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Ein echter Töff-Krimi: Teamchef im Tessin im Gefängnis und ein Deutscher Star als Lachnummer

Sitzt im Tessin im Knast: Giovanni Cuzari.
Sitzt im Tessin im Knast: Giovanni Cuzari.bild: getty images

Ein echter Töff-Krimi: Teamchef im Tessin im Gefängnis und ein Deutscher Star als Lachnummer

Korruption, Steuerbetrug und Geldwäscherei – die Vorwürfe sind gravierend und der Krimi spielt im Tessin. Der italienische Töff-Teamchef Giovanni Cuzari mit Wohnsitz in Agno sitzt in Untersuchungshaft, vier Piloten haben den Job verloren.
07.08.2015, 19:4908.08.2015, 11:13
Klaus zaugg, indianapolis
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Mit dem GP von Indianapolis beginnt am Sonntag die zweite Saisonhälfte. Aber ein paar Helden fehlen. Nach dem letzten Rennen vor der Pause am 12. Juli auf dem Sachsenring wollte Giovanni Cuzari in die Ferien verreisen. Aber für ihn war bereits in Lugano eine Zelle im Untersuchungsgefängnis reserviert. Dort sitzt er jetzt – und ein paar GP-Helden haben keinen Job mehr.

Giovanni Cuzari ist eine grosse Nummer im internationalen Töffgeschäft. Er ist Besitzer und Manager des Forward Racing-Teams mit je zwei Fahrern in der MotoGP-Klasse (Stefan Bradl, Loris Baz) und in der Moto2- WM (Simone Corsi, Lorenzo Baldassarri). Das Team hat seinen Sitz im Tessin (in Agno).

Mit der Verhaftung des Teambesitzers- und Managers sind auch gleich alle Bankkonten blockiert worden. Deshalb fehlt das Forward-Team hier in Indianapolis. Ohne Geld, keine Reise.

Stefan Bradl avanciert zur Lachnummer

Loris Baz, Simone Corsi und Lorenzo Baldassarri sitzen jetzt zu Hause und verfolgen den Indianapolis-GP am TV. Nur Stefan Bradl hat vorübergehend ein neues Team gefunden. Der Deutsche Töffstar fährt in der «Königsklasse» den völlig chancenlosen Aprilia-Prototyp. Er ist die Lachnummer im Fahrerlager und wahrscheinlich der am miserabelsten gemanagte Töffstar der letzten 25 Jahre. Dass ausgerechnet ein Journalist aus Oberösterreich sein wohl einflussreichster Berater ist, macht die Sache noch amüsanter. 

Stefan Bradl hatte als Moto2- Weltmeister von 2011 eine glänzende Zukunft als Deutschlands nächster Superstar vor sich – und wechselte in die «Königsklasse» MotoGP. Dort ist er seither ein Hinterbänkler und als er bei Honda nicht mehr genehm war, wechselte er im letzten Winter ausgerechnet zu Forward. Weil Dominique Aegerter nicht wollte.

Der Schweizer Dominique Aegerter wäre beinahe auch in die Cuzari-Falle gelaufen. 
Der Schweizer Dominique Aegerter wäre beinahe auch in die Cuzari-Falle gelaufen. Bild: Michael Conroy/AP/KEYSTONE

Giovanni Cuzari hatte nämlich dem Schweizer eine grandiose Offerte gemacht. Aber Dominique Aegerter, besser beraten als Stefan Bradl, lehnte dankend ab. Weil er und sein Manager Dr. Robert Siegrist dem Italiener nicht trauten. Er nahm in Kauf, dass er die geplanten und versprochenen MotoGP-Töfftests im August 2014 in Brünn wegen seiner Absage nicht mehr machen durfte.

Dubiose Machenschaften im Tessin

Die ganze Geschichte hat im Tessin begonnen. Gegen Libero Galli, den Chef der Tessiner Finanzbehörde, wurde eine Untersuchung wegen Verdacht auf Bestechlichkeit eingeleitet. Er war von … Giovanni Cuzari zu einem GP eingeladen worden. So wie immer wieder mal wichtige Persönlichkeiten eingeladen werden. Der tüchtige Beamte ist rasch aus der Untersuchungshaft entlassen worden und gegen ihn liegt nichts vor. Aber da sich die Behörden schon mal ein wenig mit dem Töffbusiness befassten, nahmen sie Giovanni Cuzari ein wenig unter die Lupe – und Bingo!

Im Fahrerlager wird hier berichtet, es laufe immer nach dem gleichen Muster. Sponsorenverträge italienischer Firmen laufen über Agenturen in der Schweiz und «unter dem Tisch» wird Geld wieder an die Sponsoren zurückbezahlt (sog. «Kick-Back»). Zudem werden Scheinrechnungen gestellt und angeblich seien die Strafverfolger einem ganzen Kreislauf von Scheinrechnungen auf der Spur.

Kaum ein Töfffahrer wurde je so schlecht gemanaged wie Stefan Bradl.
Kaum ein Töfffahrer wurde je so schlecht gemanaged wie Stefan Bradl.Bild: MICHAEL KOOREN/REUTERS

Wie es weiter geht ist offen. Stefan Bradl dürfte nächste Saison reumütig in die Moto2-WM zurückkehren und auch die anderen drei Forward-Piloten müssen sich wohl neue Arbeitsplätze suchen. So schnell dürfte Giovanni Cuzari nicht mehr ins Geschäft zurückkehren – zumal er in der Vergangenheit auch schon mit den Behörden in Italien Probleme hatte. 

Es bleibt ihm eine legale Einnahmequelle. Er ist Inhaber von je zwei Startplätzen in der MotoGP-Klasse und in der Moto2-WM. Die kann er für nächste Saison interessierten Teams verkaufen – sofern die dem GP-Rechteinhaber Dorna genehm sind. Und Dominique Aegerter ist froh, dass er nie etwas mit Giovanni Cuzari zu tun hatte.

Die Schweizer Fahrer in der Moto2-WM 2015

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