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Interview mit Fabian Schär vor dem Spiel gegen Slowenien

Fabian Schär während des Nati-Zusammenzugs in Freienbach. 
Fabian Schär während des Nati-Zusammenzugs in Freienbach. 
Bild: freshfocus

Fabian Schär im Interview: «Vielleicht hat man als Bundesligaspieler ein Argument mehr in der Hand»

Vom FC Basel nach Hoffenheim – Fabian Schär spricht im Interview über sein Leben in der Bundesliga, den FC Wil und Chefs in der «Nati».
04.09.2015, 17:49
Sebastian Wendel / Aargauer Zeitung
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Out im Pokal, ein Punkt aus drei Ligaspielen – so schlecht wie mit Hoffenheim sind Sie noch nie in eine Saison gestartet.
Fabian Schär: (lächelt) Beim FC Basel in der Super League fiel ein guter Start auch etwas weniger schwer … Ich sehe das gelassen. Klar hätten wir gerne mehr Punkte in der Bundesliga, die grosse Enttäuschung war ganz klar das Ausscheiden im Pokal gegen 1860 München. In der Liga haben wir schon gegen Bayern und Leverkusen gespielt und in beiden Spielen gut ausgesehen. Was fehlt, sind die Tore.

Herrscht schon Panik in Hoffenheim?
Nein, nein, überhaupt nicht. Das ist das Gute an Hoffenheim, Unruhe kommt so schnell nicht auf. Der Trainer ist mit unserer Spielweise und der Entwicklung des Teams zufrieden.

Sind Sie angekommen in der Bundesliga?
Zu Beginn war es schwierig, die Trainings sind härter und länger. Wir sind fünf Tage in ein Trainingslager gefahren, in dem wir praktisch nur um einen See gelaufen sind. So etwas kannte ich nicht aus der Schweiz. Schön war, dass der Trainer gleich auf mich gesetzt hat. Ich denke, gegen Bayern und zuletzt Darmstadt habe ich ganz solide gespielt.

Fabian Schär im Duell mit Bayerns Thomas Müller.
Fabian Schär im Duell mit Bayerns Thomas Müller.
Bild: Thorsten Wagner/freshfocus

Viele Spieler, die aus der Super League in die Bundesliga wechseln, fassen schnell Fuss. Ist das Niveau in der Schweiz besser als gedacht?
Wer beim FC Basel spielt, ist sicher gut vorbereitet für eine grössere Liga, weil er viele internationale Spiele bestreitet. Für Spieler von anderen Vereinen ist es bestimmt schwieriger, aber ein Wechsel kann bei einem Spieler auch einen Schalter umlegen. Schauen Sie das Beispiel Ulisses Garcia: Bei GC war er Ersatz, bei Bremen ist er Stammspieler. In ihm schlummerte viel Talent, das er vorher nicht abrufen konnte. Generell ist es aber schon so, dass in der Bundesliga Tempo, Technik, Physis und Dynamik in keinem Vergleich zur Super League stehen.

Mit der Folge, dass Sie nun in den Ligaspielen wieder gefordert sind.
Das war ich auch beim FCB, nur anders. Wenn man Verteidiger bei einer Mannschaft ist, die immer als Favorit ins Spiel geht, ist die primäre Aufgabe der Spielaufbau, weil sich die Gegner hinten reinstellen. In der Bundesliga bin ich in viel mehr Zweikämpfe verwickelt und muss von der ersten bis zur letzten Sekunde hoch konzentriert sein – es geht so schnell!

Fällt diese Umstellung schwer?
Es ist ja nicht so, dass ich jetzt gar keine Pässe mehr spielen kann. Unser Trainer will, dass wir trotzdem möglichst flach spielen. Diese Mischung war ein Grund, warum ich zu Hoffenheim gegangen bin. Dort muss ich alle Facetten eines Abwehrspielers abrufen.

Sie wurden in den vergangenen Jahren zu etlichen Klubs geschrieben, darunter Arsenal oder Dortmund. Gelandet sind Sie jetzt «nur» in Hoffenheim – enttäuscht?
Als das alles angefangen hat, hatte auch ich Träume – klar. Wenn man als junger Spieler liest, dass Arsenal Interesse haben soll, malt man sich halt gewisse Szenarien aus. Ich musste in der Zeit in Basel lernen, wo meine Grenzen sind. Dabei hat mir die Verletzung im Frühjahr 2014 sehr geholfen. Ich lernte, dass es nicht nur bergauf geht. Hoffenheim ist der perfekte Schritt für mich.

