Pfiffe für Lara Gut-Behrami bei der Zieldurchfahrt? Ein Unwissender hätte sich gewundert, wegen der Vorgeschichte war aber klar: Die Unmutsbekundung galt nicht der Tessinerin. Es war das Chaos mit der Zeitmessung, das den Unmut einiger Zuschauer hervorrief und noch Stunden nach dem Rennen für Unklarheit sorgte. Fest stand lange Zeit einzig, dass das inoffizielle Klassement mit Sofia Goggia als indiskutable Siegerin vor Joana Hählen, Nicole Schmidhofer, Gut-Behrami und Corinne Suter möglicherweise nicht stimmte.
Mehrmals hatte die Zeit während des Rennens bei der Zieldurchquerung nicht gestoppt, so auch bei Gut-Behrami. Dass dies gleich bei vier Schweizerinnen passierte, sei «ein dummer Zufall», erklärte Rennchef Atle Skaardal später. So etwas habe sie noch nie erlebt, bemerkte Gut-Behrami, nachdem sie im Lauf des Nachmittags im Hotel einen Anruf erhalten hatte, in dem man sie zur obligatorischen Dopingkontrolle der ersten drei bestellte.
Auf Kosten der Österreicherin Nicole Schmidhofer, die ihre Führung in der Disziplinenwertung auch dank dem Ausfall von Ilka Stuhec ausbaute, rückte Gut-Behrami nachträglich vom 4. auf den 3. Platz vor. Seltsam fühle sich dieser Podestplatz an, befand sie hinterher. Die Österreicher legten derweil Protest gegen die neue Wertung ein. Zum schweizerisch-österreichischen Positionstausch hatten handgestoppte Nachmessungen geführt, die gleich zweimal vollzogen werden mussten.
Der Zeitmesser schraubt an der Zeit. #cransmontana pic.twitter.com/1sc4eW9iX3
— Gerry Reinhardt (@gerryreinhardt) 23. Februar 2019
Lara Gut-Behrami reagierte auf die durchwachsenen Leistungen der letzten Wochen also so, wie sie es am liebsten immer täte: mit einem guten Resultat. In der Abfahrt war sie zuvor in diesem Winter über einen 8. Platz nicht hinausgekommen. Nun stellte sie zufrieden fest: «Das war ein erfreulicher Schritt. Ich weiss jetzt, was es wo zu verbessern gibt.»
Die sportliche Hauptgeschichte aus Schweizer Sicht schrieb aber nicht die Tessinerin, sondern Joana Hählen, die es in ihrem 68. Weltcuprennen und mit 27 Jahren erstmals auf das Weltcup-Podium schaffte. Ein wunderschönes Gefühl sei es, befand Hählen. «Ich habe so lange auf diesen Moment hingearbeitet. Jetzt weiss ich, dass all die Strapazen es wert waren.»
Der 2. Platz auf ihrem Lieblingshang im Wallis, auf dem sie vor acht Jahren bei den Juniorinnen WM-Bronze in der Kombination gewonnen und es 2014 zum ersten Mal im Weltcup in die Top 15 geschafft hatte, war der süsse Lohn nach langem Leidensweg. Dreimal hatte sich die kleingewachsene Speedspezialistin auf ihrem Weg nach oben das Kreuzband gerissen, zuletzt vor gut elf Monaten im Training zu den Schweizer Meisterschaften. Dabei entschied sich Hählen gegen eine erneute Operation und lag damit richtig. Erst mit Verzögerung, nach weiteren Skifahrten und Surfferien sowie einem zweiten MRI war die neuerliche Verletzung damals bemerkt worden.
Schon in den frühen Morgenstunden hatte Hählen gespürt, dass es ein besonderer Tag für sie werden könnte. «Ich fühlte mich super. Und als die Sonne genau in dem Moment aufging, als ich die Streckenbesichtigung anging, wusste ich: Heute ist mein Tag.» Dass Hählen nach der für sie enttäuschenden WM mit Wut im Bauch an den Start ging, erwies sich als leistungsfördernd. In Are war sie in der Abfahrt nicht über Platz 16 hinausgekommen und im Super-G hatte sie beim Swiss-Ski-Entscheid über den letzten Startplatz gegen Wendy Holdener das Nachsehen. Sie habe länger gebraucht, um den WM-Frust hinter sich zu lassen und sei dabei auch noch krank geworden, gestand Hählen. Mit der Wut im Bauch realisierte sie ihr Karriere-Bestergebnis.
Nun hofft Hählen auf einen ähnlichen Effekt wie bei Corinne Suter. Diese fährt gross auf, seit sie im WM-Super-G ihren Podest-Bann gebrochen hat. Heute wurde die Schwyzerin Fünfte, obwohl sie sichtlich angeschlagen war. Mit Jasmine Flury klassierte sich noch eine vierte Schweizerin in den Top 7. (zap/sda)
#CransMontana Schweizer Messpräzision 🙄 @srfsport #abfahrt
— DaniC (@mega_von) 23. Februar 2019
und die wollen ne wm veranstalten? 🤔 #cransmontana 's peinlich 🤦🏻♀️
— Eva G (@ibi05) 23. Februar 2019
Die verantwortliche Person für die Zeitmessung in #CransMontana ist wohl bald ihren Job los 🙈
— Adrian Bürgler (@buerglermeister) 23. Februar 2019
So, die Zeit ist „rekonstruiert“. Und oh Wunder, die Schweizerin mit der Phantomzeit liegt plötzlich 3 Hundertstel vor der Österreicherin...Das müsst Ihr jetzt einfach glauben, liebe Ösis. #CransMontana
— Rainer Meier (@rainmeie) 23. Februar 2019