Lucien Favre knetete angestrengt seine Finger, seine Botschaft sprach er laut und klar. «Wir wollen unbedingt, unbedingt gewinnen», sagte er mit viel Nachdruck. Erst danach kehrte vor dem Wiedersehen mit dem Bundesliga-Spitzenreiter Borussia Mönchengladbach sein freundliches Lächeln zurück.
Die Diskussionen, die Kritik, die leidige Mentalitätsdebatte nach einer Serie enttäuschender Spiele hat der Trainer von Borussia Dortmund selbstverständlich mitbekommen. Aber was hilfts? «Ich habe keine Wahl», sagte der Schweizer. «Ich weiss, wie es geht. Ich bin schon sehr lange in der Branche. Das ist leider so, heutzutage.» Und dann, kämpferisch: «Aber ich mache weiter.»
Viel Zeit zum Nachdenken bleibt ihm jedenfalls nicht – denn es folgt eine gewaltige «Ballung von Topspielen», wie BVB-Sportdirektor Michael Zorc das Hammerprogramm am Donnerstag nannte. Gladbach, Inter Mailand, das Derby auf Schalke, erneut Gladbach im Pokal, Wolfsburg, wieder Inter, das Spiel beim FC Bayern – der BVB wird innerhalb von 21 Tagen förmlich überrollt. «Von Spiel zu Spiel!», sagte Favre lachend.
Umso wichtiger wird es sein, seinen Spielern eindringlichst zu vermitteln, was jüngst schon Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke gefordert hatte: Siege schlagen Zauberei. Drecksarbeit geht vor Schönspielerei. «Langfristig musst du gut spielen», betonte Favre, der von seiner Philosophie nicht abrücken will, «aber manchmal müssen wir realistischer sein.»
Die Realität traf den BVB zuletzt sehr hart. Dreimal in Serie hat Dortmund in der Liga 2:2 gespielt; in der Rechnung eines Titelanwärters, der den Anspruch erhebt, Meister zu werden, sind das sechs verlorene Punkte. Dreimal verspielte der BVB eine Führung, zweimal durch ein Eigentor. «Es lief auch vieles sehr unglücklich», sagte Zorc bei der Analyse nachsichtig.
Dennoch haben Sportdirektor und Trainer, sie hatten sich vorher wohl abgesprochen, eine gewisse Schludrigkeit ausgemacht. «Fünf bis zehn Prozent» hätten zuletzt häufig gefehlt, «nicht viel», wie Favre betonte, aber eben der Unterschied zwischen einem Unentschieden und einem Sieg, zwischen einem Punkt und deren drei. Zorc forderte sie ebenfalls ein, diese «fünf, sieben, zehn Prozent Konzentration und Konsequenz. Da waren wir zuletzt nicht immer top».
Unterstützung erhält Favre von seinem Schweizer Goalie. Roman Bürki sagt: «Wir sind ein Team – es liegt an uns Spielern, gemeinsam da rauszukommen.» Mit Bürki und Manuel Akanji werden sich am Samstag zwei Schweizer gegen die Krise stemmen. Auf der Gegenseite werden bei Gladbach aber vier Schweizer etwas dagegen haben: Goalie Yann Sommer, Nico Elvedi, Denis Zakaria und Breel Embolo.
Gladbachs Trainer Marco Rose, so sagt er es zumindest, womöglich aus taktischer Erwägung, kann beim Rivalen «keine Krise» erkennen. «Sie hätten alle ihre Spiele auch gewinnen können», sagte er. Allerdings ist es ja genau das, was den Gegner so quält – auch Lucien Favre.
Das Spiel zuletzt beim SC Freiburg (es endete durch ein spätes Gegentor 2:2) hat sich der BVB-Coach noch einmal in Gänze angetan und eine Erkenntnis gewonnen. «Es war Platz für mehr Tore von uns», sagte er. Beruhigend. Nur: Sie wurden nicht erzielt. Auch deshalb sind an der Tabelle derzeit sieben Plätze und vier Punkte Differenz zur anderen Borussia abzulesen.
Diese wiederum ist bemüht, den Ball flach zu halten: «Wir haben ein paar Dinge richtig gemacht, das sollte uns ein gutes Gefühl geben», sagte Rose. Sportdirektor Max Eberl sieht nach sieben Spieltagen ohnehin keinen Trend. «In der vergangenen Saison hatten die Bayern auch ihre Herbstkrise», betonte er.
Und sie kamen zurück – zum Leidwesen von Lucien Favre und dem BVB.