Petr Svoboda (54) kennt die NHL. Schliesslich hat er in der wichtigsten Liga der Welt mehr als 1000 Spiele bestritten. Aber die eidgenössische Hockey-Welt ist ihm noch ein wenig fremd. Deshalb hat er für Nationalstürmer Joel Vermin (28) nach wie vor keinen Abnehmer gefunden. Nach einer Auseinandersetzung in der Kabine bietet er seinen besten Stürmer zum Tausch an. Eine Transfer-Operette halt.
Die Klubs haben zwar in den Zeiten der Krise einen Transferstopp vereinbart. Wenn aber jemand einen Spieler loswerden will, ist es natürlich möglich, zu telefonieren. Svoboda hat Vermin bereits mitgeteilt, dass er ihn nicht mehr im Team haben will. Nach den ihm wohlvertrauten NHL-Gepflogenheiten wäre das auch kein Problem: Er könnte den hochkarätigen Stürmer bei der Konkurrenz problemlos gegen einen oder mehrere Spieler eintauschen («traden»). Schliesslich musste der ehemalige Weltklasse-Verteidiger in der NHL auch mehrmals wegen Tauschgeschäften den Arbeitgeber unfreiwillig wechseln.
Bei uns geht das nicht so einfach. Gegen den Willen eines Spielers gibt es selbst dann kein Tauschgeschäft, wenn der Klub einverstanden wäre. Petr Svoboda hat nun mit allen möglichen Abnehmern telefoniert. «Ja, wir haben miteinander gesprochen. Aber wir haben in der Offensive keine Plätze mehr frei», sagt beispielsweise ZSC-Sportchef Sven Leuenberger. «Ja, wir haben telefoniert», meldet auch Zugs Sportchef Reto Kläy, «aber wir haben Einstellungsstopp.»
Auch HCD-Sportdirektor Raeto Raffainer bestätigt die Kontakte mit Lausannes Sportchef und Luganos Hnat Domenichelli mag nicht dementieren. Interessant ist das Vorgehen von Lausannes Sportchef. Ein Sportchef erzählt: «Er hat angerufen und ein Tauschgeschäft vorgeschlagen. Auf meine Frage, wen er denn von uns haben möchte, sagte er, er wisse es noch nicht, er müsse erst unsere Kaderliste studieren.» Eine Transfer-Operette halt.
Inzwischen sind alle Versuche eines Tauschgeschäftes gescheitert. Entweder hat der Klub abgelehnt oder der Spieler war nicht bereit, nach Lausanne zu zügeln. Tanner Richard bleibt in Genf, Luca Fazzini in Lugano und Vincent Praplan in Bern. Ein Tausch von Joel Vermin gegen mehrere mittelmässige Spieler oder weniger begabte Talente ist auch nicht zustande gekommen. Aber ohne Realersatz möchte Petr Svoboda Joel Vermin nicht hergeben. Logisch: Er hat dann Mühe, Lausannes Anhängern und Besitzern zu erklären, warum er seinen wohl besten Schweizer Spieler ohne Not aus einem laufenden Vertrag ziehen lässt. Eine Transfer-Operette halt.
Die besten Karten hat nun der SC Bern. Mitbesitzer, Verwaltungsrat und Manager Marc Lüthi sagt nur kurz angebunden: «Wir haben Personalstopp.» Logisch. Kein Chef verrät, was unten im Transfer-Maschinenraum vor sich geht. Dort ist der tüchtige «Schatten-Sportchef» Alex Chatelain immer noch mit Svoboda in Kontakt. Wenn es um die grossen Deals geht, wird der zum «strategischen Sportchef» wegbeförderte ehemalige Sportchef vorerst nach wie vor «an der Front» aktiv. Seine neue Chefin Florence Schelling ist nach wie vor – wie die Queen in England – viel mit repräsentativen Aufgaben (und Medienauftritten) beschäftigt.
Stück um Stück lässt sich das Puzzle dieser Transfer-Operette zusammenstellen. Wie verlässliche Gewährsleute aus Lausanne melden, hat Chatelain offeriert, den noch bis ins Frühjahr 2022 laufenden Vertrag Vermins mit einem Bruttosalär von 525'000 Franken zu übernehmen. Ein guter Deal. Joel Vermin ist ein ehemaliger SCB-Junior und würde in Bern mit offenen Armen empfangen.
Wie ist das möglich? Hat denn Marc Lüthi beim SCB nicht einen Einstellungstopp ohne jede Ausnahme verordnet und auf Nachfrage nochmals leicht unwirsch bestätigt? Ein Nachfragen unter den Agenten und zuverlässigen Gewährsleuten löst das Rätsel: Der SCB hat erst drei Ausländer unter Vertrag und im Budget ist die Anstellung eines vierten ausländischen Spielers erlaubt. Bei einer Verpflichtung von Joel Vermin würde vorerst auf das Engagement des vierten Ausländers verzichtet, bis der Geschäftsgang wieder so gut ist, dass die Besetzung aller Ausländerpositionen verantwortet werden kann. Was dann wohl der Fall wäre, wenn der Bundesrat am 12. August die Zuschauerbeschränkung zu Gunsten einer Prozentlösung zur Stadionauslastung («60-Prozent-Formel») aufhebt und für die Kantone verbindlich erklärt.
Joel Vermin in Gottes Namen doch behalten mit dem Risiko von Unruhe in der Kabine oder ihn ohne Realersatz nach Bern ziehen lassen? Das ist die Frage, die in den nächsten Tagen oder vielleicht gar Wochen Lausannes Bürogeneräle umtreiben wird. Eine Transfer-Operette halt.
Es ist, wie es ist.