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Die Ausgangslage: Gewinnt die Schweiz gegen Frankreich, spielt sie als Gruppensieger ihren Achtelfinal am Sonntag nächster Woche in Lyon gegen einen Gruppendritten. Spielt sie unentschieden, ist sie Zweite und reist zum Achtelfinal vom Samstag nach Saint-Etienne, wo der Zweite der Gruppe C wartet.
Verliert die Schweiz, ist sie trotzdem Gruppenzweite, wenn Rumänien gegen Albanien nicht gewinnt. Oder sie wird Dritte, wenn Rumänien höher siegt als sie gegen Frankreich verliert. Dann muss die Schweiz bis maximal am Mittwoch warten, um zu wissen, ob sie mit ihren vier Punkten tatsächlich zu den vier besten Gruppendritten gehört.
Bevor sie am Samstag an den Spielort Lille fliegen, setzen sich die Schweizer primär mit den ersten zwei Varianten auseinander. «Wir versuchen uns aus eigener Kraft zu qualifizieren, das ist das Ziel. Wenn es sogar zu Platz 1 reicht, nehmen wir das auch», sagte Stürmer Admir Mehmedi. Die Schweizer fühlen sich stark genug, um den Gastgeber zu schlagen. Sie schöpfen ihre Zuversicht aus ihrer guten Leistung gegen Rumänien und daraus, dass Frankreich gegen die Osteuropäer und gegen Albanien nicht weniger Mühe hatte als sie auch.
Solche Quervergleiche sind indes gefährlich. Vielmehr müssen die Schweizer daran denken, wie sie die Geschichte der letzten 24 Jahre verändern können. Frankreich haben sie 1992 in einem Testspiel in Lausanne letztmals geschlagen. Seither hat die Schweiz gegen die fünf Grossen Europas in 33 Spielen nur drei Siege errungen. In 17 Pflichtspielen sind es bloss zwei. Vor 23 Jahren gab es das 1:0 in der WM-Qualifikation gegen Italien, vor sechs Jahren den WM-Auftaktsieg in Südafrika gegen Spanien.
Dieser 1:0-Sieg in Durban dient den Schweizern zum einen als Referenz, denn er ist das einzige internationale Ausrufezeichen in den letzten zweieinhalb Dekaden. Zum anderen aber nimmt sich Vladimir Petkovic die Art kaum zum Vorbild, wie dieser Sieg realisiert worden war. Auf eine 90-minütige Abwehrschlacht gegen einen Favoriten ist er aufgrund seiner Philosophie mit Sicherheit nicht aus.
Vielmehr will Petkovic in Lille die im Spiel gegen Rumänien gezeigten spielerischen Fortschritte bestätigt sehen und beweisen, dass er dem Endziel seines Planes nahe gekommen ist. «Die Schweiz kann jeden Gegner dominieren», hatte er bei seinem Amtsantritt im September 2014 gesagt. An dieser Aussage muss sich Petkovic seit knapp zwei Jahren messen lassen. Gegen Frankreich kann er das Versprechen einlösen und seinen ersten grossen Sieg einfahren. Es wäre der Schritt aus dem langen Schatten von Vorgänger Ottmar Hitzfeld.
Die Ausgangslage ist so, dass die Schweiz in Lille fast mehr gewinnen als verlieren kann. Umso heikler ist dafür die Aufgabe aus taktischer Sicht. Petkovic hat sein Team auf forschen Fussball eingestellt, das haben die bisherigen EM-Spiele gezeigt. Doch gegen Frankreich liegt die Latte ungleich höher als gegen Albanien und Rumänien.
Die Erinnerung an den WM-Match von 2014 unter Hitzfeld gegen die Franzosen ist noch nicht verblasst. «Wir wollten hohes Pressing spielen. Es ging in die Hose, und wir sind ins offene Messer gelaufen», sagte Mehmedi. Die Schweiz verlor 2:5. Auch Petkovic hat einen ähnlichen Erfahrungswert vorzuweisen. Bei seinem Debüt verlor die Schweiz in der EM-Qualifikation gegen England 0:2, weil sie nach der Pause zu ungestüm war und zweimal ausgekontert wurde.
Gegen Frankreich die richtige taktische Balance zu finden, ist die eine Frage, die Petkovic beschäftigt. Die andere: Wie kommt die Schweiz zu Toren? Im Normalfall dürfte sie gegen den Favoriten zu weniger Torschüssen gelangen als in den zwei vorherigen Spielen, in denen sie gemäss offizieller Statistik aus 33 Abschlussversuchen ganze zwei Tore zustande brachte.
Der Sturm ist die grosse Problemzone im Team. Alle anderen Debatten sind in den Hintergrund gerückt. Der Innenverteidiger Johan Djourou blieb nach den Schwierigkeiten gegen Albanien im zweiten Spiel ohne Fehler. Das Mittelfeld findet sich im neuen System problemlos zurecht: Spielgestalter Granit Xhaka hat sich gegen Rumänien stark gesteigert, man sieht in Frankreich den besten Valon Behrami der Ära Petkovic, und Blerim Dzemaili ist mit seiner offensiv wie defensiv verrichteten Doppel-Arbeit sogar die bisherige Schweizer EM-Überraschung.
Aber der Sturm? Petkovic könnte Haris Seferovic, der im Abschluss bisher so unglücklich war, durch Breel Embolo ersetzen (oder sogar durch Eren Derdiyok). Er könnte aber Seferovic auch eine allerletzte Chance geben. Das zur Schau gestellte Selbstvertrauen von Seferovic muss angeschlagen sein, doch gegen Frankreich kann ihm Petkovic ein wenig vom Druck nehmen.
Weitere Fehlschüsse müssen nicht in ein frühes Ausscheiden münden. Selbst bei einer Niederlage dürften sich die Schweizer für die Achtelfinals qualifizieren. Das kann ein Vorteil sein für den angeschlagenen Seferovic, auch wenn die Schweizer sich nicht auf diese Weise für die K.o.-Phase qualifizieren wollen. Denn wie sagte Petkovic? «Wir streben immer das maximale Ziel an.» (drd/sda)