YB, das ist die moderne Version der griechischen Sage des Sisyphos. Der hat die Götter erzürnt und muss einen Felsbrocken auf einen Berg rollen. Aber immer wenn er schon fast auf dem Gipfel ist, rollt ihm das Ding wieder hinunter. Der Grund, weshalb sich YB mit den Fussballgöttern verkracht hat, ist nicht bekannt. Aber der Hauptstadtklub hat sich derart auf eine dramatische Art des Scheiterns spezialisiert, dass das Verb «veryoungboysen» längst Einzug in die Schweizer Sportsprache gefunden hat.
Die Fans der Berner nehmen die Tatsache, dass der letzte Titelgewinn – der Cupsieg 1987 – schon 27 Jahre zurückliegt, mit Gelassenheit und Selbstironie zur Kenntnis. «Schöner scheitern mit den Young Boys», titelte der «Bund» schon vor einiger Zeit und schrieb von der «Befindlichkeit einer Stadt, die Freude im Scheitern findet».
YB, das hat in der Wahrnehmung jüngerer Fussballfans in der Tat nur wenig mit einem erfolgreichen Klub zu tun, der elf Mal Meister wurde und sechs Mal den Cup gewann. YB, das steht heute nicht für Erfolg, das steht für Scheitern: 2008 bis 2010 wurden die Berner drei Mal in Folge Vizemeister, dazu verloren sie die Cupfinals 2006 und 2009.
In den letzten Jahren wurde für den Traum von schön glänzenden Pokalen primär sehr viel Geld ausgegeben und wurden Trainer geholt und wieder entlassen. Auch Uli Forte stand angeblich noch vor wenigen Wochen auf der Kippe, nachdem YB gegen Aufsteiger Vaduz verlor und in der Europa League bei Napoli sang- und klanglos unterging. Das 2:0 gegen Sparta Prag gestern war nun der siebte Sieg in Folge, verbunden mit dem Einzug in die K.o.-Phase der Europa League.
Es ist ein Erfolg, der YB zu gönnen ist. Denn YB, das ist die Fussballklub-Ausgabe von Tennisspieler Stan Wawrinka. Auch der Romand war oft dramatisch und knapp gescheitert, ehe er anfangs Jahr an den Australian Open zum ganz grossen Wurf ansetzen konnte und das Grand-Slam-Turnier gewann.
Natürlich wird YB die Europa League nicht gewinnen. Aber mindestens der Stimmung im und um den Klub ist dieser Erfolg so kurz vor Weihnachten äusserst zuträglich. Und das Beste: Trotz des momentanen Höhenflugs müssen sich die YB-Fans keine Sorgen machen, ihr Verliererimage zu verlieren. Denn im Cup sind die Berner schon früh und peinlich am Zweitligisten Buochs ausgeschieden und in der Meisterschaft zieht der Titelverteidiger FC Basel davon.
YB bleibt der Stan Wawrinka des Schweizer Klubfussballs. So wie der Romand nur sporadisch aus dem riesigen Schatten Roger Federers treten kann, so wird YB in absehbarer Zeit den FCB nicht vom Thron stossen können. Denn wenn auf eines im Schweizer Fussball Verlass ist, dann darauf: Früher oder später veryoungboysen es die Young Boys.