Am Freitag hebt das Team von Ottmar Hitzfeld mit dem Flug LX92 nach São Paulo ab. Richtig eingefleischte Nati-Fans ohne WM-Tickets müssen dann ganz stark sein. Nach zweieinhalb Wochen Zusammenzug in der Schweiz können sie die neusten Nachrichten um Xherdan Shaqiri, Josip Drmic und Co. nur noch aus 9'620 Kilometern Distanz verfolgen – und der Liebesentzug bei Fernbeziehungen ist bekanntlich kein Zuckerschleck.
Damit die Trennung leichter fällt, hat sich der Schweizerische Fussballverband etwas einfallen lassen. Es gibt für alles eine App, jetzt auch für die Nationalmannschaft. Der Slogan: «Werde eins mit dem Team.»
Das Nati-Tool ist kostenlos und unter dem Namen «SFV ASF App» für iOS und Android erhältlich. Neben News, Terminen, Fotos und Statistiken gibt es einen Feed mit allen Social-Media-Postings der Nationalspieler.
Zur Lancierung am 28. Mai meldete der stolze SFV-Generalsekretär Alex Miescher etwas gestelzt: «Wir verstärken damit unseren digitalen Fussabdruck.» Auch Gökhan Inler war einigermassen begeistert: «Das ist etwas sehr Cooles. Die Fans können uns verfolgen. Ich muss sagen, da haben wir einen Riesenfortschritt gemacht.»
Tatsächlich ist es ziemlich cool, alle Social-Media-Aktivitäten der Nati-Stars auf einen Blick zu sehen. Auch wenn die voreingestellte Schwemme an Pushmeldungen zu jeder Tages- und Nachtzeit sogar den grössten Nati-Fanatiker nach spätestens zwei Tagen nervt.
Was wir beim Testen aber wirklich witzig fanden, ist die Rubrik: «Wem siehst du ähnlich?» Schnell ein Foto schiessen und schon errechnet der Gesichtsscanner anhand biometrischer Merkmale, zu wie viel Prozent man welchem Kicker gleicht.
Bei uns auf der Redaktion sitzen laut der App fast eineiige Zwillinge von Michael Lang, Granit Xhaka und Blerim Dzemaili. Keine schlechte Ausbeute. Wo bleiben eigentlich all die hübschen Autogrammjägerinnen?
Die grosse Ernüchterung folgt im Schweizer Trainingscamp in Weggis. Wir machen die Probe aufs Exempel und fotografieren in der Mixed Zone acht echte Nati-Stars. Die Resultate, die der Scanner liefert, treibt uns vor Lachen das Wasser in die Augen.
Fazit: Bei sieben von acht Versuchen mit den Originalen versagt der Gesichtsscanner komplett. Ricardo Rodriguez scheint ein richtiges Durchschnittsgesicht zu haben – er wird drei Mal als vermeintlicher Doppelgänger von anderen Spielern angegeben. Nur beim Foto von Philippe Senderos landet die App einen Volltreffer. Wegen der Frisur?
Wir gehen noch einen Schritt weiter und wollen das Tool für richtig dumm verkaufen. Das klappt dann aber doch nicht. Eine Flasche lässt sich genauso wenig mit Nati-Spielern vergleichen wie ein Affe – oder diese schöne Zeichnung:
Die hohe Fehlerquote ist trotzdem sehr erstaunlich. Denn wie bei der Auswahl der Nationalspieler setzt der SFV auch bei der Umsetzung der App auf bewährte Qualität. Die Firma Wisekey ist ein internationaler IT-Player mit Sitz in Genf und hat bereits ähnliche Projekte für Real Madrid und das Oracle Team USA bewältigt.
Entsprechend professionell fällt dann auch die Stellungnahme der SFV-Medienstelle aus: «Die festgestellten Mängel sind alle gewollt und hängen mit dem Datenschutz zusammen. Unter anderem wurde bewusst darauf verzichtet, dass die Hautfarbe eine Rolle spielt. Das spielerische Element steht im Vordergrund.»
Eine vornehme Variante, um zu sagen: «Das Teil ist nur ein Scherzartikel.»