Was! Für! Ein! Spiel! Die Fans des FC Motherwell werden es wohl ihr Leben lang nicht vergessen. Sofern sie nicht zu jenen gehören, die den Fir Park schon lange vor dem Abpfiff verlassen haben …
1:4 liegt Motherwell zur Pause gegen Hibernian zurück, 6:2 führen die «Hibs» nach 65 Minuten. Es ist sonnenklar: Die Gäste aus Edinburgh werden drei Punkte nach Hause mitnehmen.
Oder etwa doch nicht? Mit drei Treffern zwischen der 67. und der 76. Minute kommt der schottische Meister von 1932 noch einmal heran, verkürzt auf 5:6. Eine dramatische Schlussphase wird eingeläutet.
Die Chance zum nicht mehr für möglich gehaltenen Ausgleich kommt in der 90. Minute. «Hibs»-Goalie Graeme Smith rennt Stürmer Lukas Jutkiewicz über den Haufen: Penalty für Motherwell. Jutkiewicz, der designierte Schütze, überlässt den Ball dem wenige Minuten zuvor eingewechselten Ross Forbes. Dieser holt ein paar Schritte Anlauf, drückt ab, und … sieht seinen halbhohen, schlecht platzierten Schuss vom Keeper abgewehrt.
Was für ein Drama! Da bietet sich Motherwell auf dem Silbertablett die Gelegenheit, zum 6:6 auszugleichen und das Team greift nicht zu.
Aber das Spiel ist ja noch nicht vorbei. Es läuft die Nachspielzeit, die 93. Minute, als John Sutton an der Mittellinie den Ball blindlings nach vorne drischt. Jutkiewicz sprintet los, ein letztes Mal noch, begleitet von Verteidiger Paul Hanlon.
Dem Abwehrspieler gelingt es, den Stürmer vom Tor weg zu drängen. Jutkiewicz befindet sich nun in beinahe aussichtloser Position, aber diese Tatsache ignoriert der 21-jährige Engländer. Aus spitzem Winkel zieht Lukas Isaac Paul Jutkiewicz volley ab – und er erzielt ein Tor so spektakulär wie jenes des Holländers Marco van Basten im Final der EM 1988. Es ist der Ausgleich, der Wahnsinn hat ein Ende: Motherwell macht gegen Hibernian tatsächlich einen 2:6-Rückstand wett und holt noch ein Unentschieden.
Zwölf Tore in 90 Minuten, je sechs auf beiden Seiten und eine mitreissende Endphase – klar, dass das Spiel keinen kalt lässt. «Ich kann mich nicht daran erinnern, je in ein so enges Spiel mit so vielen Toren involviert gewesen zu sein», staunt der immerhin schon 69 Jahre alte Motherwell-Trainer Craig Brown. Er sei stolz auf seine Spieler, wie sie sich in die Partie zurück gekämpft hätten.
Hibernians-Coach John Hughes kritisiert nach dem «Tag der offenen Tür» nicht seine Abwehr, sondern seine Offensive. «Die Stürmer haben nach dem 6:2 aufgehört, beim Verteidigen zu helfen. Denn diese Arbeit beginnt schon da vorne.» Sein Team habe sich zu sehr in die Defensive drängen lassen und so Motherwell noch einmal aufkommen lassen.
Der siegreiche Trainer Brown gibt zu, dass er beim Stand von 2:6 nicht mehr an die Wende geglaubt hat: «So ehrlich bin ich.» Wäre die Partie nach dem Ausgleich nicht zu Ende gewesen, hätte Motherwell seiner Ansicht nach das Spiel sogar noch ganz gedreht: «Fünf Minuten mehr und wir hätten gewonnen!»