Der grösste Fussball-Skandal der letzten Jahre in Europa wirft noch immer hohe Wellen. Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Serbien und Albanien in Belgrad war am Dienstagabend in der 41. Minute nach Tumulten zwischen Spielern und Zuschauern beim Stand von 0:0 abgebrochen worden. Auslöser der Ausschreitungen war eine per Fernsteuerung ins Stadion gelenkte Drohne, an der eine Fahne mit einer Abbildung Grossalbaniens befestigt war.
Als Urheber der Provokation wurde Olsi Rama ausgemacht, der Bruder des albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama. Er soll laut den serbischen Behörden die Drohne aus der VIP-Loge des Stadions gesteuert haben. Der Beschuldigte bestreitet die Anschuldigungen kategorisch: «Ich habe mit der Drohne nichts zu tun. Ich weiss nicht, wo diese Geschichte herkommt. Ich bin auch weder festgenommen noch verhört worden», sagte Olsi Rama.
Nun soll sich der wahre Täter geoutet haben. Ein junger Fussballfan habe einem albanischen Journalisten bestätigt, dass er vier Tage vor dem Spiel nach Belgrad gereist sei, um das Terrain zu inspizieren, schreibt die «SonntagsZeitung». Er habe die Drohne im Innenhof einer Kirche versteckt und am Spieltag die etwa sechsminütige Operation gestartet. Danach sei er in Panik geflüchtet und mit dem Auto über Südserbien in den Kosovo gerast.
Ein Video auf YouTube scheint diese Version zu bestätigen. Es zeigt den Mann, wie er die Fahne aus dem Futter seiner Jacke herauszerrt. Der Drohnenpilot sei albanischen Fans unter dem Namen Ballist Morina bekannt, so die «SonntagsZeitung». Dies sei vermutlich ein Pseudonym. Die Ballisten waren albanische Nationalisten, die im Zweiten Weltkrieg gegen die Nazis und für die Vereinigung aller Albaner auf dem Balkan kämpften.
Der Drohnen-Skandal hat die ohnehin zerrütteten Beziehungen zwischen Serben und Albanern weiter belastet. Edi Rama wollte eigentlich als erster albanischer Regierungschef seit 70 Jahren am Mittwoch Serbien besuchen. Doch nun ist das nicht mehr sicher.
«Ich allein entscheide darüber», sagt der serbische Regierungschef Aleksandar Vucic. Und das habe er noch nicht getan. Alles ist also offen, auch wenn sein Amtskollege aus Tirana trotz des politischen Schlagabtausches an seinen Besuchsplänen festhalten will. (pbl/sda)