Der oberste Steuerverwalter Adrian Hug stellt einen international immer härter werdenden Kampf um die Firmenansiedlungen fest. Die Schweiz sollte sich seiner Meinung nach vermehrt um Firmen mit Substanz bemühen und weniger um Sitzgesellschaften.
"Wir müssen schauen, dass Firmen mit Substanz zu uns kommen", sagte Hug, Chef der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV), in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag". Solche Firmen würden Personal anstellen, eine Tätigkeit ausüben sowie Wertschöpfung generieren - ihr Zuzug sei deshalb nicht nur für die Steuereinnahmen, sondern auch für den Arbeitsmarkt positiv.
Zu diesem Strategiewechsel in der Standortpolitik wird die Schweiz unter anderem durch neue internationale Steuerregeln gezwungen. Das OECD-Projekt BEPS soll dazu beitragen, dass Gewinne dort versteuert werden, wo Unternehmen sie erzielen. Konkret soll damit der Transfer von Gewinnen in Tiefsteuerländer wie die Schweiz verhindert werden.
Für die Schweiz sei dieser Aktionsplan von "sehr grosser Bedeutung", sagte Hug. Allerdings sieht er darin eher eine Chance als ein Risiko: "Wenn es klare globale Regeln gibt, die einen fairen Wettbewerb installieren, können wir mit unseren tiefen Steuersätzen gut mithalten." Die Regeln würden auch Unsicherheit beseitigen.
In den internationalen Gesprächen setze sich die Schweiz dafür ein, dass sich alle Länder an die Regeln halten müssten. Zudem müssten auch Faktoren berücksichtigt werden, die nicht direkt mit den Steuern zu tun hätten, sagte Hug. "Auf diesem Gebiet betreiben andere Länder viel aggressiver Standortförderung als wir." Beispiele sind: Subventionen, Gratis-Land oder Infrastruktur-Finanzierung.
In den vergangenen Wochen sorgten die Ankündigungen in der Schweiz ansässiger Konzerne für Aufsehen, die ihren Sitze ins Ausland verlegen wollen. Erst am Freitag hatte der in Neuhausen SH domizilierte Grosskonzern Tyco seine Pläne bekanntgegeben, nach Irland zu ziehen.
Zur geplanten Unternehmenssteuerreform III in der Schweiz stellt Hug fest, dass eine Kapitalgewinnsteuer heute nicht mehr tabu sei. Diese könnte dafür eingesetzt werden, die drohenden Einnahmeverluste der Kantonen wegen Steuersenkungen für Unternehmen zu kompensieren. Sie könnte bis zu einer Milliarde Franken pro Jahr einbringen.
"Für uns ist klar, dass die Entlastung von Unternehmen nicht einfach über die stärkere Besteuerung von natürlichen Personen finanziert werden darf." Darum werde auch die Idee einer Kapitalgewinnsteuer verfolgt. Heute gibt es diese Steuer, die beispielsweise auf Börsengewinnen Privater anfällt, nicht. (aeg/sda)