Der Zutritt ist exklusiv und setzt eine Mitglieder-Karte voraus. Engros-Märkte richten sich in erster Linie an Gastronomen - sei es die Geschäftsführerin des Hotelrestaurants, der Cafetier um die Ecke oder die städtische Cateringfirma. Die Produkte gibt es meistens im XL-Umfang: 12 Liter-Packungen Vollrahm, 1 Kilo Kalbsschulterbraten oder 10 Ketchup-Flaschen.
Doch nun wagt die St. Galler Engros-Kette Top CC einen Tabubruch. Die Tochterfirma des Detailhändlers Spar öffnet ihre Märkte auch für private Konsumentinnen und Konsumenten - für jene also, die sonst ihre Einkäufe bei Migros, Coop, Aldi oder Lidl erledigen. Vor kurzem hat die Firma mit elf Filialen entsprechende Werbebriefe an Privathaushalte verschickt mit dem Titel: «Es weihnachtet sehr...auch Sie können jetzt bei Top CC profitieren.» Bereits 2019 und 2020 öffnete die Firma zeitweise für alle - damals war allerdings noch von einem Test die Rede.
Top-CC-Geschäftsführer Dominic Möckli bestätigt auf Anfrage die Offensive: «Es ist in erster Linie eine Reaktion auf die Folgen der Pandemie.» Was Möckli damit meint: Viele Umsätze sind in den letzten knapp zwei Jahren weggebrochen, weil die Restaurants lange geschlossen hatten und deutlich weniger Gäste bewirteten. «Diesen Wegfall müssen wir irgendwie kompensieren, wenn wir unsere über 400 Arbeitsplätze sichern möchten.»
Kommt hinzu: «Bei vielen Familien-Betrieben, sei es dem ‹Rössli›, dem ‹Bären› oder dem ‹Hirschen›, fehlt eine Nachfolgelösung und die Inhaberinnen und Inhaber geben ihr Geschäft auf.»
Gerade zu Pandemie-Zeiten seien die Top-CC-Geschäfte ein optimaler Einkaufsort, da das Abstandhalten dank den breiten Gängen und grossen Verkaufsflächen gut machbar sei. «Und wir haben tiefere Kundenfrequenzen als die klassischen Detailhändler», sagt Möckli.
Der Top-CC-Geschäftsführer ist sich allerdings bewusst, dass er mit der Werbeoffensive einen gewissen Balanceakt vollzieht: «Es gefällt nicht jedem Gastronomen, wenn auch Privatkunden bei uns einkaufen und sehen, zu welchen Preisen ihr Wirt die Lebensmittel bezieht.» Diese seien nun mal tiefer als bei den Detailhändlern, wegen der grösseren Mengen, aber auch wegen der tieferen Kostenstruktur. Dafür müssten sich die Gastronomen aber nicht schämen, findet Möckli. «Schliesslich verarbeiten sie die Ware und bereiten daraus ein feines Essen und bieten ein Ambiente. Das gilt es beim Preis auf der Menükarte zu berücksichtigen.»
Dass die Werbebriefe im November verschickt wurden, ist denn auch kein Zufall: Möckli erhofft sich uns einen grossen Schub vor dem Weihnachtsgeschäft, insbesondere beim Fleisch-Verkauf fürs Festessen. «Bei den Bestsellern wie Rindsentrecôtes, Poulet-Geschnetzeltem oder Schweinsplätzli sind wir beim Kilopreis bis zu 40 Prozent günstiger als Migros und Coop», sagt Möckli. Zudem habe man eine bediente Theke, bei der man auch kleinere Fleischstücke verlangen dürfe.
Die Top-CC-Einkaufskarte ist gratis und die Preise sind für Gastronomen und Privatkonsumenten die gleichen, allerdings profitieren die Gastrokunden von Spezialprogrammen, Grossmengenpreisen und Rückvergütungen.
Top CC ist nicht der erste Tabubrecher der Branche. 2012 expandierte das Westschweizer Familienunternehmen Aligro in die Deutschschweiz und setzte von Anfang an auf eine komplette Öffnung des Geschäfts, ohne Exklusivität für Gastronomen. Die welsche Firma profitierte laut eigenen vom Rückzug des französischen Detailhändlers Carrefour, der seine Schweiz-Expansion 2008 nach sieben Jahren aufgab und seine zwölf Mega-Stores für 470 Millionen Franken an Coop verkaufte. «Wir hören oft von Kunden, dass sie Carrefour vermissen», sagte der Aligro-Chef 2012 gegenüber der Zeitung «Der Sonntag».
Und wie reagiert die Konkurrenz? Die Cash&Carry-Händlerin Prodega, die zur Coop-Grosshandelsfirma Transgourmet gehört, richtet sich laut Sprecherin Christine Strahm «ausschliesslich an Profis aus Gastronomie, Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung, Detailhandel, Bäckereien und Gewerbe». Der Einlass sei nur mit einer persönlichen Kundenkarte möglich. Einzig während der Phase grosser Unsicherheit von März bis Juli 2020 seien die 31 Geschäfte temporär für Privatkunden geöffnet worden. «Wir halten an dieser restriktiven Einlasspraxis für Profikunden fest.»
Und auch die ehemalige Migros-Grosshändlerin Saviva, die heute der Firma Traitafina gehört, ist eine Öffnung für Privatkunden kein Thema: «Das kommt für uns nicht in Frage», sagt Marketingchef Roger Juon. Top-CC-Chef Dominic Möckli will erst im Januar Bilanz ziehen - aber er riecht derweil den Braten: «Ich bin zuversichtlich, dass unsere Aktion insbesondere vor den Festtagen Erfolg haben wird.» (aargauerzeitung.ch)
Denoch wäre das wohl nichts für mich, da ich als Single schon oftmals die abgepackten Portionen bei den Grossverteilern zu gross finde.