2. März 2008, ein Sonntag. Bald ist die Skisaison beendet. Matthias Lanzinger, einstiger Junioren-Weltmeister, geht mit Startnummer 30 auf die Piste. Der Super-G im norwegischen Kvitfjell sollte sein letztes Weltcuprennen sein.
Der Österreicher zieht sich bei einem heftigen Sturz einen mehrfachen, offenen Unterschenkelbruch mit schweren Gefässverletzungen zu. Bei der Operation kommt es zu Komplikationen, der linke Unterschenkel muss unterhalb des Knies amputiert werden.
Lanzinger akzeptiert sein Schicksal rasch. «Das war alles schnell abgeschlossen», sagte er in einem Interview der «Kleinen Zeitung». Den Sport betreibe er nun nicht, um der Welt zu zeigen, wie gut er sei. Er wolle «einfach wissen, was noch möglich ist, wie weit ich kommen kann.»
Im Winter 2011/12 tritt Matthias Lanzinger erstmals zu Skirennen im Behindertensport an, mit den Paralympics in Sotschi als Fernziel. Der Weg dahin ist weit, mühsam. Im Januar 2013, ein gutes Jahr vor den Spielen in Russland, gewinnt Lanzinger erstmals im Weltcup.
«Im Alltag stört die Prothese kaum. Aber es ist gegenüber früher ein grosser Unterschied, wenn man vereiste Pisten hinunter muss, mit vollem Druck.» Er habe auch nicht erwartet, gleich in jedem Rennen abzuräumen, «nur erhofft, dass es in diese Richtung geht.»
Lanzinger, der Weltmeister in der Super-Kombination 2013, hat Mühe mit dem komplizierten Handicap-System. Nicht immer gewinnt bei Behinderten-Skirennen der Schnellste. Je nach Behinderung erhält man einen Zeitbonus oder einen -rückstand.
«Kurz gesagt: Jemand mit zwei gesunden Füssen muss schneller fahren als jemand mit einem Bein», drückt es der 33-Jährige salopp aus. «Auf einer leichten Abfahrt kann man den Rückstand auf einen schwerer Behinderten nicht aufholen. Dafür hat der auf einer schweren, eisigen Strecke keine Chance.» Es sei extrem schwierig, solche Unterschiede zu vergleichen, so Lanzinger. «Da hat der Sport noch viel Potenzial.» Bis zu 14 Sekunden muss er auf die Konkurrenten mit einer schwereren Behinderung gutmachen.
In Sotschi wird auf der gleichen Piste gefahren wie bei den Olympischen Spielen, wo mit Matthias Mayer bereits ein Landsmann und Namensvetter gewann. Allerdings ist die Paralympics-Strecke kürzer. «Wenn ich wo eine Abfahrt gewinnen kann, dann diese», ist Lanzinger optimistisch, «ich weiss, das Gold möglich ist.»