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Frédéric Veseli: «Ich verdanke dieses Aufgebot für die albanische Nati vor allem Zdenek Zeman.»

Der albanische Nationalspieler Frédéric Veseli (vorne) spielt auf Klubebene für den FC Lugano.
Der albanische Nationalspieler Frédéric Veseli (vorne) spielt auf Klubebene für den FC Lugano.
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Frédéric Veseli: «Ich verdanke dieses Aufgebot für die albanische Nati vor allem Zdenek Zeman.»

Vor sieben Jahren war Frédéric Veseli Captain und Abwehrchef des Schweizer U17-Weltmeister-Teams. Nun nimmt er mit Albanien an der EM-Endrunde teil. Das kommt in mehrfacher Hinsicht überraschend.
11.06.2016, 11:3211.06.2016, 17:13
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Ein Teil der Turnhalle des Gymnasiums von Perros-Guirec wurde zum Presse-Zentrum des albanischen Verbandes umfunktioniert. Mit Spanplatten wurden behelfsmässig Wände aufgestellt. Dahinter spielen ein paar Schüler Basketball. Die Szenerie hat etwas Improvisiertes – und das passt durchaus zur Präsenz von Verteidiger Frédéric Veseli in der «Kuq e zinjtë», wie sie den «Rot-Schwarzen» in der albanischen Heimat sagen.

Der albanische Natispieler im Dress von Lugano.
Der albanische Natispieler im Dress von Lugano.
Bild: KEYSTONE/TI-PRESS

Aufgewachsen ist der heute 23-jährige Veseli in Lausanne. Seine Muttersprache ist Französisch. Verbracht hat er mehr als einen Drittel seines Lebens in England, und jetzt beginnt er mit der albanischen Nationalmannschaft das grösste Abenteuer seiner Karriere. Deshalb steht er auch etwas schüchtern neben dem Podium, auf dem er gleich zu den wenigen albanischen Medienvertretern reden wird.

Der Auftritt vor den Medien war für beide Seiten eher ein erstes gegenseitiges Beschnuppern. Die wenigen Journalisten kennen Veseli kaum. Er selber hatte noch nie bei einer Pressekonferenz zu ihnen gesprochen. Veseli ist der Neue im Team – und die Pressekonferenz beginnt dann tatsächlich so: «Hallo, ich bin Frédéric Veseli.»

Noch vor einem Jahr hätte niemand darauf gewettet, dass Veseli im Sommer 2016 mit dem albanischen Nationalteam an der EM-Endrunde teilnehmen würde. Das hatte weniger mit dem Team zu tun als vielmehr mit seiner Karriere. Nach vielen Jahren in England war sie ins Stocken geraten.

«Ich verdanke dieses Aufgebot vor allem Zdenek Zeman.»
Frédéric Veseli über sein Ex-Trainer bei Lugano

Erst der Wechsel aus der 3. Division von England zum Super-League-Aufsteiger Lugano hatte ihm die Türen zu den oberen Etagen wieder geöffnet. Schon nach vier Monaten im Tessin gab er sein Debüt im Nationalteam von Albanien in einem Testspiel gegen den Kosovo, nun – nach nur einem weiteren Länderspiel – schaffte er den letzten Kader-Cut von Trainer Gianni de Biasi. «Ich verdanke dieses Aufgebot vor allem dem Lugano-Trainer Zdenek Zeman. Bei ihm habe ich in einem halben Jahr mehr gelernt als vorher in England in mehreren Jahren», sagte Veseli.

Weltmeister mit der U17

Geht man in Veselis Vergangenheit weiter als bloss ein Jahr zurück, mutet es noch überraschender an, dass er sich mit dem albanischen Team auf die EM-Endrunde vorbereitet. Denn eigentlich müsste sein Platz ein paar 100 Kilometer weiter südlich sein. In Montpellier, im Camp der Schweizer. Veseli ist nämlich einer der U17-Weltmeister von 2009.

