Sport
Olympia 2022

Olympia: Russisches Doping nun schon bei Kindern? Kamila Waljewa positiv

Kamila Valieva, 15, of the Russian Olympic Committee, reacts after the women's team free skate program during the figure skating competition at the 2022 Winter Olympics, Monday, Feb. 7, 2022, in  ...
Kamila Valieva steht im Zentrum eines möglichen neuen Dopingskandals.Bild: keystone

Dopen die Russen jetzt schon Kinder? Teenie-Superstar Valieva erwischt

Erstmals gibt es rund um die mysteriöse Verschiebung einer Siegerehrung bei den Olympischen Spielen in Peking eine offizielle Stellungnahme. «Wunderkind» Kamila Valieva wurde positiv auf ein Herzmedikament getestet.
11.02.2022, 09:4511.02.2022, 13:37
Rainer Sommerhalder / CH Media
Mehr «Sport»

Sie ist der Superstar des Eiskunstlaufs. Sie ist der grösste russische Exportschlager des Wintersports. Sie ist 15 Jahre alt. Eiskunstläuferin Kamila Valieva dominiert ihren Sport in beinahe schon beängstigender Art und Weise.

An den Weltmeisterschaften im vergangenen Jahr durfte sie wegen der Altersschranke noch nicht starten. An den Europameisterschaften im gleichen Jahr waren die Gegnerinnen chancenlos. Und zum Auftakt der Winterspiele in China führte sie Russland mit einer überragenden Leistung und dem ersten Vierfachsprung einer Frau in der olympischen Geschichte zu Gold im Teamwettbewerb vor den USA und vor Japan.

Apropos Russland. Weil das Land wegen des Dopingskandals an den Heimspielen 2014 in Sotschi zum vierten und letzten Mal bei Olympischen Spielen offiziell gesperrt ist, müssen die Athletinnen und Athleten unter olympischer Flagge antreten und ertönt bei ihren Siegen nicht die Nationalhymne. Nun macht es in Peking ganz den Anschein, als würde das Land sein Dopingproblem nicht los. Und käme sogar eine neue Komponente mit ins Spiel: Der Übergriff an Minderjährigen.

Herzmedikament im Körper einer 15-jährigen Spitzensportlerin

Am Freitag informierte die für Dopingfragen während den Spielen zuständige Internationale Testagentur ITA mit Sitz in Lausanne erstmals offiziell über die Hintergründe der verschobenen Siegerehrung im Nachgang des Eiskunstlauf-Teamwettbewerb vom 7. Februar. Bisher erklärte das Internationale Olympische Komitee dies mit «rechtlichen Gründen».

Jetzt wurde bekannt, dass just am Folgetag des Teamwettkampfs ein möglicher Dopingskandal ans Licht kam. Am 8. Februar nämlich informierte das zuständige Dopinglabor von Stockholm, das an den russischen Eiskunstlauf-Meisterschaften vom 25. Dezember 2021 die Siegerin Kamila Valieva mit der verbotenen Substanz Trimetazidin erwischt wurde.

Bei Trimetazidin handelt es sich um ein Herzmittel, das therapeutisch primär zur Linderung von Angina Pectoris eingesetzt wird. Im Sport ist es seit 2014 verboten, weil es die Blutzufuhr ans Herz unter körperlicher Belastung erhöht und dadurch letztlich die Leistungsfähigkeit erhöht.

Sportgericht entscheidet noch vor dem Wettkampf der Frauen

Was allerdings dieser Wirkstoff im Körper einer 15-Jährigen – des grössten Talents im russischen Sport überhaupt – verloren hat, werden die Angeschuldigten genau erklären müssen. Erstmals in den kommenden Tagen vor dem Ad-Hoc-Ausschuss des internationalen Sportgerichtshofs. Dieser will noch vor dem Kurzprogramm der Frauen vom 15. Februar entscheiden, ob Valieva dafür gesperrt wird.

Dies war die 15-jährige Topfavoritin auf Einzelgold schon einmal für 24 Stunden. Dem Protokoll folgend suspendierte die russische Antidoping-Agentur (Rusada) die Athletin am 8. Februar nach Bekanntgabe des positiven Befunds umgehend. Deshalb wurde die Siegerehrung des gleichen Tages abgesagt. Weil Valieva noch minderjährig ist, steht sie gemäss Antidoping-Code unter Schutz. Positive Proben werden nur kommuniziert, wenn dafür ein übergeordnetes Interesse besteht.

