Remo Freuler ist bei der 0:1-Niederlage von Atalanta im Achtelfinal-Hinspiel der Champions League gegen Real Madrid die tragische Figur. Der Schweizer Nationalspieler fliegt nach einem umstrittenen Entscheid des deutschen Schiedsrichters Tobias Stieler bereits in der 18. Minute mit Rot vom Platz.
Freuler muss nach einem Stellungsfehler seiner Kollegen ganz hinten aushelfen, kommt gegen davongeeilten Real-Verteidiger Ferland Mendy aber zu spät und rennt diesen über den Haufen. Stieler taxiert das klare Foul als Notbremse und als Vereiteln einer klaren Torchance. Der Deutsche zögert keine Sekunde und zeigt Freuler die Rote Karte.
Die Entscheidung lässt aber Raum für Diskussionen offen. Zwar war Freulers Eingreifen ein klares Foul, doch ob Mendy, der sich den Ball unsauber vorgelegt hatte, wirklich zu einer klaren Torchance gekommen wäre, kann nicht eindeutig beurteilt werden.
Nach seinem Platzverweis schaut sich Freuler beim Eingang in die Katakomben des Gewiss Stadium die Szene selbst noch einmal an. Insgeheim hofft er wohl, dass der VAR eingreift und die Rote Karte zurücknimmt. Doch das tut er nicht, denn der VAR darf nur bei einer klaren Fehlentscheidung eingreifen und das war Stielers Entscheid nicht. So bleibt Freuler nichts anderes übrig, als enttäuscht in Richtung Garderobe zu stapfen.
Remo Freuler äusserte sich nach dem Spiel nicht über seine Rote Karte, auf Instagram postete er am Tag danach ein Bild, liess seinem Frust aber nicht freien Lauf: «Es gibt wenig zu sagen. Es tut mir sehr leid und ich möchte mich bei der Mannschaft und den Fans entschuldigen. Über die Szene möchte ich lieber nicht sprechen. Wir sind noch am Leben. Ich danke den Jungs, die gestern zu zehnt ein grosses Spiel gezeigt haben. Ich bin sicher, dass wir in Madrid ein grossartiges Spiel sehen werden.»
Sein Trainer Gian Piero Gasperini konnte oder wollte sich dagegen nicht zurückhalten und kritisierte Schiedsrichter Stieler scharf: «Vielleicht hätten wir sowieso verloren, doch der Schiedsrichter hat das Spiel ruiniert», erklärte der Atalanta-Coach bei «Sky Italia».
Dann begann das grosse Poltern: «Was bleibt, ist die Verbitterung darüber, dass wir nicht das Spiel spielen konnten, auf das wir gewartet hatten. Elf gegen elf wäre es ein ganz anderes Spiel gewesen. Wenn ich sagen würde, was ich denke, würde die UEFA mich für einen Monat sperren. Soll denn jede Form des Kontakts aus dem Fussball verbannt werden? Das wäre Selbstmord für den Sport.»
Gasperini forderte ausserdem: «Es sollte keine Schiedsrichter geben, die nicht selbst gespielt haben und nicht den Unterschied zwischen einem Tackling und einem Foul erkennen.» Fürs Rückspiel bleibt Atalanta deshalb nur eines übrig: «Wir müssen in Madrid gewinnen, wir haben ja nur diese eine Möglichkeit. Es ist einfach, können wir gar nicht zu viel nachdenken. Wir müssen gewinnen.»
Real, das ohne seine verletzten Superstars Karim Benzema, Eden Hazard und Sergio Ramos antreten musste, tat sich nach Freulers Platzverweis ausserordentlich schwer, die numerische Überzahl in etwas Zählbares umzumünzen. Erst in der 86. Minute erzielte Linksverteidiger Mendy mit einem traumhaften Schlenzer den 1:0-Siegtreffer.
Für den französischen Nationalspieler war es der erste Champions-League-Treffer seiner Karriere und erst der dritte im Trikot von Real Madrid. Dass der Linksfuss ausgerechnet mit rechts traf, erstaunte Trainer Zinedine Zidane nur teilweise. «Diesen rechten Fuss hat er schon lange. Sein linker Fuss ist allerdings präziser, mit Rechts schiesst er normalerweise schärfer.» Am Ende war das Zidane aber egal: «Was zählt, ist das gute Ergebnis. Wir erzielen ein Auswärtstor, wir kassieren kein Gegentor. In Madrid müssen wir aber ein anderes Spiel machen.»
