Der Klimawandel schreitet voran und die Schweiz will ihren Beitrag zum Kampf dagegen in die Wege leiten. Das soll mit dem Klimaschutzgesetz gelingen, dem alle Parteien zustimmen – ausser der SVP, die dagegen das Referendum ergriffen hat.
Während die neusten Umfragen den anderen Parteien derzeit recht geben, versucht die SVP mit allen Mitteln, noch das Ruder herumzureissen. Zum Beispiel im «Club», wo gleich drei SVP-VertreterInnen zugegen waren.
In der Sendung vom Dienstag, in der – wie auch in der «Arena» – die Redezeit der Ausgewogenheit halber gestoppt wurde, diskutierten für das Gesetz:
Ihnen vis-à-vis sassen gleich drei Leute aus der SVP:
Im Gegensatz zum «Arena»-Moderator will «Club»-Moderatorin Barbara Lüthi gleich zu Beginn etwas Persönliches erfahren. Besonders an die Gegner gerichtet, fragt sie: Was tun die Diskutierenden im eigenen Alltag gegen den Klimawandel?
Time to shine für die Teilnehmenden: SVP-Gutjahr hat privat eine PV-Anlage installiert, für die bestellte Batterie müsse sie sich allerdings weiter gedulden. Die Obwaldnerin Rüegger hat bereits seit zehn Jahren eine Wärmepumpe installiert und der Hauseigentümerpräsident Egloff rüstet Immobilien für die Elektromobilität. Und Ruedi Noser, der zwar ein Auto besitzt, beteuert, er brauche dieses kaum noch – das viele Fliegen liesse sich als internationaler Unternehmer hingegen kaum vermeiden.
Dann muss kurz die Kontroverse um Ruedi Noser, der aus dem Hauseigentümerverband ausgetreten ist, angeschnitten werden. Noser sagt, er hätte sich eine faktenbasierte Nein-Kampagne durchaus vorstellen können, die Argumente dagegen seien besonders für Hauseigentümer ja da. «Aber dass man die Lügenkampagne der SVP übernimmt, finde ich daneben», so Noser.
Dem widerspricht Hans Egloff: Man habe sich demokratisch für eine Nein-Kampagne entschieden, mit einem eigenen Budget und einer eigenen Kampagne. Es sei nur «logisch und klug», dass man danach mit den Partnern zusammenarbeite.
Das führt die Runde bereits zu einem der Hauptdiskussionspunkte des Klimaschutzgesetzes: Was macht dieses mit den Kosten beim Wohnen, mit den Mietenden? Balthasar Glättli, Präsident des Deutschschweizer Mieterverbandes, sagt, das Gesetz komme diesen entgegen: Durch die Investitionsanreize für die Eigentümer, auf Wärmepumpen umzusteigen, würden die Nebenkosten sinken. «Wir beim Mieterverband stehen für eine Befreiung der Mieterinnen und Mieter von der Abhängigkeit der Erdölpreise», meint Glättli.
Diana Gutjahr und Hans Egloff glauben hingegen, die Mieten würden steigen: Die vielen Investitionen, welche die Eigentümer vornehmen müssten, würden auf die Mieten abgewälzt. Die im Gesetz dafür vorgesehenen zwei Milliarden Franken zur Unterstützung seien dabei «ein Tropfen auf den heissen Stein», so Gutjahr.
Auftritt Priska Wismer, Nationalrätin Die Mitte, die einen wunden Punkt trifft: «Ich finde es lustig, dass von den gleichen Leuten, die behaupten, das Gesetz sei viel zu teuer, gleichzeitig gesagt wird, die zwei Milliarden bringen nichts.» Andererseits habe man acht Milliarden, die man jährlich für Öl und Gas ins Ausland schicke: «Das sind Kosten, die man mit dem eigenen Portemonnaie bezahlt!»
