Am Schluss der Verhandlung flossen die Freudentränen. Die heute 51-jährige Beschuldigte wurde am Dienstag mangels Beweisen vom Vorwurf der Veruntreuung umfassend freigesprochen. Dabei schienen die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft klar zu sein. So hatte die langjährige UBS-Direktionssekretärin eine ihr anvertraute Kreditkarte der Grossbank zwischen Juni 2000 bis zu ihrer Entlassung im Oktober 2010 immer wieder für private Zwecke eingesetzt.
Die Anklageschrift listete detailliert auf, wie die Schweizerin auf grossem Fuss lebte und für Kleider, Schmuck, Schönheitsoperationen oder kostspielige Luxusferien das Geld verprasste. Allein ein Aufenthalt in einem Tessiner Hotel in Ascona liess sie sich auf Kosten der UBS über 11'000 Franken kosten. Im Januar 2009 reiste sie für über 18'000 Franken herum. Als sie im Herbst 2010 aufflog, hatte sie bereits über eine Million Franken ausgegeben.
Die Beschuldigte lebt heute gemäss ihren Angaben in relativ bescheidenen Verhältnissen in London und beteuerte vor Gericht ihre Unschuld. Sie sei damals bei der UBS «Mädchen für alles» gewesen und habe lediglich der Firmen-Philosophie nachgelebt, führte sie aus. Die Kartenbezüge seien ein Mix aus geschäftlichen und privaten Besorgungen gewesen. «Ich kam mir nicht kriminell vor», versicherte sie vor Gericht.
Der Staatsanwalt sah das anders und lastete der Beschuldigten aufgrund der hohen Deliktsumme ein «eher schweres Verschulden» an. Sie habe das Vertrauen ihres Arbeitgebers schamlos ausgenutzt und habe aus finanziellen Beweggründen gehandelt: «Sie wollte einfach nicht auf Luxus verzichten», erklärte der Ankläger.
Er forderte eine teilbedingte Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen mehrfacher Veruntreuung. Sechs Monate davon sollte sie verbüssen. Der Verteidiger forderte dagegen einen vollen Freispruch und kritisierte die UBS-Firmenkultur, die unehrliches Verhalten begünstigt habe. Der Fisch fange beim Kopf an zu stinken, stellte er fest.
Die Beschuldigte müsse auch aus rechtlichen Gründen freigesprochen werden. So habe die Grossbank das Gebaren der Beschuldigten stillschweigend akzeptiert. Sie habe die Bezüge der Sekretärin als geschäftliche Ausgaben zugestanden.
Das Gericht folgte zum Schluss der Verteidigung. Es sei schlicht nicht erwiesen, dass die Benutzung der Kreditkarte zweckwidrig erfolgt sei. Die Anklage habe es verpasst, die Nutzungsregelungen lückenlos darzulegen, erklärte der Gerichtsvorsitzende.
Auffällig sei, dass die teilweise unbestritten privaten Nutzungen der Karte über zehn Jahre lang von fünf verschiedenen Vorgesetzten nicht beanstandet worden seien. Im Gegenteil: Die Limiten der Karte seien in dieser Zeit zwei Mal von 10'000 Franken zuerst auf 20'000 Franken und dann auf 25'000 Franken erhöht worden. «Die UBS muss sich entgegenhalten lassen, dass sie die Bezüge im strafrechtlichen Sinn genehmigt hatte», erklärte der Vorsitzende.
Mit dem Freispruch wurden der ehemaligen Direktionssekretärin eine Entschädigung für die anwaltliche Vertretung von 33'000 Franken und eine Reiseentschädigung von 1800 Franken zugesprochen. Die UBS wurde mit ihren finanziellen Forderungen auf den Zivilweg verwiesen. Die Staatsanwaltschaft könnte die Anklage an das Obergericht weiterziehen. (whr/sda)