Ja, es waren schon ein wenig strube Zeiten für Verbandsboss Marc Furrer. Dieses monatelange Hin- und Her um die Zukunft Sean Simpsons. Dann die Scheidung vom Silberschmied und anschliessend die Posse um Glen Hanlon. Weil die Verpflichtung des Kanadiers durch eine Indiskretion in die Öffentlichkeit gelangt war, brach während der WM in Minsk nochmals Hektik aus. Marc Furrer wurde erneut kritisiert.
Das in Seenot geratene Verbandschiff wieder in ruhige Gewässer zu steuern war nun die heikle, grosse Aufgabe des durch die Kritiker zersausten Verbandsvorsitzenden. Er hat sie in jeder Beziehung mit Erfolg gelöst. Der Ort der Medienkonferenz ist auf den ersten Blick erstaunlich. Hinterher erweist sich dieser Ort als Meisterstück. Die Chronistinnen und Chronisten werden zu einer Sonderfahrt mit dem Motorschiff «MS Albis» auf dem Zürichsee eingeladen. Treffpunkt Bürkliplatz.
Regenwolken stehen am Himmel. Der Regen nieselte und da und dort fallen schon hämische Bemerkungen («Narrenschiff»).
An der Reling des MS Albis steht der neue Nationaltrainer Glen Hanlon. Er wird als Nationaltrainer ja auch so etwas wie der erste Offizier unseres Verbandschiffes sein. Er strahlt und begrüsst mit einem gewinnenden Lächeln alle Chronistinnen und Chronisten mit Handschlag.
Und bald kehren Ruhe, Friede und Harmonie ein. Sanft gleitet das Schiff über den See. Ruhig brummen die Motoren. Klug gewählt sind die Worte der Verbandsgeneräle Marc Furrer und Ueli Schwarz, des neuen Nationaltrainers und seines Assistenten und neuen U 20-Cheftrainers John Fust.
Marc Furrer skizziert den Verlauf der Verhandlungen. Man habe mit den Gesprächen nicht zuwarten können bis nach der WM. Sonst wäre der so hervorragende Kandidat womöglich nicht mehr verfügbar gewesen. Und Glen Hanlon betont, dass er vor der WM dem weissrussischen Verband mitgeteilt habe, dass er aus dem weiterlaufenden Vertrag aussteigen und nach der WM aufhören werde. Alles habe also seine Ordnung gehabt.
Ueli Schwarz erklärt überzeugend das neue Gesamtkonzept. Die Einbindung des neuen Nationaltrainers in die gesamten Juniorenprogramme bringe eine einheitliche Linie («fils rouge») in die Nachwuchsausbildung. Glen Hanlon wird bei allen Junioren-Nationalmannschaften mitarbeiten, die Gesamtverantwortung für das U 20-Programm haben und sein Assistent John Fust ist zugleich Cheftrainer der U 20-Nationalmannschaft.
Sodann folgt der grosse Auftritt von Glen Hanlon. Er ist wahrlich ein Impresario der Kommunikationskunst. Er dankt zuerst einmal seinem Vorvorgänger Ralph Krueger und seinem Vorgänger Sean Simpson für die grossartige Arbeit, die sie für das Schweizer Eishockey geleistet haben. Er dankt nach allen Seiten und auf allen Ebenen, den Eltern, den Teilzeitcoaches, den Spielern.
Er verspicht, dass er hart und noch härter arbeiten werde und wie sehr er sich auf seine neue Herausforderung freue. Sein zwölfjähriger Sohn Jackson freue sich sehr auf die Schweiz. Aufs Skifahren und auch aufs Eishockeyspielen. Familie Hanlon wird sich in Zug niederlassen und Jackson wird dort mit Beginn des neuen Schuljahres zur Schule gehen. Glen Hanlon betont, wie gerne er gerade mit Junioren arbeite und erzählt, er habe viel Erfahrung in der Nachwuchsarbeit. Tatsächlich hat er vor seinem Engagement in Weissrussland zwei Jahre als Trainerassistent in einer kanadischen Junioren-Liga gearbeitet (WHL).
Medienchef Alex Keller moderiert mit Umsicht. Er spricht beim neuen Nationaltrainer und seinem Assistenten immer wieder von John und Glen. John und Glen? John Glen? Ja, richtig. John Glenn war 1962 der erste Amerikaner im Weltraum und auf alten Bildern sieht er genauso aus wie John Fust. Das Bild passt. Auch John (Fust) und Glen (Hanlon) versuchen jetzt mit der Schweiz in Sphären vorzustossen, die sie nicht kennen.
Beide sind nämlich im Laufe ihrer ereignisreichen, langen Trainerkarriere noch nie in einer höchsten Liga oder mit einer Nationalmannschaft über die Viertelfinals hinausgeflogen. Sie starten jetzt, wenn wir so wollen, zu einem ähnlichen Abenteuer wie einst John Glenn. Und wir wissen ja: Es ist gut herausgekommen. Der Astronaut kam damals heil wieder zurück auf die Erde und machte später auch Karriere als Politiker.
Inzwischen läuft das MS Albis wieder den Hafen beim Bürkliplatz an. Die «Eishockey- Friedensfahrt» ist zu Ende. An der Reling steht wieder Glen Hanlon. Er verabschiedet alle per Händedruck und wünscht einen schönen Sommer. Und zur neuen Harmonie in unserem Eishockey passt das Wetter. Es klart auf. Da und dort lugt ein Stück blauer Himmel hervor. Die Regenschirme bleiben geschlossen.
Am Quai sitzt ein alter Mann und spielt auf seinem Akkordeon wunderschön ein altes Lied. «Ein Schiff wird kommen.» Wenn denn eine Chronistin oder ein Chronist immer noch boshafte Gedanken hat, der Refrain dieser Melodie vertreibt sie.
«Ein Schiff wird kommen Und das bringt mir den einen Den ich so lieb wie keinen Und der mich glücklich macht»
Ach, es ist fast so, als sei dieser Refrain von unserer Verbandsführung auf Glen Hanlon gemünzt.
Es fehlt nur eine ganz winzige Kleinigkeit zum vollkommenen Schweizer Eishockey- Glück. Der Erfolg. Diese wunderschöne Eishockey-Friedensfahrt auf dem Zürichsee geht sehr schnell vergessen, wenn Glen Hanlon und John Fust im Laufe der nächsten Saison nicht die geforderten Resultate bringen.
Aber wir wollen jetzt nicht grübeln. Freuen wir uns erst einmal auf einen ruhigen Sommer und einen freundlichen Herbst und einen milden Winter. Die nächste Eishockey- WM in Prag beginnt ja erst am 1. Mai 2015. Und wie sagte doch Glen Hanlon so klug während der «Hockey-Friedensfahrt» mit dem MS Albis: «Das spannende am Coachingjob ist es, dass du nicht jedes Jahr deine Ziele erreichst».
Wie wahr. Es wird spannend.