Sie sind als gut verdienender Konzernchef nicht Eigentümer, sondern Mieter einer Wohnung in Zug. Haben Sie den Brief schon erhalten, der Ihnen den Mietzinsaufschlag mitteilt?
Patrick Frost: Noch nicht. Ich erwarte diesen Brief in den kommenden Wochen.
Hat Swiss Life ihren Mieterinnen und Mietern den Aufschlag schon mitgeteilt?
Wir werden die Miete auf rund 21'000 von unseren insgesamt 38'500 Wohnungen in der Schweiz erhöhen und sind daran, dies sorgfältig vorzubereiten und zu kommunizieren. Fast 15 Jahre lang sind die Mieten nur runtergegangen. Jetzt wirkt der Mechanismus angesichts der höheren Zinsen und der Inflation in die andere Richtung.
Schlecht für Ihre Mieter, gut für Ihre Aktionäre!
Die höheren Mieteinnahmen kommen überwiegend unseren Kunden im Versicherungsgeschäft zugute, also etwa bei Sparprodukten oder für die Renten unserer Versicherten. Weniger als 10 Prozent der Mehreinnahmen fliessen in den Gewinn - und damit an unsere Aktionäre. Das macht nicht einmal 2 Promille unseres Gewinns aus.
Das sind dennoch ein paar Millionen.
Noch einmal: Der Löwenanteil kommt unseren Versicherten zugute. Und über eine sehr lange Zeit hinweg sind die Mieten nur gesunken.
War es das mit den Erhöhungen, oder werden die Mieten weiter steigen?
Das hängt von der Zinsentwicklung ab. Die grossen Erhöhungsschritte sind vorbei. Die Nationalbank wird die Leitzinsen wohl nochmals etwas anheben. Und auch beim Referenzzinssatz, der für die Mieten massgebend ist, dürfte es noch einen zweiten Schritt nach oben geben. Wie es dann weitergeht, hängt von der Zinsentwicklung ab, die ich auch nicht vorhersehen kann.
Wird sich das Wohnungsangebot nochmals verknappen?
Es ist zu befürchten. 2018 wurden in der Schweiz noch über 50'000 Wohnungen gebaut, letztes Jahr waren es noch rund 40'000 und wenn ich nun die Baubewilligungen sehe, werden es künftig erneut weniger sein, vielleicht noch gut 30'000.
Warum dieser Einbruch beim Wohnungsbau?
Nebst den höheren Zinsen haben die vielen Einsprachen und alle möglichen Beschränkungen einen Einfluss. Der Rückgang beim Angebot geht mit einer steigenden Nachfrage nach Wohnungen einher. Diese Zunahme hat zwei Hauptgründe: Erstens wollen die Menschen immer mehr Wohnraum, pro Person sind es jährlich 0.7 Prozent mehr Quadratmeter. Diese Entwicklung dauert seit Jahrzehnten an. Zweitens führt die Zuwanderung dazu, dass es mehr Wohnungen braucht.
Worin sehen Sie die Lösung?
Es ist relativ einfach: Mehr bauen! Entweder zonen wir mehr Bauland ein, das ist politisch kaum realistisch. Oder - und das scheint mir der bessere Weg zu sein - wir verdichten und bauen in die Höhe. Das ergibt vor allem in den Ballungsräumen Sinn.
Einfacher gesagt als getan!
Ja, trivial ist es nicht. Wir bedauern, dass sich die Umsetzung des Raumplanungsgesetzes vielerorts verzögert. Darin läge ein starker Hebel. Kurzfristig angehen sollten wir das Thema Einsprachen. Es gibt enorm viele Einsprachen, welche Bauvorhaben verzögern oder gar verunmöglichen. Die Politik sollte darüber nachdenken, wie sich die Bautätigkeit beschleunigen lässt.
Reden Sie nun als privater Investor, der mit dem Wohnungsbau im Wachstum eingeschränkt ist?
Die Logik gilt genauso für Genossenschaften und die öffentliche Hand. Alle haben ein Interesse daran, dass hierzulande ein genügend grosses Wohnungsangebot zur Verfügung steht. Bauen wir nicht mehr, dann haben sehr viele Leute ein Problem: Wer umziehen möchte oder muss, sei es, weil die Familie grösser wird oder weil es zu einer Scheidung kommt, der hat es von Jahr zu Jahr schwerer, eine passende Wohnung zu einer bezahlbaren Miete zu finden. Der Bedarf ist riesig. Wenn wir neue Wohnungen anbieten, sind die im Nu vermietet.
