Noch wenige Tage und Brittanie Cecil kann ihren 14. Geburtstag feiern. Ihr Vater hat ihr ein verfrühtes Geschenk gemacht und ihr ein Ticket für die NHL-Partie zwischen den Columbus Blue Jackets und den Calgary Flames gekauft. Es ist das erste Eishockeyspiel, das Cecil in ihrem Leben besucht.
Etwa die Hälfte des Spiels ist um, als der Norweger Espen Knutsen abzieht. Flames-Verteidiger Derek Morris bringt seinen Stock noch dazwischen, der Puck fliegt in die Luft. Hoch und weit. In der 19. Reihe im Sektor 121 sitzt Brittanie Cecil, etwa 30 Meter von der Eisfläche entfernt. Der Puck trifft sie wuchtig am Kopf.
Cecil scheint zunächst grosses Glück zu haben. Zwar blutet sie, doch sie bleibt bei Bewusstsein und kann selbständig zu den Sanitätern und daraufhin zum Krankenwagen gehen. Im Spital, wo die Wunde genäht wird, erleidet sie jedoch einen Schwächeanfall und muss zur Beobachtung da bleiben.
48 Stunden nach dem Unfall ist Brittanie Cecil tot. Als ihr Kopf beim Aufprall des Pucks nach hinten gedrückt wurde, wurde die Wirbelsäule verletzt, und in der Folge die Blutzufuhr ins Gehirn unterbrochen.
Zwei Tage später hätte Brittanie Cecil ihren 14. Geburtstag feiern können. «Ich glaube nicht, dass ich sie je schlecht gelaunt erlebt habe», sagt ihre Freundin Tara Milliken, mit der sie auch gemeinsam im Fussballteam der Schule des 1500-Seelen-Ortes West Alexandra spielte.
Der Unfalltod beschäftigt nicht nur Familie und Freunde des Mädchens. Stürmer Knutsen sagt einige Tage später, er bringe ihn nicht aus dem Kopf und könne kaum einschlafen: «Ich denke ständig daran.» Verteidiger Morris sagt: «Du kannst dir zwar immer wieder einreden, dass es nicht dein Fehler war. Aber du hast trotzdem immer das Gefühl, dass es eben doch auch ein bisschen deine Schuld war.» Er wisse nicht, wie viele Male schon Pucks über die Plexiglasscheibe abgelenkt worden seien. «Du willst dir einreden, dass das andauernd passiere, aber das macht es kein bisschen besser.»
Während einigen Wochen sei Knutsen sehr deprimiert gewesen, erinnert sich sein damaliger Headcoach Dave King. «Viele Leute haben sich mit ihm unterhalten, haben versucht, ihm zu helfen. Aber man konnte ihm nicht helfen. Auch wenn es ein Unfall war und ein unglücklicher Zufall, nahm er es sehr persönlich. Ich denke, er hat seine Unbekümmertheit, die Lebensfreude, die ihn immer ausgezeichnet hat, an diesem Tag verloren.»
Vor Beginn des nächsten Heimspiels halten die Columbus Blue Jackets eine Trauerminute ab. Für den Rest der Saison tragen die Spieler auf einem Helm ein kleines Herz mit den Initialen B.N.C. im Gedenken an Brittanie Nichole Cecil.
Der sinnlose Tod des Mädchens bleibt nicht folgenlos. Die NHL beschliesst, dass die Plexiglasscheiben hinter den Toren nicht mehr 2,40 Meter sondern 3 Meter hoch sein müssen. Und viel wichtiger: Darüber werden Sicherheitsnetze angebracht, um die Zuschauer zu schützen.
Cecils Familie einigt sich nach einer Klage aussergerichtlich mit der NHL und den Stadionbetreibern. Sie erhält als Wiedergutmachung 1,2 Millionen Dollar. Aber kein Geld der Welt bringt Brittanie Cecil zurück.
Espen Knutsen, der den Puck abgegeben hat, kann das Mädchen nicht vergessen. «Ich war es, der geschossen hat und ich muss damit leben.» Als ihn ein Mitspieler informierte, dass Cecil gestorben sei, habe er das erst nicht glauben können. «Aber dann sah ich sein Gesicht und begriff, dass es wahr ist. Ich fühlte mich mit einem Mal leer und war wie betäubt.»
Acht Jahre nach dem Unfall, und nachdem Knutsen seine Karriere beendet hat, trifft er Cecils Angehörige. «Ich mache Sie nicht dafür verantwortlich und das habe ich auch nie getan», sagt ihm die Mutter. «Es war ein Unfall und Sie sollten sich nicht vorwerfen, daran Schuld zu sein. Das wollte ich Ihnen schon lange sagen.»