Die Viertelfinalchancen sind nur noch minim: Kasachstan müsste Finnland besiegen, dann könnten wir in der letzten Partie gegen Lettland (Dienstag, 15.30 Uhr, live SRF2) das Viertelfinale schaffen. Aber das ist so unwahrscheinlich wie ein Übertritt von Christoph Blocher zur SP. Wir werden voraussichtlich zum ersten Mal seit 2011 bereits vor dem letzten Gruppenspiel keine Chance mehr auf die Viertelfinals haben.
Am Ende ist es so, wie es schon immer war: Nach der ersten Niederlage war unter Sean Simpson an einer WM jedes Mal Lichterlöschen. Der Nationaltrainer wird sich mit einer spektakulären Bilanz verabschieden: Bei sechs Titelturnieren (WM 2010, 2011, 2012, 2013 und 2014, Olympia 2014) viermal das Viertelfinale verpasst. Schäbig. Aber der Jahrhunderterfolg von Stockholm 2013 (WM-Silber) und der 5. Platz von 2010. Grandios.
Sean Simpsons geht damit als einer der grössten Nationaltrainer aller Zeiten in unsere Hockeygeschichte ein. Lieber einer, der uns zwar zutiefst verärgert aber dafür auch mal himmelhoch jauchzen lässt, als ein Langweiler, der mittelmässige Resultate als Heldentaten verkauft.
Wir werden in Minsk der erste WM-Finalist sein, der das Viertelfinale verpasst. Es droht uns also eine weitere Ohrfeige, die in die Geschichte eingehen wird. Zuvor schrieben wir Pleite-Geschichte als erste Nation, die aus der A-Gruppe in einem Zug in die C-WM abstieg (zwischen 1972 und 1973). Und 1993 waren wir in München der erste und bis heute einzige WM-Halbfinalist, der absteigen musste. Ungefähr alle 20 Jahre eine historische WM-Pleite.
Aber blicken wir in die Zukunft. Müssen wir nun wieder 60 Jahre auf eine Medaille warten wie nach 1953? Nein, die nächste Medaille ist nur eine Frage der Zeit. Nicht eine Frage von Generationen.
Triumphieren und Scheitern liegen auf in der inzwischen globalisierten Hockeywelt so nahe zusammen wie nie zuvor. Für uns ist inzwischen bei jeder WM alles möglich geworden. Ein WM-Titel oder das Verpassen der Viertelfinals. Es wäre fatal, künftig WM-Misserfolge mit der Begründung «wir sind halt nicht gut genug» oder «Stockholm 2013 bleibt einmalig» zu entschuldigen.
Es gibt für diese These ein gutes Beispiel, das uns Hoffnung macht und das wir hier noch einmal ausführlich hervorkramen wollen. Die Slowakei, die von allen Grossen unseren Stärken und Schwächen wohl am nächsten kommt.
1994 hat Tschechien den Platz der CSSR in der Weltrangliste übernommen und die Slowaken mussten ganz unten in der C-WM neu beginnen. Sie kamen 1996 in der A-WM an, wir zwei Jahre später. Um eine Ahnung von unserem künftigen Schicksal zu bekommen, lohnt es sich, die Ränge der Slowaken nach dem ersten WM-Finale von 2000 (3:5-Niederlage gegen Tschechien) noch einmal zu betrachten.
Wir sehen also, dass im 21. Jahrhundert tatsächlich alles möglich ist. Die Slowaken verpassten einmal sogar viermal hintereinander die WM-Viertelfinals (2008, 2009, 2010 und 2011), stürzten bis auf Platz 13 ab und kamen 2012 trotzdem wieder ins Finale. Wir haben seit der Rückkehr in die Weltklasse 1998 noch nie viermal hintereinander die WM-Viertelfinals verpasst und sind seit dem Wiederaufstieg noch nie auf Rang 13 abgestürzt.
Weil wir rund dreimal so viele lizenzierte Spieler wie die Slowaken haben und unsere nationale Meisterschaft besser ist, dürfte unser Potenzial grösser sein. Unsere Zukunftsaussichten sind also eher besser als jene der Slowaken. Das Auf und Ab der Slowaken bei WM-Turnieren ist ungefähr das, was uns in den kommenden Jahren erwartet.
Die Frage ist also nicht, ob wir wieder eine Medaille gewinnen. Sondern nur wann. Allerdings dürfen wir uns nicht wieder so viele Fehler im Umfeld leisten wie vor Minsk 2014. Aber das ist wiederum eine andere Geschichte.