Es hätte die perfekte Steigerung des Spektakels, der Dramatik, der Spielkunst, der Spielkultur sein können. Ja, sein müssen.
Es ist genau umgekehrt herausgekommen. Brandis gegen Basel (3:2 n.V.) war mit Abstand das dramatischste und aufregendste dieser drei Spiele. La Chaux-de-Fonds gegen Langenthal (3:7) bescherte uns ein veritables Drama (aus Sicht der Neuenburger). Aber nach wenigen Minuten war bereits klar, wer sich fürs Halbfinale qualifizieren wird. Bern gegen Lausanne war schliesslich der Tiefpunkt in dieser Playoff-Trilogie. Das langweiligste Playoff-Spiel der SCB-Geschichte (seit 1989).
Allerdings müssen wir dieses vernichtende Urteil schon noch begründen und auch relativieren.
Lausanne machte während des ganzen Spiels nur einen einzigen Fehler und verlor deshalb mit 0:1. Lausannes Taktik ist vergleichbar mit dem Bau eines Formel-1-Boliden. Alles wird extrem ausgereizt, alle Angestellten müssen aufmerksam mitarbeiten und ein einziger Fehler führt zum Scheitern.
Während der ganzen Saison hat Lausanne nur drei Spiele nach einem 0:1-Rückstand noch gewonnen (gegen Davos, Lugano und Servette). Wir haben es hier also mit einem einigermassen berechenbaren Faktor in einem so unberechenbaren Schauspiel wie dem Eishockey zu tun: Wer gegen Lausanne 1:0 führt, gewinnt in der Regel.
Nach diesem Muster hat der SCB seine erste Playoffpartie unter Trainer Guy Boucher 1:0 gewonnen. Lausanne spielte (fast) perfekt. Es gab keine Lücke für die SCB-Stürmer. Bereits stiegen die Nebel der Nervosität auf. Da verlor Joel Genazzi die Scheibe in der gegnerischen Zone. Der SCB fuhr einen Drei-gegen-eins-Konter, die Scheibe prallte vom Plexiglas zurück auf den Stock von Byron Ritchie. Der einzige Fehler in der ganzen Partie. 1:0 für den SC Bern, bereits nach 10:35 Minuten Lichterlöschen bei Lausanne. Noch blieben dem Aussenseiter knapp 50 Minuten, um den Rückstand aufzuholen. Aber bereits zu diesem Zeitpunkt war klar (und nicht erst nach dem Spiel im Wissen um das Resultat), dass dies nicht möglich sein würde. Lausannes Spieler haben die Kraft, die taktische Intelligenz und die Disziplin, um perfektes Defensivhockey zu spielen. Aber nicht das Talent, um Spiele in der Offensive zu entscheiden. Selbst die vier ausländischen Stürmer haben alle ein ausgeprägtes defensives Gewissen.
Ein entscheidender Faktor war auch Torhüter Marco Bührer. Seine Fangquote aus der Qualifikation (90,98 Prozent) ist durchschnittlich. Aber auch das ist eine der wenigen Wahrheiten im Eishockey: Marco Bührer hat sein bestes Hockey schon immer in den Playoffs gespielt. Deshalb ist er ein mehrfacher Meistergoalie geworden. Lausanne hatte seine Chancen zum 0:1 und später zum 1:1. Aber der SCB-Goalie war nicht zu überwinden. Weil eben auch der SCB perfekt gespielt hat.
Aus der Sicht der Trainer haben wir einem taktisch grossartigen defensiven Schachspiel beigewohnt. Aus der Sicht des gewöhnlichen Zuschauers war es das langweiligste SCB-Playoffspiel der Geschichte. Für die grössten Aufreger sorgten die Zwischenstandsmeldungen aus dem Zürcher Hallenstadion.
Die Zufriedenheit über den gelungenen Auftakt (in den Playoffs zählt nur der Sieg) und die leise Enttäuschung über das fehlende Spektakel halten sich bei den SCB-Anhängern etwa die Waage. Moniert wird die defensive Spielweise des HC Lausanne. Und dabei wird der entscheidende Punkt übersehen oder verdrängt: Der SCB hat eher noch defensiver gespielt als Lausanne. Für diese perfekte Langeweile ist primär der SCB verantwortlich. Nicht Lausanne.
Dieser Viertelfinal-Auftakt hat dem SCB ein historisches Ereignis beschert: Der erste Sieg in einem Playoffspiel unter Trainer Guy Boucher. Die Hoffnung der Zuschauer, der SCB werde gegen einen anderen Gegner als dieses defensiv perfekte Lausanne schon noch Spektakel bieten, wird sich nicht erfüllen. Ganz im Gegenteil. Guy Boucher wird versuchen, sich zum Titel zu mauern.
Noch heute erinnern sich die Kenner mit Schaudern an das totale Playoff-Beton-Hockey, das Guy Boucher im Frühjahr 2011 mit Tampa zelebrierte. Tampa hatte dreimal hintereinander die Playoffs verpasst. Und nun wurde unter dem neuen Trainer Pittsburgh in der ersten Runde in sieben Spielen und Washington im zweiten Umgang in vier Partien eliminiert. Gegen den späteren Stanley Cup-Sieger Boston scheiterte Tampa im 7. Spiel 0:1 – in dieser Partie der absoluten perfekten Langeweile spielten beide Teams so diszipliniert, dass nicht eine einzige Strafe (!) ausgesprochen wurde.
Der ganze Trainerruhm von Guy Boucher nährt sich aus diesen Playoffs im Frühjahr 2011. Um ein Haar hätte er sich zum Stanley Cup-Triumph gemauert. Es war bis zum Cup-Sieg mit dem SCB das einzige Mal, dass er als Coach eines Profiteams Erfolg hatte. An diesem 0:1 gegen Boston vom 27. Mai 2011 und am samstäglichen 1:0 gegen Lausanne müssen wir uns orientieren, wenn wir wissen wollen, was uns der SCB in diesen Playoffs bescheren wird.