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Swisscom erhält Busse im Glasfaserstreit

Swisscom erhält 18-Millionen-Busse im Glasfaserstreit – und prüft Rekurs

25.04.2024, 07:2525.04.2024, 08:13
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Die Swisscom hat im Glasfaserstreit eine Busse von der Eidgenössischen Wettbewerbskommission (Weko) erhalten. Die Kartellwächter halten die Bauweise des Glasfasernetzes für wettbewerbswidrig und haben den Telekomkonzern zu einer Strafzahlung von rund 18 Millionen Franken verdonnert.

Dies teilte die Weko am Donnerstag in einem Communiqué mit. Im Dezember 2020 hatten die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau der Swisscom mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht verstösst laut Weko gegen das Kartellrecht. Die Wettbewerbskommission pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt.

Nur so können Konkurrenten der Swisscom den Kunden eigene Internetangebote machen, die sich von jenen der Swisscom unterscheiden, und beispielsweise höhere Surfgeschwindigkeiten anbieten als der «Blaue Riese». Zudem erhält so jeder Haushalt eine Direktleitung in die Telefonzentrale und muss sich nicht die Zuleitung mit den Nachbarn teilen.

Weko: Swisscom hätte Marktstruktur verändert

Ohne Eingriff der Weko hätte die Swisscom «die bestehende Marktstruktur verändert und für sich selbst ein faktisches Monopol geschaffen. Konkurrentinnen wären ihrer Innovations- und Geschäftsmöglichkeiten weitgehend beraubt und Konsumenten sowie Geschäftskunden in der Wahl ihrer Anbieterin und in der Produktevielfalt stark eingeschränkt worden», schrieben die Wettbewerbshüter.

Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Weko lange daran festgehalten.

Die Kartellwächter schrieben:

«Die Einsparungen in finanzieller und zeitlicher Hinsicht sind jedoch nach Auffassung der Weko nicht genügend, um die Beseitigung des bisherigen Wettbewerbs auf Generationen wettzumachen. Die bedeutendsten Innovationsschübe und Preissenkungen auf dem Glasfasernetz gingen bisher von Konkurrentinnen und nicht von der Swisscom aus. Das wäre künftig nicht mehr möglich gewesen.»

Swisscom lenkt ein

Im Oktober 2022 hatte die Swisscom dann die Kehrtwende vollzogen. Denn der Druck durch hunderttausende blockierte Anschlüsse, die nicht in Betrieb genommen werden dürfen, wurde zu gross. Nun baut der Konzern wieder Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten. Zudem hat der «blaue Riese» zehntausende blockierte Anschlüsse umgebaut und dadurch mit Direktleitungen versehen.

Insgesamt waren Ende 2023 noch rund 500'000 Glasfaseranschlüsse blockiert, die nur eine Zuleitung für mehrere Haushalte haben. Die Swisscom will diese blockierten Anschlüsse nun teilweise umbauen.

Die Busse ist allerdings noch nicht rechtskräftig. Die Swisscom kann die Busse vor Bundesverwaltungsgericht anfechten.

Weiterer Ausbau geplant

Ende 2023 waren knapp 2,5 Millionen der Wohnungen und Geschäfte mit Glasfasern erschlossen. Das sind 46 Prozent aller Haushalte und Geschäfte.

Bis Ende 2025 will die Swisscom die Glasfaserabdeckung auf 57 Prozent erhöhen, bis 2030 auf 75 bis 80 Prozent. «Inklusive Drittnetze werden bis 2025 rund zwei Drittel der Wohnungen und Geschäfte in der Schweiz über einen Glasfaseranschluss verfügen», schrieb der Konzern.

Swisscom prüft Rekurs

Die Swisscom ist mit der Weko-Busse von 18 Millionen Franken im Glasfaserstreit nicht einverstanden. Der Entscheid der Wettbewerbskommission sei nicht nachvollziehbar, erklärte der Telekomkonzern am Donnerstag in einer Stellungnahme. Die Swisscom behält sich vor, den Entscheid ans Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen.

Denn der Branchenprimus ist entgegen der Meinung der Weko der Ansicht, «sich wettbewerbsrechtlich korrekt verhalten zu haben». Auch bei der geänderten Ausbauweise der Glasfasernetze mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht hätten die Konkurrenten ohne Diskriminierung einen Datenstrom zu einem bestimmten Anschluss beziehen können. Damit hätten sie wie bisher ein komplettes und wettbewerbsfähiges Angebot mit Telefonie, Internet und TV anbieten können, erklärte der «blaue Riese».

Das Ausbaumodell mit nur einer Zuleitung bis zum Strassenschacht sei überdies in den allermeisten europäischen Ländern vorherrschend, von den Telekomregulatoren akzeptiert und kartellrechtskonform. Diese Bauweise sei effizienter und billiger.

(rbu/awp/sda)

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79 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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RTFM
25.04.2024 07:53registriert Mai 2021
Danke init7. 👍 Fand die Kommunikation von Swisscom unterirdisch. Sie haben jeden Moment genutzt anderen die Schuld zu geben. Auch die Aussage mit den Mehrkosten mag zwar stimmen sollte aber auf die erwartete Lebensdauer eines solchen Anschlusses einen nur minimalen Einfluss haben. Ich hoffe die P2MP Kunden welche den Anschluss schon haben aber nicht aufgeschaltet sind, werden bald ihr P2P Anschluss kriegen.
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humschti
25.04.2024 07:43registriert März 2021
Gut so, endlich ist das Urteil da. Ich finde, dass die Swisscom zu günstig davonkommt (einmal mehr). Aus diesem Grund sollten nun aber die tränenreichen Swisscom Statements endlich aufhören und mit der Reparatur der illegalen P2MPs vorwärts gemacht werden.
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thomy81
25.04.2024 07:50registriert Mai 2015
Was für eine lächerliche Strafe für das, dass man wiederholt versucht hat ein Monopolnetz aufzubauen. Eine Milliardenfirma wie Swisscom lacht sich doch kaputt ab 18 Millionen. Da müssen wohl einige aus Bern auf die Weko Druck gemacht haben. Für mich unverständlich das die Busse so tief ausfällt. Immerhin haben Sie es trotz Abmachungen am runden Tisch vor 15 Jahren, nach wenigen Jahren ohne Absprachen geändert und wollten sich so nicht nur weniger Ausbaukosten sondern auch mehr Einnahmen durch Mitbewerber erschleichen. Ein Grund mehr wieso das Netz in eine eigene Firma ausgelagert werden sollte
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