Liesse sich dieser riesige Bedarf zum Beispiel in Zürich wirklich decken, wenn die rechtlichen Hürden fürs Bauen tiefer wären?
Ja, davon bin ich überzeugt. Wir hätten die Möglichkeit, mit Verdichtung die Quadratmeterzahl massiv zu erhöhen. Die Wohnungsnot in den Zentren ist kein Naturgesetz, man kann sie beheben. Natürlich gibt es dann Auseinandersetzungen mit Leuten, die sich über Schattenwurf und Baulärm beschweren. Diese Leute kann man für ihren Schaden auch entschädigen. Aber wenn wir genügend Wohnraum wollen, müssen wir Prioritäten setzen.
Die Beschränkung des Beschwerderechts wird auf grossen Widerstand stossen.
Wenn Not herrscht, ist in der Schweiz vieles möglich. Wir haben das eben in der Energieversorgung gesehen. Ich stelle das demokratische Einspracherecht nicht infrage, aber man muss es sinnvoll ausgestalten und reine Destruktion verhindern. Heute sind rund 90 Prozent der Einsprachen bei der Regelbauweise missbräuchlich.
Was wäre eine sinnvolle Beschränkung?
Man könnte die Hürden für mögliche Einsprachen etwas anheben. Das könnte zu einer Beschleunigung führen.
Statt mehr zu bauen, könnte man auch die Einwanderung begrenzen. Wäre das nicht nachhaltiger?
Das gäbe sicher eine gewisse Entlastung auf dem Wohnungsmarkt. Aber der Preis dafür wäre hoch. Wenn die Schweizer Wirtschaft den Zugang zum EU-Markt haben will, müssen wir im Gegenzug auch die Personenfreizügigkeit akzeptieren. Ohne gute bilaterale Verhältnisse wäre unser Wirtschaftswachstum gefährdet. Natürlich bringt Wachstum Probleme mit sich, aber man kann sie lösen. Ungleich schwieriger ist es, mit schwachem oder negativem Wachstum umzugehen.
Ihr Verwaltungsratspräsident Rolf Dörig sieht das anders: Er ist SVP-Mitglied und für die Kündigung der Personenfreizügigkeit.
Rolf Dörig ist für eine Begrenzung der Personenfreizügigkeit. Wir haben hier eine Differenz und wir diskutieren gern darüber, in den meisten Fragen sind wir uns jedoch einig. Wir haben bei Swiss Life generell ein breites Spektrum an politischen Meinungen.
Swiss Life wird immer mehr zum Immobilienkonzern. Damit steigen auch die Risiken, wenn die Zinsen ansteigen. Haben Sie Angst vor Wertberichtigungen?
Swiss Life ist noch immer vor allem eine Lebensversicherung. Der grösste Teil unserer Anlagen ist in Obligationen, nur ein Viertel ist in Immobilien. Aber klar: Die grösste Gefahr für Immobilienanlagen sind gemäss Lehrbuch höhere Zinsen. Doch es ist nichts passiert – jedenfalls in der Schweiz nicht, wo wir rund 80 Prozent unserer Immobilien haben. Das ist schon sehr erstaunlich.
Woran liegt das?
Immobilien waren in der Schweiz lange unterbewertet. Das hat sich unterdessen normalisiert. Auch sind die Immobilienpreise hierzulande nicht so stark gestiegen wie in anderen Ländern: Zum Beispiel in Schweden haben sich die Preise für Einfamilienhäuser in den letzten circa 15 Jahren etwa verdreifacht, während sie sich in der Schweiz nur verdoppelt haben. Der Wert von Mehrfamilienhäusern hat sich noch weniger stark entwickelt.
Sie haben ja auch Immobilien in Deutschland und Frankreich, wo die Zinsen höher und die konjunkturellen Aussichten weniger stabil sind.
Ja, dort spüren wir den Druck schon. Aber bisher waren wir auch dort nicht mit grossen Wertberichtigungen konfrontiert. Zudem befinden sich, wie gesagt, 80 Prozent unserer Liegenschaften in der Schweiz.
Sie haben also keine Angst vor einem grossen Immobiliencrash?
Ich habe immer Angst!
Wirklich?
