Den ersten Schritt in Richtung Achtelfinal hat die Nati bereits getan. Mit dem 2:1-Erfolg über Ecuador hat sich die Schweiz eine gute Ausgangsposition geschaffen. Als nächstes muss das Team von Ottmar Hitzfeld gegen die starken Franzosen ran (Freitag, 21 Uhr). Diese zeigten beim 3:0-Erfolg über Honduras, dass sie auch ohne Superstar Franck Ribéry ein starkes Team sind.
Frankreich setzt auf eine 4-3-3-Formation, die allerdings nur auf dem Papier besteht. Defensiv ordnen sie sich in einer 4-1-4-1-Formation an und decken den Platz in der gesamten Breite ab. Ihr Pressing beginnt dabei schon in vorderster Linie: Benzema leitet den Gegner auf die Aussen, wo der Zugriff gesucht wird. Die Schweizer Innenverteidigung wird sich vor den Pressingattacken von Benzema hüten müssen – Honduras zwang er zu unkontrollierten langen Bällen, die Frankreichs gross gewachsene Verteidiger einfach abfangen konnten.
In der Offensive ist das taktische Grundgerüst der Franzosen sehr flexibel. Aus der Abwehr heraus macht der zurückfallende Cabaye das Spiel, wodurch wiederum die Aussenverteidiger weit vorrücken können. Besonders Rechtsverteidiger Debuchy zeigte sich im Spiel gegen Honduras sehr offensiv und gab im letzten Drittel die Breite. Die Aussenstürmer rücken hingegen weit ein. Valbuena fiel hierbei etwas in die Tiefe, während Griezmann sich etwas höher positionierte.
Zusammen mit den Achtern versuchen die französischen Aussenstürmer, die Halbräume im Mittelfeld zu überladen. Hier müssen die Schweizer sehr vorsichtig sein. Honduras verteidigte diese Angriffe über weite Strecken mit ihrem engen 4-4-2 gut, allerdings hatten auch sie Probleme mit den schnellen Tempoverschärfungen der Franzosen. Sie kreieren ständig Überzahlen in Ballnähe, mit deren Hilfe sie auch sehr gut ins Gegenpressing kommen.
Frankreich setzte direkt nach Ballverlusten nach und zwang die spielerisch eher limitierten Honduraner zu Fehlpässen und Querschlägern. Gegen die Schweiz dürfte dies nicht so leicht werden, allerdings dürfte sich die Nati Abspielfehler wie gegen Ecuador unter dem hohen Druck nicht leisten.
Wenn es im Zentrum zu eng wurde, blieb den Franzosen immer noch die Verlagerung auf die Flügel. Durch die hohe Rolle der Aussenverteidiger konnten sie hier stets Gefahr ausstrahlen, zumal die Aussenverteidiger oft von den Achtern unterstützt wurden. Allerdings war die Rückwärtsbewegung der Aussenverteidiger manches Mal zu langsam. Gerade der angeschlagene Evra wirkte nicht so dynamisch wie in seinen besten Tagen. Eventuell könnte Hitzfeld versuchen, Shaqiri als Rechtsaussen etwas höher spielen zu lassen, um im Umschaltmoment in die Räume hinter Evra zu gelangen.
Eine entscheidende Waffe der Franzosen waren zudem die zahlreichen Positionswechsel, die sie in der Offensive vollführten. Benzema, Griezmann und Valbuena tauschten häufig die Seiten, wobei sie stets die gleiche Aufgabenteilung hatten: Valbuena suchte als tiefster Spieler die Anbindung ans Mittelfeld, während Griezmann und Benzema etwas höher für die Durchschlagskraft sorgten. Hier muss die Schweiz gute Übergabemechanismen zeigen, um die Franzosen aufnehmen zu können. Die französische Offensive hat ganz andere Qualitäten als die sehr geradlingen Ecuadorianer, die nur selten die Positionen tauschten.
So dürfte nach dem 3:0-Sieg der Franzosen der Respekt der Schweizer gross sein. Frankreich dominierte die Partie, zeigte starke Überladungen und stand auch im Pressing stabil. Die Schweizer müssen ihre Leistung im Vergleich zum Auftaktspiel steigern, könnten aber durchaus mit den Franzosen mithalten. Xhaka dürfte mit seiner Lauf- und Zweikampfstärke den Wachhund für Cabaye geben, der unverzichtbar für das Ballbesitzspiel der Franzosen ist.
Dahinter werden die beiden Viererketten der Schweizer immer wieder zusammen- und auseinanderschieben müssen, um die zentralen Überladungen der Franzosen zu neutralisieren. Mit viel Kampf und etwas Glück könnten die Schweizer den entscheidenden Konter über die Flügel fahren, der die Franzosen knackt.
Die Partie gab auch Hinweise auf das letzte Gruppenspiel der Schweizer. Honduras verteidigte gegen Frankreich über 90 Minuten weg und setzte wenige eigene Akzente. Ihr 4-4-2 interpretierten sie sauber und schnörkellos – wie schon vor vier Jahren, als sie zum Schweizer Schreck wurden und die Nati mit einem 0:0 aus dem Turnier beförderten.
Gegen Honduras wird vor allem der Spielaufbau sehr wichtig sein. Die französische Strategie, Überladungen im Zentrum mit schnellen Flügelattacken abzuwechseln, könnten sich die Schweizer durchaus abschauen – Shaqiri und Mehmedi brachten diese Qualität bereits im Auftaktspiel ein.
Doch zunächst gilt es, Frankreich zu besiegen. Es wird keine einfache Aufgabe, doch mit etwas taktischem Geschick kann die Nati den schweren Brocken meistern. Ein Sieg wäre wichtig – schliesslich möchte es niemand im Schweizer Team darauf ankommen lassen, am letzten Spieltag die mauernden Honduraner schlagen zu müssen.