Im reichsten und mächtigsten Land der Welt kann man derzeit ein merkwürdiges Phänomen beobachten: Kilometerlang stauen sich Autos – nicht selten teure SUVs – vor sogenannten Food Banks, wo Freiwillige und Mitglieder der Nationalgarde gratis Essen verteilen. Die Väter und Mütter, die in diesen Autos sitzen, sind auf diese Hilfe angewiesen. Sie haben kein Geld mehr, um Nahrungsmittel zu kaufen.
Das merkwürdige Schauspiel hat tragische Folgen. Das zeigt eine Untersuchung der renommierten Brookings Institution. Sie deckt auf, dass beinahe jedes fünfte amerikanische Kind derzeit zu wenig Essen erhält. Das ist dreimal mehr als während der Rezession nach der Finanzkrise 2008/09.
Lauren Bauer, die Leiterin der Studie, hat ermittelt, dass 23 Prozent der amerikanischen Haushalte zu wenig Geld haben, um genügend Essen zu erwerben. In Haushalten mit Kindern sind es gar 35 Prozent. «Das ist alarmierend», sagt Bauer gegenüber der «New York Times». «Diese Haushalte verkleinern die Portionen oder lassen einzelne Mahlzeiten fallen. Die Zahlen sind viel höher, als ich erwartet habe.»
Wie kann es sein, dass in der Supermacht USA Kinder Hunger leiden? Die Mehrheit der Amerikaner, auch der Mittelstand, leben von Zahltag zu Zahltag. Sie verfügen über keine Ersparnisse. Selbst eine unerwartete Rechnung von 400 Dollar bringt das Haushaltsbudget aus dem Lot.
Die Coronakrise hat nun über Nacht mehr als 33 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner arbeitslos gemacht. Sie haben zwar von der Regierung einen Check in der Höhe von 1200 Dollar erhalten. Doch dieses Geld ist weitgehend für die Miete drauf gegangen. Der Kühlschrank bleibt leer. Weil die Schulen geschlossen sind, fallen auch die Gratis-Mahlzeiten für die Kinder weg.
Dank den sogenannten Food Stamps – Gutscheine für Gratis-Nahrung – sollte trotzdem niemand Hunger leiden. Die Food Stamps sind jedoch ideologisch aufgeladen. Die Republikaner hassen sie und Präsident Trump prahlt immer wieder damit, wie viele Menschen er von der Scham dieser Gutscheine befreit habe.
Die Food Stamps sind jedoch ein zentrales Element des ohnehin sehr löchrigen sozialen Sicherheitsnetzes in den Vereinigten Staaten. Mit rund 60 Milliarden Dollar jährlich werden gegen 38 Millionen Menschen unterstützt, die weniger als 10’000 Dollar pro Jahr verdienen.
«Aber Mr. Trump hat alles unternommen, um dieses Programm schrumpfen zu lassen», stellt die «New York Times» fest. «Er versucht, das Budget um 30 Prozent zu kürzen. (…) Er versucht auch, die Kriterien für die Zulassung zu verschärfen.»
Wegen der Coronakrise wollen die Demokraten wie in der Rezession von 2008/09 die Leistungen der Food Stamps um 15 Prozent erhöhen. Die Republikaner wehren sich mit Händen und Füssen dagegen und erlauben höchsten eine kurzfristige Erhöhung der Hilfe. Die Folgen schildert Kate Maehr von der Food Bank in Chicago wie folgt:
Das Weisse Haus verweigert den Armen nicht nur dringend benötigte Hilfe, es spielt auch russisches Roulette mit ihnen. Weil der Präsident auf Teufel komm raus die Wirtschaft wieder in Schwung bringen will, stellt er sie vor die Wahl: Gesundheit oder Essen.
Mitarbeiter bei Amazon oder Fleischverarbeitern wie Tyson müssen wieder zur Arbeit, obwohl sie hochgradig Covid-19-gefährdet sind. Fast ein Viertel aller amerikanischen Arbeitnehmer, rund 33 Millionen Menschen, stehen vor dieser unappetitlichen Wahl. Sie erhalten im Krankheitsfall keinen Lohnausfall und haben oft keine Krankenversicherung.
Auf Rückhalt der Politik können sie nicht zählen. Mitch McConnell, der Anführer der Republikaner im Senat, will künftige Hilfe daran knüpfen, dass Arbeitgeber nicht zur Rechenschaft gezogen werden dürfen, wenn ihre Angestellten vom Virus infiziert werden.
Geradezu zynisch ist es, wenn Präsident Trump diese Menschen neuerdings als «Krieger» bezeichnet. Wie in einem richtigen Krieg nimmt er offensichtlich eine grosse Anzahl von Opfern in Kauf. Inzwischen sind mehr als 73’000 Amerikanerinnen und Amerikaner an Covid-19 gestorben. «Trotzdem müssen wir jetzt das Land wieder öffnen», sagt Trump achselzuckend. «Die Menschen wollen wieder an die Arbeit zurück, und wir haben ein Problem, wenn wir das nicht zulassen.»
Irgendwann werden die Amis vielleicht auch mal merken, dass ein bisschen von diesem "bösen Sozialismus" eigentlich ganz gut wäre. Bis dahin sollen sie weiter Leute wie Trump wählen und dem Untergang entgegen reiten.
YEEEEHAAAAW! 🤠
Mein Mitleid hält sich in Grenzen und ich würde mir wünschen, dass wir hier die USA nicht mehr als das grosse Vorbild sehen, wie es die rechten und Wirtschaftsliberalen immer noch tun. Die USA sind ein gescheitertes Modell und kein Vorbild.
Die ungleiche Verteilung des Vermögens könnte eine Rolle spielen.