Die Rechte und Pflichten eines Hockey-Profis sind im Arbeitsvertrag festgeschrieben. Jeder Arbeitsvertrag hat eine Geheimhaltungsklausel. Deshalb gab es bisher nur bruchstückhafte Einblicke in die wahre Arbeitswelt der Hockeystars. Doch nun können wir mit dem Original eines Hockey-Arbeitsvertrags aufzeigen, wie streng das Leben der Profis geregelt ist. Dieses Papier ist auf einem interessanten, legalen und offiziellen Weg an die Öffentlichkeit gelangt.
Die «MySports League» ist unsere dritthöchste Spielklasse und dürfte eine der besten dritten Ligen der Welt sein. Sie ist die national ausgerichtete höchste Amateurliga. Das Niveau ist sehr hoch. Aus dieser Liga heraus ist es nicht unmöglich, den Sprung in die Swiss League oder gar die National League zu schaffen. Praktisch jeder Spieler ist mindestens auf dem Niveau der Elite-Junioren ausgebildet worden. Bei 32 Qualifikationsrunden plus Playoffs kommt der Aufwand für Trainings und Spiele nahe an die Swiss League heran. Acht der zwölf Teams spielten einst in einer der beiden höchsten Ligen oder sind ihre juristischen Nachfolgeorganisationen. Mit dem EHC Arosa ist auf diese Saison sogar ein mehrfacher Schweizer Meister (letzter Titel 1982) in die «MySports League» aufgestiegen. Arosa hatte sich im Frühjahr 1986 aus wirtschaftlichen Gründen freiwillig aus der NLA ins Amateurhockey (1. Liga) zurückgezogen.
Neue Verträge für Verteidiger Brazzola und Stürmer Bandiera https://t.co/vyHt3wTHxb Hopp Arosa! pic.twitter.com/j8LnXK75PN
— EHC Arosa (@ehc_arosa) January 24, 2020
Weil auch in der «MySports League» Geld verdient wird, verwenden die Klubs in der Regel die Standard-Arbeitsverträge wie sie auch in der National League für Profis üblich sind. Arosas tüchtiger Geschäftsführer Adrian Fetscherin hat soeben den Vertrag mit seinem Stürmer Patrick Bandiera (24) verlängert. Der erfahrene Kommunikations-Profi – er war unter anderem Medienchef bei Fussball-GC – hat nicht nur die sonst übliche, eigentlich ja langweilige Medienmitteilung über die Weiterverpflichtung per Mail verschickt. Er hat auch gleich den vollständigen Vertrag im Original mitgeliefert. Das ist wahrlich moderne, transparente, vorbildliche Kommunikation und es ist sehr und mit allem Nachdruck zu wünschen, dass dieses Beispiel künftig auch in der höchsten Liga Schule machen wird.
Patrick Bandiera produziert nicht ganz einen Punkt pro Spiel. Der ehemalige Elite-Junior, Junioren-Internationale und U18-WM-Teilnehmer ist ein typischer Spieler der «MySports League». Es reicht nicht ganz für eine grosse Profi-Karriere in der höchsten Liga. Aber er ist viel zu gut, um bloss ein Amateur zu sein. Und so ist er eben in Arosa oben gelandet und hat dort einen Arbeitsvertrag, der in der Form jenen in der National League entspricht und für die «MySports League» repräsentativ ist. Das elf-seitige Dokument listet unter anderem eine interessante Fülle von Pflichten auf. Sie sind auf drei A-4-Seiten bis ins Absurde detailliert aufgeführt.
So ist es dem Spieler unter anderem ausdrücklich verboten
Der Spieler ist verpflichtet
Schriftlich ist auch gleich geregelt, was zu einer vorzeitigen Vertragsauflösung führt:
Patrick Bandiera wird natürlich auch bezahlt. Sein Vertrag entspricht zwar den Grundzügen der Profiverträge in der höchsten Liga. Aber nicht sein Lohn. Er verdient in Arosa für die ganze Saison 11'500 Franken. 5000 Franken als Bruttogehalt, 5000 Franken als Spesen für die Ausrüstungskoten und 1500 Franken Reisespesen. Dieser Betrag wird ihm nächste Saison vom August 2020 bis zum März 2021 in acht Monats-Raten ausbezahlt.
Beim EHC Arosa gibt es zudem Klauseln, die in der National League in der Regel in den Verträgen nicht enthalten sind:
Allerdings kann sich Patrick Bandiera etwas dazuverdienen und so das karge Salär aufbessern. Wenn er einen neuen Sponsor bringt (es dürfen aber keine bestehenden Sponsoren angegangen werden), erhält er eine einmalige Provision von 10 Prozent des Sponsorenbetrages. Er kann mit dieser Möglichkeit seine jährliche Entschädigung maximal verdoppeln.
Der EHC Arosa war einst einer der berühmtesten Vereine Europas und gewann zwischen 1951 und 1957 sieben Mal in Serie die Meisterschaft und dann weitere zwei Titel 1980 und 1982. Die Erben dieses wahrlich grossen Ruhmes sind heute die ärmsten Kerle unseres Eishockeys. Mit den gleichen Pflichten (und noch einigen mehr) wie die Profis in der höchsten Liga. Aber nur mit einem Bruchteil der Profisaläre. Was uns zeigt: wer in der «MySports League» spielt, tut dies aus Leidenschaft für das Spiel. Oder wie die Kanadier sagen: «For the Love of Hockey». Auch deshalb ist die «MySports League» eine der besten dritten Ligen der Welt.
Ja wie denn nun? :)