Manchester City dominierte Borussia Mönchengladbach in deren «Heimspiel» in Budapest beinahe nach Belieben und fuhr mit dem 2:0 den 19. Pflichtspielsieg in Serie ein. Die nackten Zahlen (61:39 Prozent Ballbesitz und 9:3 Torschüsse) zeigen das nur bedingt. Guardiolas Spielstil zielt mittlerweile voll darauf ab, den Gegner mit ständigem Druck körperlich und geistig müde zu spielen. Man lässt Ball und Gegner laufen, macht die Räume eng und zieht ein konsequentes Pressing/Gegenpressing auf. Gladbach kam so phasenweise aus der eigenen Platzhälfte.
Gladbachs Mittelfeldspieler Christoph Kramer brachte die Ohnmacht seiner Mannschaft nach der Partie auf den Punkt:
Trotz der puren Dominanz hat ManCity gemäss Trainer Guardiola noch Steigerungspotenzial: «Unser Pressing war ziemlich gut, aber nicht unsere Entscheidungen im Angriffsdrittel», kritisierte der Spanier. «Auch im Abschluss waren wir nicht entschlossen genug. Daran müssen wir arbeiten. In diesem Wettbewerb musst du deine Chancen nutzen.»
Bester Mann bei ManCity war gestern João Cancelo. Der 26-jährige Portugiese hatte als eigentlicher Linksverteidiger 118 Ballkontakte und bereitete beide Tore vor. Doch Cancelo ist nur auf dem Papier ein klassischer Linksverteidiger, immer wieder verlässt er seine Position, rückt ins zentrale Mittelfeld und bringt als Schlüsselspieler im fluiden System von Guardiola, das stets Überzahl in Ballnähe kreieren will, viel Variabilität ins Spiel.
João Cancelo: the best False-Back™ in the world right now. 😉
— Squawka Football (@Squawka) February 24, 2021
Offiziell tritt City zwar meist mit einem 4-2-3-1, in Ballbesitz wird daraus dank Cancelo aber oft ein 3-4-3 oder gegen den Ball ein 4-4-2. Auf Social Media wurde für die Position des Portugiesen deshalb bereits eine neue Bezeichnung ins Leben gerufen: «False Back», falscher Verteidiger. Das trifft den Nagel auf den Kopf.
Neben der erdrückenden Dominanz von Manchester City sorgte vor allem der Mantel von Pep Guardiola für reichlich Gesprächsstoff. Auf dem Rücken prangte ein riesiges, silbrig-glänzendes ManCity-Logo, was freilich nicht allen gefiel. Nicht nur auf Social Media («Eine Beleidigung für die Mode-Welt», so der Tenor) auch im «BT Sport»-Studio mit Moderator Gary Lineker wurde fast mehr darüber diskutiert als über das Spiel selbst.
"Can you sugar coat that?" 😏
— Football on BT Sport (@btsportfootball) February 24, 2021
Pep Guardiola's jacket choice this evening certainly raised eyebrows in the studio 😂😂😂 pic.twitter.com/Tv1tX0N21B
Die Achtelfinal-Hinspiele haben deutlich aufgezeigt, dass die Corona-Pandemie den Heimvorteil endgültig zunichtegemacht hat. Vor leeren Rängen wird ja schon seit längerer Zeit gespielt, dass einige Klubs wegen den Einreisebestimmungen für den Gegner ihre Heimspiele aber ins Ausland verlegen müssen, ist neu und lässt den Modus mit Heim- und Auswärtsspiel endgültig zu einer Farce verkommen.
7 - The away team has won seven of the eight first leg games in the Round of 16 this season, a record at this stage of the competition since it was introduced in 2003-04. Conquered. pic.twitter.com/i9BnlWhIBU
— OptaJoe (@OptaJoe) February 24, 2021
FC Barcelona - Juventus Turin (0:3)
Borussia Dortmund - SC Paderborn (2:1 n.V.)
Atalanta Bergamo - Real Madrid (0:1)
In jedem dieser drei Spiele gab es mehrere klare Fehlentscheidungen und/oder umstrittene Entscheidungen von Stieler. Er hat kein Gefühl für das Spiel und verteilt willkürlich Karten.
Weshalb dieser Mann dennoch Topspiele pfeifen darf, kann ich nicht verstehen.