«In Basel bin ich in die Spiele gegangen mit dem Gefühl: Wenn alles normal läuft, werden wir das Spiel gewinnen.»

Haben Sie im Sommer nicht nur den FC Basel, sondern auch die Komfortzone verlassen?
Wenn man immer Favorit ist, wenn man meistens gewinnt, wird vieles selbstverständlich. In Basel bin ich in die Spiele gegangen mit dem Gefühl: Wenn alles normal läuft, werden wir das Spiel gewinnen. Wie will man sich dagegen wehren?

Ihr Talent hat genügt, um in der Super League zu bestehen. In der Bundesliga braucht es mehr als Talent.
Ich habe auch in Basel in jedem Training Gas gegeben. Aber klar, wir haben auch mit schlechten Leistungen Spiele gewonnen. Und mein Stellenwert im Team war grösser als jetzt. In Hoffenheim muss ich mir alles wieder erarbeiten. In der Bundesliga ist es so: Passt man eine Sekunde nicht auf, knallt's. Das muss ich noch mehr verinnerlichen.

Hoffenheim wird alimentiert von SAP-Gründer Dietmar Hopp. Wie nah ist er beim Team?
Er war nach dem Heimspiel gegen Bayern in der Kabine und hat uns Mut zugesprochen. Vergangene Woche hat er die Mannschaft auf seinen Golfplatz zu einem Grillabend eingeladen. Er ist eine sehr beeindruckende Person mit vielen Möglichkeiten.

Hoffenheim-Chef Dietmar Hopp beim Golfspielen.
Hoffenheim-Chef Dietmar Hopp beim Golfspielen.
Bild: Getty Images Europe
«Hoffenheim kauft ja nicht wahllos teure Spieler zusammen, sondern baut auf junge Spieler.»

Was halten Sie generell vom Mäzenatentum?
Viel, schliesslich spiele ich bei einem solchen Verein (lacht). Es gibt natürlich viele kritische Stimmen, Hoffenheim ist jetzt nicht gerade der beliebteste Klub in Deutschland. Der Klub hat vielleicht nicht viel Tradition, dafür aber eine klare Strategie. Wenn eine Einzelperson die Möglichkeiten hat, einen Verein zu unterstützen, darf sie das doch tun. Hoffenheim kauft ja nicht wahllos teure Spieler zusammen, sondern baut auf junge Spieler.

Wie haben Sie aus der Ferne die Übernahme Ihres Stammklubs FC Wil durch türkische Investoren wahrgenommen?
Das hat mich schon beschäftigt, schliesslich kenne ich noch viele Menschen im Klub. Roger Bigger hat mir bei einem Treffen die Beweggründe für den Verkauf erklärt. Es ist in der Challenge League sehr schwer, Erfolg zu haben, ohne finanzielle Risiken einzugehen. Ich finde, man sollte den Investoren Zeit geben. Gut möglich, dass sie nur gute Absichten haben.

Zur Nationalmannschaft: Ist Ihr Stellenwert gestiegen, jetzt wo Sie erstmals als Bundesliga-Profi eingerückt sind?
Das denke ich nicht. Ich habe ja schon vorher meine Leistungen gebracht und mich als Spieler nicht verändert. Ich fühle mich nicht anders.

Aber der Anspruch ist noch stärker?
Vielleicht hat man als Bundesligaspieler ein Argument mehr in der Hand. Das heisst aber nicht, dass ich etwas fordere.

Zurzeit läuft rund um die Nationalmannschaft eine Chef-Diskussion. Braucht es einen klaren Anführer oder verträgt es mehrere Chefs?
Eine Hierarchie ist wichtig. Und das heisst, einer, der Captain, geht voran. Das habe ich in Basel mit Marco Streller so kennen und schätzen gelernt. Das verbietet es aber den anderen Spielern nicht, ihre Meinung kundzutun und Verantwortung zu übernehmen. Inler, Behrami, Lichtsteiner, das sind die erfahrensten Kräfte im Team, sie sagen, wo es langgeht.

Jetzt auf

Vladimir Petkovic ist seit einem Jahr Nationaltrainer – was sind die grössten Veränderungen, seit er Ottmar Hitzfeld abgelöst hat?
Wir versuchen in jeder Phase des Spiels, flexibel zu sein. Das haben wir in den Spielen in diesem Jahr erfolgreich umgesetzt. Wir haben nun auch gegen vermeintlich kleine Fussballnationen immer spielerische Lösungen parat und tun uns weniger schwer.

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