Ein einziger weltweiter Standard für den automatischen Informationsaustausch zwischen Steuerbehörden: Diesem Ziel ist die OECD beim Gipfel der G20-Finanzminister in Sydney einen weiteren Schritt näher gekommen. Sie erwartet, dass auch die Schweiz mitzieht.
Die OECD hat den eben erarbeiteten Standard zum automatischen Informationsaustausch an diesem Wochenende den G20-Finanzministern vorgestellt. Die Vorlage des Weltstandards sei die erste von drei Stufen, sagte OECD-Steuerchef Pascal Saint-Amans am Sonntag vor den Medien in Sydney.
Bis im September gelte es nun, die technischen Anwendungen für den Datenaustausch zu erarbeiten. Damit erhielten etwa die Banken IT-Instrumente, um den Informationsfluss umzusetzen.
Danach liege es an den einzelnen Staaten, Abkommen abzuschliessen, die den automatischen jährlichen Austausch von Finanzinformationen ermöglichten. Die G20-Länder hätten am Gipfel signalisiert, dass dies «so schnell wie möglich» geschehen solle, sagte Saint-Amans.
Nach dem neuen Standard müssen Steuerbehörden Kontostände, Erlöse aus Finanzgeschäften, Zinsen, Dividenden sowie Erträge aus gewissen Versicherungsverträgen von ausländischen Steuerpflichtigen jährlich an deren Heimatland melden. Kontoinhaber müssen mit Namen, Adresse, Steueridentifikationsnummer sowie Geburtsort und -datum identifiziert werden.
Der Standard fusst auf dem US-Abkommen FATCA. Der Vorteil liegt laut Saint-Amans darin, dass die Staaten sich damit auf ein einziges weltweites System beschränken können. «Es handelt sich dabei um eine multilaterale Ausweitung des FATCA-Abkommens», betonte der OECD-Steuerchef.
42 Länder verpflichteten sich bereits, den Standard anzuwenden. «Natürlich erwarten wir, dass die Schweiz das auch tut», sagte Saint-Amans. Der Bundesrat kündigte an, den Standard umsetzen zu wollen, sobald die wichtigen Finanzplätze dies auch getan haben.
Vergangene Woche hatte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» indes angekündigt, dass der Informationsaustausch für die Schweiz rascher kommen dürfte als bislang erwartet. Das könnte bedeuten, dass die Schweiz schon relativ bald mit der EU oder mit EU-Ländern über den Informationsaustausch sprechen wird. Mit den USA wird wegen des US-Steuergesetzes FATCA bereits im Sommer ein faktischer Automatismus eingeführt.
«Wir schliessen alle Schlupflöcher», sagte Saint-Amans. Damit werde nicht nur Steuerbetrug bekämpft, sondern auch das Vertrauen in die Steuersysteme wiederhergestellt. Die Kosten, die der Standard verursache, seien lediglich «marginal», zumal für jene Staaten, die mit FATCA bereits ein System zum Datenaustausch implementiert hätten.
Die Schweizer Bankenvereinigung hatte als Reaktion auf den Standard bezweifelt, dass die USA Gegenseitigkeit gewähren würden. Darauf angesprochen, zeigte sich Saint-Amans erstaunt. Die Schweiz habe ihrerseits ein Model für den Informationsaustausch mit den USA gewählt, das keine Gegenseitigkeit vorsehe. Es mute nun seltsam an, wenn die Schweizer Banken ausgerechnet diesen Aspekt am OECD-Standard kritisierten.
Saint-Amans äusserte sich auch zu den geplanten Massnahmen gegen die Aushöhlung der Steuerbemessungsgrundlage und die Gewinnverlagerung durch multinationale Firmen (BEPS), die damit ihre Steuern stark senken können. «Die Unternehmen machen nur ihren Job», sagte er. «Daher müssen wir das Gesetz ändern.»
Zu den 15 vorgesehenen Massnahmen gehört auch die Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken. Im September werde die OECD einen Bericht vorlegen, der sich mit dem Thema Steuern und digitale Wirtschaft beschäftigt. (rey/sda)