Die Hauseigentümer hätten in den letzten Jahren aber schon «massiv investiert», wirft HEV-Präsident Egloff ein: «In den letzten 30 Jahren hat man den CO₂-Ausstoss im Gebäudepark um 39 Prozent reduziert.» Es passiere also bereits einiges – auch ohne das Gesetz. Darauf kommt – immer wieder – die Frage der Befürworter, wovor man sich denn fürchte, wenn sowieso bereits freiwillig investiert werde. Die Antwort geben die Gegnerinnen und Gegner abwechslungsweise: «Es braucht nicht noch mehr Gesetze.»
Gutjahr begründet diese Haltung folgendermassen: Es sei fahrlässig, die Menschen zu einer Elektrifizierung zu animieren, wenn man keine Stromsicherheit garantieren könne. «Wir müssen zuerst mehr Strom haben», so die Unternehmerin.
Darauf kommt die Antwort prompt, und zwar gleich doppelt. Mitte-Wismer sagt: «Das Öl kann man doch auch nicht garantieren!» Und Ruedi Noser schiebt nach: «Wer behauptet, bei Erdöl haben wir Versorgungssicherheit, erzählt einen Blödsinn.»
Fakt ist: Im Klimaschutzgesetz stehen keine Verbote, vielmehr geht es um Unterstützungsleistungen durch den Bund an Unternehmen und Private. Es ist wohl einer der Gründe, weshalb die FDP als liberale Partei dem Gesetz zustimmt. Aber wieso ist die SVP – trotz Verzicht auf Verbote – gegen das Gesetz? Das Netto-Null-Ziel hiesse faktisch, dass es irgendwann Verbote geben würde, sagt SVP-Rüegger dazu. Dies, wenn die Zwischenziele auf dem Weg dazu nicht eingehalten würden.
Priska Wismer sagt zu diesem Thema: «So wie Sie jetzt unterwegs sind und das Kleinste bekämpfen, müssten Sie eigentlich Unterschriften sammeln gegen das Netto-Null-Ziel.»
Glättli wirft den Gegnern des Gesetzes Verlogenheit vor: Zwischenziele seien wichtig – eben genau, damit Verbote verhindert werden könnten. Er verstehe nicht, warum man auch die kleinsten Schritte auf dem Weg zu Netto-Null bekämpfen müsse. Doch Monika Rüegger besteht auf ihrem Argument: «Das nützt nichts, wenn wir keinen Plan haben!»
«Keinen Plan? Dann weiss ich nicht, ob wir in derselben Kommission sitzen», wirft Wismer von Der Mitte ein. Und FDP-Noser pflichtet bei: «Es gäbe sehr wohl einen Plan, du kennst ihn vielleicht nur nicht.»
Dann folgt Moderatorin Lüthis erster Versuch, die Diskussion auf das Thema Technologien zu lenken: «Haben wir das Rennen bei Technologien verloren – zum Beispiel gegen China?», will sie wissen.
Doch vor allem die Gegner lassen sich selten auf die konkreten Fragen ein. Rüegger kommt stattdessen ihrerseits mit dem Vorwurf der Verlogenheit: Die Gegner seien unehrlich, mit dem Gesetz mache man sich nämlich noch abhängiger vom Ausland, weil der Schweiz bald der Strom ausgehen würde. «Die Solarpanels kommen aus China, den Atomstrom importieren wir aus Frankreich und Strom aus Kohlekraft aus Deutschland», meint Rüegger.
Barbara Lüthi will immer wieder auf das Gesetz konkret zurückkommen. Sie fragt erneut: «Was macht das Gesetz für die Technologien und die Unternehmen in der Schweiz?» Diana Gutjahr findet: wenig bis nichts. Es komme zu einer Art «Deindustrialisierung», da die Industrieunternehmen auswandern würden, weil die Schweiz viel zu streng sei.
