Derzeit geniessen viele Schweizer ihre Herbstferien. Es heisst nochmals Sonne tanken, damit der Winter gut überstanden werden kann. Dafür wird geflogen – nach Kreta oder Mallorca beispielsweise. Die neusten Zahlen vom Flughafen Zürich sind beeindruckend: Rund 2.9 Millionen sollen es alleine im September gewesen sein, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt.
Dem Ständerat ist dieser Trend ein Dorn im Auge, weshalb das Fliegen künftig teurer werden soll. Die Flugticketabgabe soll Abhilfe schaffen. Bei Kurzstrecken soll eine Lenkungsabgabe von 30.- CHF und bei Langstreckenflügen sogar von 120.- CHF erhoben werden. Im Vergleich mit den Ökosteuern unserer Nachbarländer ist die Abgabe deutlich höher.
Doch diese Massnahme soll nicht nur dem Klima zugute kommen: Die geschätzten 1,2 Milliarden an Einnahmen werden zur einen Hälfte an die Bevölkerung zurückverteilt. Die andere Hälfte fliesst in einen Klimafonds.
Gemäss FDP-Ständerat Damian Müller werden die Abgaben insbesondere bei den Kurzstrecken einen erheblichen Impact haben: Er rechnet mit einem Rückgang der Flugreisen von 10 Prozent. Doch sinkt durch die Abgabe tatsächlich die CO2-Produktion?
Die Schätzungen sind auf eine Prognose des Bundesamtes für Umwelt gestützt («Preiselastizität bei der Flugticketabgabe» vom März 2019), die von enorm vereinfachten Annahmen ausgeht. Auf diesen Annahmen basierend wird geschätzt, welche Abgabesätze die Nachfrage der Passagiere inwiefern beeinflusst.
Unter Experten wird diese vereinfachte Rechnung stark kritisiert und Fehlschlüsse sind durchaus möglich. «Es ist fraglich, ob eine Reduktion der CO2-Emissionen der Luftfahrt mit den vom Ständerat beschlossenen Massnahmen erreicht wird», sagt Urs Ziegler gegenüber der «NZZ am Sonntag». Er ist Leiter der Sektion Umwelt beim Bundesamt für Zivilluftfahrt und ein international anerkannter Fachmann auf diesem Gebiet.
Die Sache ist um einiges komplexer, wie Ziegler betont. Eine Reduktion der Passagiere bedeutet nicht automatisch auch einen Rückgang der Flüge – die Airlines reagieren unterschiedlich auf den Rückgang einer Passagiergruppe. Das bestätigt auch eine Sprecherin der Swiss. Mit der schlechteren Auslastung sinkt die Rentabilität – eine Airline würde dem jedoch sicherlich entgegenzuwirken versuchen.
Ein Beispiel wäre, dass versucht wird, mehr ausländische Umsteige-Passagiere auf Langstreckenflüge zu bekommen – diese Passagiere sind nämlich von den Öko-Steuern befreit. Dadurch könnte eine Preisreduktion im Ausland abgefedert werden. Die Swiss dazu in der «NZZ am Sonntag»: «Die heutigen Flugzeuge werden weiterhin im Betrieb sein, und es werden weiterhin die heutigen Strecken angeboten. Die CO2-Emissionen reduzieren sich nur marginal».
Ein weiterer Faktor, der dem Klima bestimmt nicht zugute kommt: Schweizer Passagiere, die mit hohen Kosten für Langstreckenflüge konfrontiert sind, würden sich für günstigere Umsteigerangebote entscheiden. Mit anderen Worten würden sie über Umwege an ihr Hauptziel fliegen. Direktflüge schaden dem Klima jedoch deutlich weniger als Flüge mit Zwischenstopps.
Bei den Experten ist das Unverständnis gross: «Es ist frustrierend zu sehen, wie Gesetze entworfen werden, ohne wesentliche Zusammenhänge im Bereich zu verstehen oder sie absichtlich zu ignorieren». Die Worte zur «NZZ am Sonntag» von Andreas Wittmer, Aviatik-Professor der Universität St. Gallen.
Es besteht weiter die Gefahr, dass der Hub-Standort Zürich durch die Teuerung geschwächt wird – was eine Auswirkung auf die Schweizer Wirtschaft haben könnte. Unter dem Strich sind die Gegner der Öko-Abgabe der Meinung, dass der CO2-Ausstoss dadurch nicht reduziert, der Wirtschaftsstandort jedoch geschwächt werde.
Doch was sagen neutrale Experten? Markus Schubert und Philipp Böck sind Aviatik-Experten der deutschen Beratungsfirma Intraplan und haben bereits mehrfach im Auftrag des Bundesamtes für Zivilluftfahrt für die Schweizer Luftfahrt eine Wettbewerbsanalyse im internationalen Vergleich durchgeführt.
Die beiden Deutschen finden die Einschätzung von Damian Müller – einen Rückgang der Flüge um 10 Prozent – durchaus realistisch. Sie betonen jedoch, dass Ausweicheffekte bei Passagieren und Airlines eine Minderung des CO2-Ausstosses «zunichte machen».
Alarmierend ist für Schubert und Böck die Tatsache, dass der Flughafen Zürich im internationalen Wettbewerb einen schwierigen Stand hat. «Wir wollen nicht alarmistisch klingen. Aber der Zürcher Flughafen ist sicher verletzlicher als andere europäische Umsteigeflughäfen. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit kann nur noch mit grosser Anstrengung aufrechterhalten werden. Die Klima-Abgabe hat deshalb ein erhebliches Schadenpotenzial», wie die Experten der «NZZ am Sonntag» bestätigen.
Es ist fraglich, inwiefern die CO2-Abgabe dem Klima wirklich nützt. Was sehr wahrscheinlich ist, ist dass der Flughafen Zürich mit kreativen Lösungen auftrumpfen müsste, um seine Position und damit auch die Position des Wirtschaftsstandortes Schweiz nicht zu schwächen.
Saraina
In Wirklichkeit kommt der grösste Teil des CO2 Ausstosses eh nicht vom Endverbraucher. Die Steuer ist reine Pflästerlipolitik, die dem Stimmbürger das Gefühl geben soll, „es werde etwas gemacht“. Massiver und internationaler Druck auf die Förderfirmen, die ihre Eigentümer, Äktionäre und Regierungen, bereichern, wäre weitaus zielführender. Und ohne Druck sehen diese keinen Grund, wieso sie Förderung, Verarbeitung und Transport auf einen weniger umweltschädlichen Standard bringen sollen.
Hans12
flying kid
Bringen wirds nichts, dann fliegen halt noch mehr Umsteigepassagiere über Zürich und die Schweizer weichen auf München, Frankfürt, Amsterdam, Istanbul, Dubai, etc etc aus.
Damit ist dem Klima sicherlich sehr viel geholfen.
Ende Jahr präsentiert uns der Flughafen ZRH sicherlich neue Rekordzalen betreffend Passagiere im Jahr 2019.