Hol dir jetzt die beste News-App der Schweiz!
- watson: 4,5 von 5 Sternchen im App-Store ☺
- Tages-Anzeiger: 3,5 von 5 Sternchen
- Blick: 3 von 5 Sternchen
- 20 Minuten: 3 von 5 Sternchen
Du willst nur das Beste? Voilà:
Ambri gewinnt unter der neuen Leitung das Cup-Spiel in La Chaux-de-Fonds 3:2 nach Penaltys. Was heisst hier Spiel! Es ist ein Drama – und ganz, ganz knapp ist Hans Kossmann um eine Schmach herumgekommen. Vielleicht hat ihn das unerwartete Happy-End milde gestimmt.
In der Verlängerung vergibt Dominic Forget nach einem Foul von Alain Birbaum einen Penalty – es wäre das «Aus» für Ambri gewesen. «Der Goliath ist halt nicht mehr so gross und der David grösser als in biblischen Zeiten», philosophiert Ambris neuer Trainer hinterher gut gelaunt.
Gut gelaunt? Ist Hans Kossmann nach der Entlassung bei Gottéron und einer Auszeit von gut einem Jahr milde geworden? Pädagoge statt General? Wo ist der strenge, der böse, der tobende Hans Kossmann geblieben? «Ach, den gibt es nicht. Das ist alles bloss eine Erfindung der Journalisten. Ich bin gar nicht so.» So? «Ja, ich bin ein freundlicher Trainer.»
Denken das jene Spieler auch, die unter seiner gestrengen Herrschaft in Fribourg gelitten haben und nach Ambri ausgewandert sind? Denken das Thibaut Monnet, Alain Birbaum und Adrien Lauper auch? «Ich denke schon» sagt Hans Kossmann. «Nachdem ich den Job in Ambri bekommen habe, hat mir Alain Birbaum sofort ein Willkommens-SMS geschrieben.» Die anderen zwei auch? «Nein, nur der Alain. Aber es gibt wirklich keine Probleme.»
Hier sei angemerkt: Der strenge Hans ist keine Erfindung der Chronisten. Bei Gottéron hatte zuletzt eine Fraktion aus acht Spielern, darunter die Leitwölfe, ultimativ die Absetzung des Trainers verlangt. Nachdem Hans Kossmann Gottéron zum ersten Mal seit den frühen 1990er Jahren wieder an die nationale Spitze und ins Playoffinale geführt hatte, wurde er in seiner vierten Saison am 12. Oktober 2014 gefeuert.
Eine Wandlung wollen wir noch nicht ausschliessen. Tempora mutantur et nos mutamur in illis. Die Zeiten ändern sich und wir uns in ihnen. Schliesslich hatte Hans Kossmann seit seiner Entlassung im letzten Herbst keinen Trainerjob mehr – er konnte also gar nicht toben. Er ist aus der Übung.
Hans wie Mike Keenan oder Hans wie der Dalai Lama? Wir werden sehen. Mit ziemlicher Sicherheit wird er jeden Tag ein bisschen mehr wie Mike Keenan, der bis heute im Umgang mit den Spielern als einer der «härtesten Hunde» in der Geschichte der NHL gilt.
Ob streng oder freundlich – Ambris Problem lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Es steckt zu viel Lugano in Ambri. Hans Kossmann muss also keine Wunder vollbringen. Er muss Ambri bloss Lugano austreiben und die verschiedenen schlechten spielerischen und taktischen Gewohnheiten wieder abstellen. Und es wird hilfreich sein, das Powerplay zu verbessern.
Ach, welch ein Spektakel war Ambris Powerplay bei Hans Kossmanns Ouvertüre! Der NLB-Fünfte nützt die zwei ersten eigenen Strafen zu den zwei Treffern in Unterzahl. Beim ersten verneigen wir uns. Es war immerhin Laurent Meunier (36). Frankreichs Antwort auf Mark Messier. Auch bei der letzten WM Captain der Franzosen. Einer der kampfstärksten Spieler der Nationalligen.
Aber das zweite Gegentor in Überzahl zum 2:2 ist die Höchststrafe. Ausgerechnet Loic Burkhalter (35), der den Schwefelgeruch des weichen Welschen nie ganz aus seinen Kleidern gebracht hat, erkämpft, erzwingt das 2:2.
Hans Kossmann muss getobt haben, als er diese zwei Gegentreffer in Überzahl gesehen hat. Das war diese Überheblichkeit, dieses falsche Vertrauen auf spielerische Fähigkeiten, die falschen Entscheidungen in heiklen Situationen, die so typisch für das Lugano dieser Saison sind. Er beruhigt: «Nein, nein, ich bin nicht böse geworden. Die Jungs wollten es einfach zu gut machen und waren zu nervös. Mir gefällt die Mannschaft und die Atmosphäre in der Garderobe.»
Wir können nicht einmal behaupten, der neue Trainer habe über diese Fehler hinweggesehen und gute Miene zum schlechten Spiel gemacht. Er trug nämlich eine neue, modische Brille. So bebrillt haben wir ihn bei seinem letzten Arbeitgeber Gottéron nie gesehen. «Ich habe auf meine Kontaktlinsen verzichtet und die Brille aufgesetzt. Damit ich alles ganz genau sehe – sowohl was in der Nähe und was weiter weg passiert …»
Und so hat Ambris Trainer Glanz und Elend seines Teams genau gesehen. Dass nur drei Ausländer (Zach Hamill, Cory Emmerton, Alexandre Giroux) zur Verfügung standen, kann keine Ausrede sein. Ambri fand sich einfach mit einem Gegner nie zurecht, der spielte, wie früher Ambri: Mit unerhörter Leidenschaft, Mut und Energie. Gerade deshalb war es ein grosses Spiel. Cupspiele sind aufregend, wenn ein unterklassiges Team einen Titanen herausfordert. Aber sie sind es halt nicht, wenn zwei NLA-Teams gegeneinander antreten.
Am Ende lacht Hans Kossmann bei seiner Ouvertüre doch noch. Alexandre Giroux, Inti Pestoni, Paolo Duca und Cory Emmerton treffen nacheinander im Penaltyschiessen. So viel Kaltblütigkeit, so viel Nervenkraft, so viel Coolness. Lange steckte in der ersten Partie unter dem neuen Trainer zu viel Lugano in Ambri. Erst beim Penalty-Schiessen ist Ambri ganz von Lugano geheilt. Immerhin ein gutes Zeichen für die zwei ersten NLA-Partien unter Hans Kossmann am Freitag in Fribourg und am Samstag zu Hause gegen Biel.