Immer schneller, immer öfter, immer moderner: Die Kunden bekommen den Ausbau des öffentlichen Verkehrs in der Schweiz zu spüren - auch finanziell. Bahn-, Bus- und Schifffahren wird nächstes Jahr um durchschnittlich 2,9 Prozent teurer. Der nicht rentable Regionalverkehr ist der grösste Kostentreiber.
«Es gibt eine Deckungslücke von 90 Millionen Franken im regionalen Personenverkehr», sagte Ueli Stückelberger, Direktor des Verbands öffentlicher Verkehr (VöV), am Freitag vor den Medien in Bern. Die Erträge wüchsen nicht gleich schnell, wie das Angebot ausgebaut und das Rollmaterial erneuert werde. «Wir müssen dies ausgleichen.»
Die 120 VöV-Mitglieder seien deshalb zum Schluss gekommen, dass auch die Preise für die Kunden steigen müssten. Er betonte zugleich, dass nicht die ganze Finanzierungslücke auf die ÖV-Benutzer abgewälzt werde. «Es ist eine moderate Tariferhöhung», sagte Stückelberger. Er habe kein schlechtes Gewissen: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs habe halt auch seinen Preis.
Ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 werden sowohl die Abonnemente als auch die Einzeltickets um rund 3 Prozent teurer. Das 2.-Klasse-Generalabonnement für Erwachsene kostet neu 3655 Franken - ein Plus von 105 Franken. Fürs 1-Jahres-Halbtax zahlt der Kunde ab Dezember 180 Franken statt wie bisher 175 Franken.
Der Preisüberwacher wurde über die beschlossenen Tariferhöhungen informiert. Die lineare Erhöhung stelle sicher, dass alle Reisenden gleich stark an den ungedeckten Kosten partizipieren, sagte Stückelberger. «Es ist keine Strafe für die Pendler.»
Vor zwei Jahren waren die Tarife zum letzten Mal angehoben worden, damals um rund 5 Prozent. Da die Trassenpreise gleichzeitig stiegen, blieb den Transportunternehmen unter dem Strich nichts, wie Stückelberger erklärte. «Die jetzige Tariferhöhung ist die erste seit 2011, die dem Personenverkehr bleibt.»
Pikant am Preisanstieg ist die Tatsache, dass Bund und Kantone gleichzeitig weniger Geld in den regionalen Personenverkehr stecken. «Die Beiträge der öffentlichen Hand im laufenden Jahr sollen gegenüber der Planung um 2,5 Prozent gesenkt werden», sagte Postauto-Chef Daniel Landolf. Für 2015 sind noch einmal ein Prozent tiefere Beiträge vorgesehen.
«Wir müssen also die Ausgaben vermindern und die Einnahmen steigern.» Die öffentliche Hand und die Unternehmen könnten das laufend wachsende ÖV-Aufkommen nicht alleine finanzieren. Einen Teil des Zusatzangebots müssten also die Fahrgäste decken. Der Eigenfinanzierungsgrad durch Billetteinnahmen und Werbeerträge liegt im regionalen Personenverkehr heute nur bei gut 50 Prozent.
Auch einige regionale Verkehrsverbunde, darunter der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV), beabsichtigen, die Billett- und Abopreise leicht zu erhöhen. In den Regionen und Kantonen sei die Wunschliste mit Angebotserweiterungen im regionalen Personenverkehr lang, sagte Landolf. Mehr Busse und Züge seien aber nicht zum Nulltarif zu haben.
Laut Stückelberger ist es zwar kein Ziel, die Tarife ins Unermessliche zu erhöhen. Trotzdem gebe es «keine absolute Schmerzgrenze» bei den Preisen. Der ÖV stecke insofern in einem Dilemma, als dass die Branche ihre Arbeit nicht einfach ins Ausland verlagern könne, um Kosten zu sparen.
Deshalb fordert Stückelberger eine langfristige Planbarkeit - vor allem bei Bund und Kantonen. Denn auch die beschlossenen Tarifmassnahmen könnten das 90-Millionen-Franken-Finanzloch nicht stopfen. Dieses Problem müsse politisch gelöst werden.
Eine Motion, die Massnahmen zur finanziellen Sicherung des regionalen Personenverkehrs verlangt, wurde im vergangenen Dezember vom Ständerat angenommen. Der Nationalrat behandelt das Geschäft voraussichtlich am kommenden Dienstag an der Sondersession. Die vorberatende Kommission hat der Motion bereits zugestimmt. (tvr/sda)