestellte Schreibknecht entgegnete: «Aber Coach, ein Clown ist ein Artist, der die Menschen zum Lachen zu bringen und das Publikum zu unterhalten versteht. Es war als Kompliment gemeint …»
Mit dem Sieg gegen Gottéron hat Benoit Laporte 6000 Menschen im ausverkauften Ilfis-Tempel zum Lachen, zum Jubeln, zum Singen gebracht. Er hat mit seinen Jungs das Publikum bestens unterhalten – und am Ende eines grossen Abends gab es eine Standing Ovation.
So gesehen war Benoit Laporte zum ersten Mal seit seiner Ankunft ein richtiger Clown. Ein erfolgreicher Clown.