Noser ist nicht einverstanden; das Klimaschutzgesetz helfe insbesondere den kleinen Unternehmen, das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Die Grossen hätten sich zumeist sowieso schon verpflichtet. Ausserdem: «Jedes grosse Unternehmen kriegt heute ein Telefon von der UNO, die wissen will, ob man sich bereits zu etwas verpflichtet hat. Das passiert vom Ausland her, die Schweiz ist nicht streng!»
Es folgt Versuch Nummer drei: Lüthi will von Gutjahr wissen, was das Gesetz konkret in ihrem Unternehmen bewirken könne. Gutjahr meint: «Ich müsste vermutlich zuerst jemanden anstellen, der sich durch den Gesetzesdschungel kämpft.» Und sowieso verspreche das Gesetz vielen Branchen viel, die meisten würden aber gar nicht davon profitieren.
Dann ruft Barbara Lüthi in Erinnerung, dass Gutjahr bereits vor einigen Jahren im «Club» sass und gegen das CO₂-Gesetz argumentierte. Damals habe sie gesagt, man solle nicht mit Verboten arbeiten, sondern mit Innovation und Unterstützung – das habe es ja jetzt in dem Gesetz. Gutjahr: «Ja, aber nicht mit Subventionen, Innovation kommt nicht über Subvention oder auf Knopfdruck.» Sie würde hingegen lieber auf Steuerabzüge setzen.
Noch immer versucht Lüthi, auf die Technologien zu sprechen zu kommen, aber irgendwie möchte niemand so richtig darüber reden.
SVP-Rüegger, die findet, kein Gletscher würde aufgrund des Gesetzes nachwachsen, gibt stattdessen ein gängiges Argument der SVP wieder – dass die Schweiz nur einen kleinen Teil der weltweiten CO₂-Ausstösse ausmache. «Wir können machen, was wir wollen, es wird überhaupt nichts bringen fürs Weltklima. Was abgeht, ist für mich ein Klimaterrorismus.»
Das Ganze ist ein Steilpass für Glättli: «Ich lasse Sie lieber reden. Sie erzählen so viel Blasch, dass das gescheiter ist, weil dann die Leute hören, was Sie Komisches denken.» Von rechts bis links habe das Parlament sich zu einem Kompromiss durchgerungen. Dieser gehe ihm persönlich viel zu wenig weit, aber er sei immerhin etwas. «Das ist unsere Demokratie, das ist nicht Terrorismus. Seien Sie wenigstens ehrlich und sagen Sie: ‹Klimaschutz und der Beschluss im Parlament sind uns egal.›»
Doch Rüegger lässt nicht locker: Die Schweiz mache schon so viel, und angesichts der Zuwanderung sei das pro Kopf umso höher einzuschätzen. Hier entgegnet Landwirtin Wismer: «Netto-Null ist Netto-Null, da ist pro Kopf egal!»
Sowieso: Was heisst eigentlich Netto-Null genau? Neben dem Fakt, dass das Klimaschutzgesetz keine Verbote enthält, lernt die neutrale Zuschauerin hier den zweiten wichtigen Punkt: Barbara Lüthi stellt nämlich klar, dass Netto-Null ebenfalls nicht bedeutet, dass man kein CO₂ mehr ausstossen dürfe – man muss die ausgestossene Menge nur wieder absorbieren.
Und dazu möchte die Moderatorin noch ein letztes Mal wissen: Bringe das Klimaschutzgesetz auch etwas für Unternehmen wie Climeworks – ein Schweizer Start-up, das CO₂ aus der Luft filtert und in ein Gewächshaus überführt? Noser findet: ja. Dazu müsse man nämlich wissen, dass gerade Climeworks nach Island auswanderte – aufgrund der fehlenden Investitionen.
Ob es auf dem Weg zum Schweizer Netto-Null-Ziel nicht doch noch zu Verboten kommen muss, könnte also nicht unerheblich von (Schweizer) Technologien abhängen. Ausgerechnet das Thema, über das keiner wirklich reden wollte.
Danke. 🙏