Sperren, solange der gefoulte Spieler ausfällt. Die ganze Saison aus dem Verkehr ziehen. Lizenz entziehen. Es gibt zahlreiche populistische Forderungen, um Missetäter zur Räson zu bringen. Sie sind allesamt untauglich.
Um es etwas vereinfacht zu erklären: Hockeyprofis unterstehen unserem Arbeitsgesetz. Also den gesetzlichen Bestimmungen, die das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln. Der Sport kann sich nicht ausserhalb dieses gesetzlichen Rahmens bewegen. Gewisse Ausnahmen sind möglich. Aber im Grundsatz hat sich der Sport an die gleichen Gesetze zu halten wie die übrige Wirtschaft. Das bedeutet: Sperren von mehr als 15 Spielen sind bereits im Grenzbereich eines Arbeitsverbotes und damit nicht zulässig. Das ist die Schwierigkeit der Sportrichter.
Der Sport hat allerdings bei seiner Gerichtsbarkeit gewisse Freiräume. Beispielsweise mit Sperren bis zu 15 Partien und Bussen für verschiedenste Vergehen. Im Eishockey ist Körperkontakt erlaubt und die Einschüchterung des Gegenspielers durch Körperangriffe ist im Rahmen der Regeln erlaubt. Das macht das Eishockey dynamisch, attraktiv und eben auch gefährlich. Erst recht, weil das Spiel immer schneller wird und die Spieler immer kräftiger werden. Die Aufprallenergie erhöht sich im Quadrat zur Geschwindigkeit.
Deshalb war ZSC-Coach Rikard Grönborg nach der Partie gegen Lausanne so aufgebracht. ⬇️ Mark Barberio durfte nach einer Zweiminutenstrafe weiterspielen, Garrett Roe schied verletzt aus. #ZSC #LHC pic.twitter.com/oe5fFKzqri
— MySports (@MySports_CH) November 21, 2021
Das grösste Problem sind heute die Angriffe auf den Kopf des Gegenspielers. Solche Attacken können Karrieren gefährden oder beenden. Nach wie vor ist nicht sicher, ob SCB-Verteidiger Eric Blum nach dem Check von Fabrice Herzog seine Karriere fortsetzen kann. Und nun hat Lausannes Verteidiger Mark Barberio mit einem Check ins Gesicht Garrett Roe den Kiefer gebrochen. Der ZSC-Topskorer ist in der Nacht auf Montag bereits operiert worden und fällt für mehrere Wochen aus.
Alle Spiele der National League werden live übertragen. Von allen Partien werden TV-Bilder produziert. Damit ist Rechtsgleichheit gegeben. Die TV-Bilder sind so gut, dass festgestellt werden kann, ob ein Angriff auf den Kopf eines Gegenspielers erfolgt. Die Missetäter können also überführt werden.
Sperren folgen deshalb heute auf jede böse Tat. Über die Anzahl Spielsperren lässt sich dann trefflich polemisieren. Aber da bei uns das Salär auch während einer Sperre ausbezahlt wird, haben Sperren keine erzieherische Wirkung. Fabrice Herzog darf inzwischen bereits als Wiederholungstäter bezeichnet werden. Und wir können sagen: Wenn die Nerven blank liegen, wird es gegen Lausanne gefährlich. Mark Barberio hat im letzten Frühjahr im Playoff-Viertelfinal gegen die ZSC Lions schon mal kräftig zugelangt und ist für eine Attacke gegen Sven Andrighetto (Stockstich) mit sechs Spielsperren belegt worden.
Ob einer ausrastet und rücksichtslos eine Verletzung seines Gegenspielers in Kauf nimmt, mag von vielen Faktoren abhängen. Es kann auch die Folge einer Provokation oder eine Frustreaktion sein. Wer kann einen Spieler von solchen Aktionen abhalten? Den mit Abstand grössten Einfluss auf das Verhalten eines Spielers hat sein Coach. Er arbeitet jeden Tag mit ihm und letztlich ist ein Spieler auf das Wohlwollen seines Chefs angewiesen. Wenn jemand in einem Sportunternehmen die Profis im Griff hat – soweit das denn möglich ist – so der Cheftrainer.
In der NHL gibt es praktisch keine Massenschlägereien mehr. Auch deshalb, weil dann, wenn die Spieler die Bank verlassen, um sich in eine Prügelei einzumischen, auch der Coach gesperrt und gebüsst wird.
Warum nicht den Coach büssen und sperren (auf die Tribüne verbannen und während der Sperre von der Arbeit mit der Mannschaft ausschliessen), wenn sich einer seiner Spieler zu einem Angriff gegen den Kopf hinreissen lässt wie Fabrice Herzog oder Mark Barberio? Das mag unkonventionell sein. Würde aber dazu beitragen, dass dieses Thema in die tägliche „Erziehungsarbeit“ des Trainers einfliesst und immer wieder für Gesprächsstoff sorgt. Im Vorteil wären gewiss jene Bandengeneräle, die ihr Personal im Griff haben.
Boshaft können wir sagen: Die Wirkung einer Bestrafung für den Coach wäre im „Fall Barberino“ allerdings nicht gegeben. Lausanne könnte es helfen aus der Krise zu kommen, wenn Cheftrainer John Fust für ein paar Spiele gesperrt würde.
Bin ziemlich sicher, dass solche Vorfälle teamintern nicht mehr toleriert würden...
Ja, wenn dann mal 2-3 Monatslöhne draufgehen, findet vielleicht schon ein Umdenken statt. Zuviel? Wenn ich Grobfahrlässig jemanden so schwer verletze, dass dieser 10 Wochen nicht mehr arbeiten kann, werde ich vor Gericht auch nicht besser wegkommen...