«Mir standen im Prinzip alle Türen offen. Aber ich hatte Pech und ein paar unglückliche Entscheide getroffen.»
Veseli zu seiner Vergangenheit bei der Schweizer Nati

Aber nicht irgendeiner. Veseli war der Captain und damit im Prinzip der Chef von Granit Xhaka, Ricardo Rodriguez und Haris Seferovic. Nach dem Coup der Junioren vor knapp sieben Jahren gehörte er zum Kreis jener sechs bis sieben Spieler, denen eine Karriere im Schweizer Nationalteam sicher schien – sofern sie in ihrer Entwicklung nicht gebremst würden.

Veseli war Captain des Schweizer U17-Weltmeisterteams.
Veseli war Captain des Schweizer U17-Weltmeisterteams.
Bild: EPA

Doch genau dies passierte dem U17-Abwehrchef Veseli. Schon vor sieben Jahren spielte er im Ausland, für den Nachwuchs von Manchester City. Ein gefährlicher Schritt, doch die Beobachter waren sich einig: Veseli würde den Weg von Johan Djourou machen. Über die Junioren eines englischen Spitzenklubs würde er eher früher als später im Schweizer Nationalteam ankommen. «Mir standen im Prinzip alle Türen offen. Aber ich hatte Pech und ein paar unglückliche Entscheide getroffen», sagt Veseli nun über die letzten Jahre.

«Als ich mich weigerte, einen langfristigen Vertrag zu unterschreiben, liess mich der Klub fallen.»
Veseli über sein Engagement bei Manchester City

Bei Manchester City stand er unter Roberto Mancini an der Schwelle zum Profi-Team und machte zweimal die Saisonvorbereitung mit. «Doch als ich mich weigerte, einen langfristigen Vertrag zu unterschreiben, liess mich der Klub fallen.» Veseli wechselte zum Stadtrivalen Manchester United – er war da noch kaum 20 Jahre alt. Auch hier durfte er mit den Stars und unter einem grossen Coach trainieren (Alex Ferguson). Diesmal bremsten ihn Verletzungen. «Ich war zweimal im Sommer verletzt, verpasste so einen Teil der Vorbereitung und lief diesem Rückstand monatelang nach.»

In diesen Jahren ist Veseli in der Schweiz mehr und mehr in Vergessenheit geraten. Zwar spielte er auch weiterhin für die Schweizer Nachwuchs-Auswahlen. Von der U15 bis zur U21 hat er keine Stufe ausgelassen, doch je höher die Kategorie war, desto seltener war Veseli dabei.

«Ich habe eine gute und harte Lehre gemacht.»
Veseli über seinen Weg

Er hat für den SFV-Nachwuchs deutlich mehr Länderspiele absolviert als etwa Granit Xhaka oder Xherdan Shaqiri, aber in der U21 zum Beispiel kam er nur zu einem einzigen 45-minütigen Teileinsatz. Das war vor mehr als vier Jahren. Danach verschwand Veseli vom Radar des SFV.

Veseli feierte mit seinen Schweizer Kollegen – jetzt spielt er mit Albanien gegen die Schweiz.
Veseli feierte mit seinen Schweizer Kollegen – jetzt spielt er mit Albanien gegen die Schweiz.
Bild: KEYSTONE

Erst vor etwas mehr als zwei Jahren kam er bei den Profis regelmässig zum Spielen. Es waren aber nicht die Profis von Manchester United. Veseli fand sich in der 3. und 4. Division bei Bury und Port Vale wieder, als seine einstigen U17-Copains längst unzählige Länderspiele und sogar eine WM-Endrunde für die Schweiz absolviert hatten. «Das hörte sich nach Endstation an. Manchmal fürchtete ich, dass es genau so sein könnte», gibt Veseli zu. «Im Nachhinein aber bin ich froh, dass ich diesen Weg gehen musste. Ich würde sagen: Ich habe eine gute und harte Lehre gemacht.» Jetzt fehlt nur noch die Meisterprüfung. Und die will er mit Albanien an der EM 2016 ablegen. (jwe/sda)

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