Ja, weil ich weiss, dass an den Finanzmärkten immer etwas passieren kann. Momentan rechne ich aber nicht mit einem Immobiliencrash, ja nicht mal mit einer grösseren Korrektur. Wir gehen Risiken ein, das ist unser Geschäft. Und als CEO bin ich verantwortlich. Wir sichern auch ganz bewusst viele Risiken ab.
Ist das das Erbe der Nahtoderfahrung der Swiss Life 2002, die damals noch Rentenanstalt hiess?
Ja, das hat unsere Risikokultur schon verändert. Aber natürlich wurden auch die Vorschriften der Regulierung verschärft.
Das hat bei der Credit Suisse auch nichts geholfen. Haben Sie eigentlich als Folge des CS-Debakels Geld verloren?
Wir hatten bewusst nicht in AT1-Anleihen der CS investiert, die jetzt abgeschrieben wurden. Aber wir hatten andere CS-Anleihen und natürlich Aktien. Wäre die CS nicht gerettet worden, hätte uns das einen Solvenzpunkt von 215 gekostet, was einem tiefen dreistelligen Millionenbetrag entspricht. Das wäre aber nur der direkte Schaden gewesen, indirekt hätten wir wohl viel mehr verloren, weil ein CS-Konkurs den ganzen Finanzmarkt belastet hätte.
Mit den Erträgen aus Anleihen und Immobilien finanzieren Sie die Renten Ihrer Versicherten. Die Rechnung scheint mehr als gut aufzugehen. Braucht es denn die jetzt vom Parlament verabschiedete Reform bei der zweiten Säule überhaupt?
Ich bin froh, dass das Parlament einen Kompromiss gefunden hat, über den wir dann abstimmen können.
Das klingt nicht sehr begeistert.
Ich bin nicht total begeistert, aber die positiven Elemente überwiegen. Immerhin könnten wir mit der Reform die massive Quersubventionierung von der erwerbstätigen Bevölkerung zu den angehenden Rentnern und Rentnerinnen reduzieren. Positiv ist auch die Ausgestaltung zugunsten der Übergangsgeneration und die bessere Versicherung von Teilzeiterwerbstätigen.
Was passt Ihnen denn nicht an der Reform?
Die Finanzierungsmodalitäten für den Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration hätten wir uns etwas anders gewünscht. Aber es ist jetzt, wie es ist. Insgesamt würde die Reform das Rentensystem jedoch fairer machen.
Für hitzige Diskussionen sorgt auch immer die Frage nach der Erhöhung des Rentenalters.
Ja, das muss irgendwann steigen – angesichts der absehbaren Defizite bei der AHV. Wir werden nicht darum herumkommen bei der nächsten Reform, die dann ab den 2030ern greifen soll. Wir können das Rentenalter ja auch langsam erhöhen, beispielsweise mit jedem Jahr um einen Monat. Dann würde es über die nächsten Jahrzehnte ansteigen auf 66, 67 oder 68 Jahre – aber das würde natürlich dann auch von der Entwicklung der Lebenserwartung abhängen.
Würden Sie denn persönlich länger arbeiten wollen?
Unbedingt. Mein Vater war ein Vorbild, er hat bis 70 gearbeitet. Zuerst als Arzt, dann in der Forschung an der Uni, in der Pharmabranche, dann zuletzt beim Bund bei Swissmedic. Er hat sehr gerne gearbeitet. Und für viele Menschen hier ist die Arbeit ja mehr als nur Verdienst, sie ist Teil der Identifikation. Zudem: Wir leben alle länger und vor allem auch länger gesund.
Sie aber waren mal schwer krank, haben damals als Chef eines Grosskonzerns offen darüber gesprochen, was Ihnen viel Lob eingebracht hat. Hat der Krebs Ihr Leben verändert, beurteilen Sie Sachen heute anders?
Ich habe viel mit anderen Betroffenen geredet. Und in der Tat, bei einigen hat die Krankheit grosse Veränderungen ausgelöst. Bei mir aber nicht. Und manchmal frage ich mich schon warum? Vielleicht, weil mir meine Familie Stabilität gegeben hat. Und vielleicht auch, weil ich die Chance hatte, nach der Krankheit in meine Funktion zurückzukehren. Dies hat mir Sicherheit gegeben. Dafür bin ich noch heute dankbar.
Lüge… Die Mieten sind konstant gestiegen. Bei jedem Mieterwechsel wurden sie nach oben gepusht!
Das Zeug, das er konsumiert, muss aber so riiiiichtig reinhauen.
Kotzen schon vor dem Frühstück...🤔