Wenn wir das Scheitern von Hans Kossmann analysieren, dann sehen wir, dass er vergessen hat, Jeremias Gotthelf zu lesen.
Eishockey ist ein emotionales Spiel. Trainer toben in der Kabine und bei Einzelgesprächen. Das gehört zur Eishockeykultur. In der NHL und bei uns.
Warum können Arno Del Curto oder Marc Crawford toben, ohne dass die Spieler aufmucken? Warum führt ein Führungsstil an einem Ort zum Scheitern und an einem anderen zu einem Steigerungslauf bis zum Titel? Neben Training und Taktik spielt auch der Führungsstil eine ganz entscheidende Rolle.
Der Dichterfürst Jeremias Gotthelf liefert uns eine Antwort. Er hat im vorletzten Jahrhundert eindringlich gemahnt, man dürfe sich zwar mit der Frau streiten. Aber man dürfe nie schlafen gehen, ohne sich vorher zu versöhnen.
Banal? Nein. Aufschlussreich. Auf die Arbeit der Bandengeneräle übertragen bedeuten die Gotthelf-Worte: Toben ja. So laut und so lang und so oft wie einer will. Aber niemals die Kabine verlassen, ohne eine Brücke zu einem versöhnlichen Abschluss zu bauen.
Arno Del Curto ist eben nicht nur für Temperamentsausbrüche legendär, die manchmal an ein Naturereignis mahnen. Sondern auch dafür, dass er anschliessend darauf achtet, dass keine bösen Gefühle zurückbleiben. Und Nordamerikaner wie Marc Crawford achten darauf, dass sie einen Spieler niemals persönlich beleidigen. Das ist bei uns noch wichtiger als in Nordamerika. Weil Schweizer Spieler nachtragender sind.
Hans Kossmann hat bei Gottéron als Trainer und Taktiker alles richtig gemacht. Aber er hat nach seinen «Pep Talks» keinen Wert darauf gelegt, dass trotz allem jeder in Frieden die Kabine verlässt und keinen Groll im Herzen nach Hause trägt. Er soll, wie Gewährsleute übereinstimmend berichten, hin und wieder seine Stars auch persönlich beleidigt haben.
Der Unterschied lässt sich auch so veranschaulichen: Wenn Arno Del Curto tobt, dann ist es für die Spieler letztlich doch so wie bei Kindern, die zwar vor dem Samichlaus in Angst und Schrecken erstarren, aber ahnen, dass hinter Maske und Bart der eigene Vater steckt. Aber wenn Hans Kossmann verbal rockte und rollte, schien es manchem, hinter der Maske könnte am Ende Hannibal Lecter hervorkommen.
Es ist wie es ist. Hans Kossmanns Scheitern verändert das Layout der laufenden Meisterschaft bis in die NLB hinunter. Neben Sean Simpson ist nun bereits ein zweiter sehr guter Trainer per sofort zu haben. Simpson und Kossmann ante portas!
Wenn beispielsweise die Langnauer schlau sind, lassen sie ihren freundlichen «Spielerversteher» Bengt-Ake Gustafsson – mit ihm sind bisher alle entscheidenden Spiele verloren gegangen – noch bis zur Weihnachtspause an der Bande gewähren.
Dann beenden sie dieses Wohlfühl-Experiment, machen mit den Aufstiegs-Ambitionen ernst und holen Hans Kossmann. So bleibt dem kanadisch-schweizerischen Doppelbürger genügend Zeit, um die Tigers gerade noch rechtzeitig auf Aufstiegskurs zu trimmen.
Mit Lottergoalies umzugehen hat Hans Kossman ja bei Gottéron schon gelernt und im Emmental wird er die Lehren Gotthelfs verstehen und verinnerlichen.