Aufgrund der Spekulationen hielten das IOC und die ITA dies nun für angebracht. Deshalb erfährt die Öffentlichkeit jetzt auch, dass Valieva die provisorische Sperre sofort angefochten hatte. Bereits am 9. Februar hob die Disziplinarkammer der Rusada die Sperre wieder auf. So wie es die Disziplinarkammer von Swiss Olympic vor den Sommerspielen in Tokio vorübergehend auch bei Sprinter Alex Wilson getan hatte.

epa09734435 Gold medalists team Russia celebrate during the medal ceremony of Figure Skating Team Event at the Beijing 2022 Olympic Games, Beijing, China, 07 February 2022. EPA/HOW HWEE YOUNG
Plüsch-Maskottchen gab's für die Russen bereits, die Goldmedaille noch nicht.Bild: keystone

Olympiasieger bleibt für Monate unklar

Das IOC hat diese Aufhebung angefochten und nun liegt der Ball beim Internationalen Sportgericht. Die Begründung zur Aufhebung der Sperre durch die russischen Juristen liegt noch nicht vor. Deshalb kennt man die Überlegungen nicht, die es plausibel machen sollen, wieso ein Herzmedikament im Körper einer 15-jährigen Spitzensportlerin gefunden wurde. Alles andere als eine Bestätigung der provisorischen Sperre durch das CAS wäre allerdings eine grosse Überraschung.

Der Fall wird nicht nur aufgrund von Alter und Status der betroffenen Athletin emotional bleiben. Wer nun definitiv Olympiasieger im Teamwettkampf sein wird, kann der Internationale Eislauf-Verband erst nach dem definitiven Urteil bekannt geben. Und bis dahin dürfte es noch Monate, wenn nicht Jahre dauern.

Wieder Russland

Minderjährige Athletinnen und Athleten erhalten in der Regel eine sehr kurze Sperre. Der Fokus in solchen Fällen wird auf das Umfeld gelegt. Und in diesem Fall heisst dieses nicht nur Trainer oder Betreuer, sondern auch wieder Russland.

Bereits der Dopingfall der russischen Bobfahrerin Nadescha Sergejewa bei den Winterspielen 2018 in Pyeongchang betraf die Substanz Trimetazidin. Ihre Sperre wurde nachträglich vom CAS aufgehoben, weil sie glaubhaft darstellen konnte, dass die Substanz durch kontaminierte Nahrungsmittel in ihren Körper gelangte.

epa09360370 ....Flag Bearers of the Russian Olympic Committee (ROC) team Sofya Velikaya and Maxim Mikhaylov lead a delegation during the Opening Ceremony of the Tokyo 2020 Olympic Games at the Olympic ...
Russland darf wegen früherer Dopingvergehen nicht als Russland antreten, sondern als «Team des Russischen Olympischen Komitees».Bild: keystone

Ob diese Argumentation auch bei Eiskunstlauf-Superstar Kamila Valieva herhalten muss, bleibt abzuwarten. Ein fader Beigeschmack bleibt so oder so. Wieder Russland. Wieder Trimetazidin. Und nun sogar ein Kind.

Gestern fiel die Eiskunstlauf-Entscheidung bei den Männern:

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die besten Bilder der Olympischen Spiele 2022 in Peking
1 / 102
Die besten Bilder der Olympischen Spiele 2022 in Peking
Zum Abschied gibt's wie immer ein riesiges Feuerwerk.
quelle: keystone / wu hong
Auf Facebook teilenAuf X teilen
watson halt bald mehr Hunde wie Menschen – Nico dreht am Rad
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
55 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
ohu
11.02.2022 06:21registriert Januar 2014
Habe ich das richtig verstanden? Sie wurde im Dezember getestet, die Resultate kamen aber erst jetzt raus? Geht das immer so lange oder wurde da was verschlampt? Vor Olympia müsste man ja meinen, dass solche Resultate zeitnah publiziert werden und nicht erst dann, wenn es schon fast zu spät ist.
1304
Melden
Zum Kommentar
avatar
stegiKnüller
11.02.2022 11:11registriert Dezember 2020
„Dopen die Russen jetzt schon Kinder? “ die Frage im Titel kann ganz einfach schnell und klar mit JA beantwortet werden. schon sehr sehr lange dopen (nicht nur ‚die Russen‘) ihr jungen und jüngsten Athletinnen und Athleten.
661
Melden
Zum Kommentar
avatar
Rüedu 22
11.02.2022 10:42registriert Januar 2022
Wieder Russland. Wieder Trimetazidin. Und nun sogar ein Kind.
Dieses Kind kann einem nur leid tun.....
522
Melden
Zum Kommentar
55
Artur Jorge feiert einzigen Sieg als Nati-Trainer – es ist der Anfang vom schnellen Ende
24. April 1996: In der Schweiz herrscht kollektives Aufatmen. Nach dem 1:1 gegen Luxemburg und dem 0:1 gegen Österreich gewinnt die Schweiz zum ersten Mal unter dem neuen Nati-Trainer Artur Jorge. Doch es sollte das einzige Erfolgserlebnis für den unbeliebten Portugiesen bleiben.

Artur Jorges Nati-Debüt geht gründlich in die Hose. Nach dem blamablen 1:1 in Luxemburg titelt die grösste Schweizer Boulevard-Zeitung: «Senhor Jorge, so wird unsere Nati morsch!» Auch das zweite Testspiel unter dem Portugiesen geht in die Hose. Nach dem nicht weniger blamablen 0:1 in Österreich muss am 24. April 1996 im dritten Test vor der EM 1996 unbedingt ein Sieg her.

Zur Story