In nahezu jedem Haushalt stehen sie im Putzmittelschrank: Desinfektionsmittel. Auf der Verpackung finden sich häufig zwei Chemikalien, die womöglich gefährlicher sind als bisher gedacht. Zumindest fehlen aussagekräftige Studien, die eine mögliche Gefährlichkeit der Stoffe für Menschen und Tiere untersucht haben.
Amerikanische Forscher stellten jetzt fest, dass Labormäuse sehr empfindlich auf diese Inhaltsstoffe reagieren: Ihre Fruchtbarkeit nahm erheblich ab, vom berich te n Te rry Hrubec und Patricia Hunt von der Virginia-Maryland College of Veterinary MedicineWashington State University.
Die Entdeckung war eher zufällig: Hrubec fiel auf, dass ihre Labormäuse auffällig wenig Nachwuchs bekamen. Und sie beobachtete, dass alle Labormitarbeiter sich ausgiebig die Hände desinfizierten, bevor sie die Mäuse berührten. Als sie schliesslich , der beschrieb, dass ihre Kollegin Patricia Hunt von der Washington State University ähnliches beobachtet hatte, vermutete sie einen Zusammenhang. Die beiden beschlossen, ihrem Verdacht nachzugehen. im Fachmagazin «Nature» einen Artikel entdeckte
In dem Desinfektionsmittel machten die Forscherinnen zwei verdächtige Substanzen aus: Benzalkoniumchlorid und Didecyldimethylammoniumchlorid. Diese beiden Ammoniumverbindungen stecken nicht nur in vielen Desinfektionsmitteln, sondern kommen auch in Reinigern, Kosmetikprodukten, Shampoos, Weichspülern, Schwimmbädern, Nasen- und Augentropfen vor.
«Wir haben die Wirkung dieser beiden Stoffe auf die Mäuse getestet», sagt Hrubec. Daraufhin dauerte es länger, bis die Mäusemütter schwanger wurden, und sie bekamen weniger Nachwuchs. Im Schnitt 4 von 10 Mäusen starben zudem im Spätstadium der Schwangerschaft oder während der Geburt. Die Ergebnisse sollen werden. im Fachmagazin «Reproductive Toxicology» veröffentlicht
Aus früheren Untersuchungen ist bereits die Wirkung von Benzalkoniumchlorid auf Spermien bekannt: Sie werden bewegungsunfähig.
Die Frage, ob die verbreiteten Chemikalien für den Menschen oder andere Tiere schädlich sind, kann aber noch nicht beantwortet werden. «Wir wissen es einfach nicht», sagt Hrubec. Bisher sind keine schädlichen Wirkungen bekannt, obwohl die Chemikalien seit 50 Jahren verwendet werden. «Sie gelten zwar als ungefährlich, aber bisher hat niemand gründliche Forschung dazu betrieben, um das auch zu bestätigen», sagt Hrubec.
Das Problem: Als die Substanzen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren auf den Markt kamen, gab es zwar Tests zu ihrer Wirkung. Doch die wurden von den Herstellern der Produkte durchgeführt – und nie veröffentlicht. Ausserdem fanden die Studien statt, bevor Verträglichkeitsstudien standardisiert wurden, bemängelt Hrubec.
Die fruchtbarkeitshemmende Wirkung, die Hrubec und Hunt jetzt in Versuchen mit ihren Labormäusen feststellten, muss nun am Menschen untersucht werden. Es könne durchaus sein, betont Hrubec, dass die Chemikalien für Menschen nicht schädlich sind. Aber sie ist vorsichtig: «Sollten sie es doch sein», sagt sie, «könnten sie dazu beigetragen haben, dass unsere Fruchtbarkeit in den vergangenen Jahrzehnten abgenommen hat und wir immer häufiger auf Reproduktionstechniken wie die In-Vitro-Befruchtung angewiesen sind.»
Besonders Menschen, die den Chemikalien häufig ausgesetzt sind – wie medizinisches Personal oder Leute, die in der Lebensmittelindustrie arbeiten und streng auf Hygiene achten –, müssten untersucht werden. So liesse sich klären, ob insbesondere die Frauen dieser Berufsgruppen grössere Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden. (anf/khü)