Bill Dudley war Präsident der Federal Reserve Bank of New York, der wichtigsten Tochter der US-Notenbank, der Fed. Kürzlich hat er erklärt, die Fed müsste eine allfällige Wiederwahl von Donald Trump als ernsthafte Bedrohung der Wirtschaft betrachten und dementsprechend reagieren.
Es ist mehr als ungewöhnlich, dass Notenbanker sich in dieser Art äussern, selbst dann, wenn sie nicht mehr im Amt sind. Doch Dudley ist keine Ausnahme. Philipp Hildebrand, der ehemalige Präsident der Schweizerischen Nationalbank, hat soeben die Finanzwelt mit einem Gastkommentar in der «Financial Times» verblüfft.
Darin warnt Hildebrand vor einer kommenden Rezession der Weltwirtschaft und fordert die Zentralbanken auf, selbst ungewöhnliche Massnahmen ins Auge zu fassen, denn «die Verantwortlichen für die Geldpolitik haben keine Munition mehr, um eine Rezession, ganz zu schweigen von einer ausgewachsenen Krise, zu bekämpfen.» Hildebrand fordert deshalb einen Plan, wie man billiges Geld nicht via Banken, sondern direkt an die Bürger verteilen kann.
Die amtierenden Chefs denken derweil über drastische Massnahmen nach. Fed-Präsident Jerome Powell soll angeblich noch im September die Leitzinse erneut senken, und zwar um 50 Basispunkte. Mario Draghi, der scheidende Präsident der Europäischen Zentralbank, will die ohnehin noch negativen Leitzinsen noch weiter drücken. Draghis Nachfolgerin Christine Lagarde fordert Europas Regierungen auf, Ankurbelungsprogramme zu lancieren.
Die Angst der Zentralbanker ist verständlich. Hier sind ein paar Meldungen aus den vergangenen Tagen:
Die Zuckungen der Aktienbörsen sind so etwas wie das Zurechtrücken der Liegestühle auf dem Deck der Titanic. Der Rezessions-Eisberg ist bedrohlich nahe. Nicht die einzelnen Mosaiksteine sind bedrohlich, sondern das gesamte Bild. Adam Tooz beschreibt es in der «New York Times» wie folgt: «Die Aussicht auf die Weltwirtschaft ist düster: Europa leidet an Schwindsucht, die USA an Nationalismus und China wird autoritär.»
Derweil läuft der Handelskrieg zwischen den USA und China aus dem Ruder und bedroht die Weltwirtschaft ernsthaft. Trump habe sich verzockt, glaubt inzwischen selbst sein ehemaliger Wirtschaftsberater Gary Cohn. Tatsächlich scheinen die Chinesen den Handelskrieg besser zu verkraften als die Amerikaner.
Trump wird so immer mehr zum Gefangenen der Investoren. An der Wall Street liefern sich Bären und Bullen (Pessimisten, resp. Optimisten) einen wilden Kampf um die Lufthoheit über die Aktienbörse. Jeder Tweet des Präsidenten löst wilde Kursreaktionen aus. Doch die Einsicht wächst, dass zwischen Washington und Peking im besten Fall ein zeitlich begrenzter lahmer Kompromiss möglich ist.
Trump allerdings will davon nichts wissen. Einmal mehr droht er, den Konflikt gar noch auszuweiten. «Allen Genies da draussen, die glauben, ich müsse zusammen mit der EU gegen China vorgehen, sei gesagt: Die EU behandelt uns ebenfalls sehr UNFAIR.»
Nicht nur dieser Tweet ist unsinnig. Der Präsident hat einen katastrophalen Sommer hinter sich. Grönland-Debakel, Streit mit Juden, Streit mit seinem eigenen Fed-Präsidenten, Streit mit ehemaligen Speichelleckern (Scaramucchi) – ja selbst Streit mit Fox News.
Im Weissen Haus beginnt man daher, sich ernsthaft Sorgen um die geistige Gesundheit des Präsidenten zu machen. So hat er übers Wochenende einmal mehr erklärt, er habe noch nie von einem Kategorie-5-Hurrikan gehört, obwohl sich allein in seiner Amtszeit drei davon ereignet haben.
Ein wirrer Präsident an der Spitze der nach wie vor einzigen Supermacht – kein Wunder, schlafen die Zentralbanker schlecht.
Schon vergessen dass die EZB mit Anleihekäufen von 60 Mrd. € pro MONAT (!) Geld in die EU gepumpt hat? Was das langfristig bedeutet und dass das nie gut herauskommen kann, steht schon im Vorwort eines diesbezüglichen Sachbuches.
Wenn es also zu einer massiven Rezession kommt, sind die dafür Verantwortlichen auch in Brüssel, resp. Frankfurt am Main zu suchen.