Kaum eine Religion, die etwas auf sich hält, kennt das Fasten nicht. Der Verzicht auf Nahrung gilt als gottgefälliges Opfer und soll dem Seelenheil des Gläubigen dienen. Auch in esoterischen Kreisen ist das Fasten – bis hin zur sogenannten Lichtnahrung – hoch angesehen; man verspricht sich davon nicht nur einen gesundheitsfördernden Effekt, sondern auch spirituellen Gewinn.
Die Ursprünge des Fastens liegen vermutlich, zumindest in unseren Breitengraden, in der unangenehmen Tatsache, dass die Lebensmittel gegen Ende des lebensfeindlichen Winters knapp wurden. Der erzwungene Nahrungsverzicht liess sich mit einer spirituellen Deutung möglicherweise leichter ertragen; beispielsweise als Zeit der Reinigung vor der Wiedergeburt der Natur im Frühling.
Das Christentum mit seiner Fastenzeit vor Ostern – dem Fest der Auferstehung Christi – erinnert stark an diese Symbolik. Aber auch bei den Baha'i gibt es eine Fastenzeit im Frühjahr, die unmittelbar vor dem astronomischen Frühlingsanfang mit dem Nouruz-Fest endet.
Bei den Katholiken dauert die Fastenzeit vor Ostern 40 Tage. Dieser Zeitraum, griechisch Tessarakoste, lateinisch Quadragesima genannt, ist durch die 40 Fasttage inspiriert, die Jesus selber in der Wüste verbracht haben soll. Die Zahl 40 spielt auch sonst eine wichtige Rolle: Elias wanderte 40 Tage zum Berg Horeb, Moses blieb 40 Tage auf dem Berg Sinai und die Israeliten zogen 40 Jahre durch die Wüste.
Die Fastenzeit beginnt mit dem Aschermittwoch und endet am Karsamstag. Wer sich die Mühe nimmt, die Tage zu zählen, wird feststellen, dass es nicht 40 sind. Das liegt daran, dass die Sonntage vom Fasten ausgenommen sind und der Erholung dienen.
Ohnehin ist das christliche Fasten nicht allzu streng: Seit den 60er Jahren sind nur noch der Aschermittwoch und der Karfreitag strenge Fast- und Abstinenztage. Überdies wird nicht generell auf Nahrung verzichtet, sondern oft nur auf bestimmte Speisen wie Fleisch. Der Verzicht kann sich auch auf andere Genüsse oder Gewohnheiten erstrecken, zum Beispiel Internet oder Fernsehen.
Auch die Muslime kennen eine Fastenzeit: Im Fastenmonat Ramadan, dem neunten Monat des islamischen Mondkalenders, dürfen die Gläubigen von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang weder essen noch trinken. Auch rauchen oder Sex ist verboten. Von der Pflicht zum Fasten sind Kinder, Schwangere, Kranke und Reisende ausgenommen.
Nach Sonnenuntergang wird das Fasten traditionell mit einer ungeraden Anzahl von Datteln und etwas Wasser gebrochen; oft wird danach besonders gutes Essen gereicht. Der Ramadan endet mit dem Fest des Fastenbrechens (Eid al-Fitr).
Das islamische Fasten, eine der fünf Säulen des Islam, ist streng. In manchen islamischen Ländern ist es im Strafgesetzbuch vorgeschrieben; so steht in Marokko auf öffentliches Fastenbrechen Gefängnis bis zu sechs Monaten. Dagegen regt sich in den letzten Jahren Widerstand: Besonders im Maghreb teilen Jugendliche Bilder in den Social Media, auf denen sie essen, trinken und rauchen.
Das Judentum kennt keine längere Fastenzeit, sondern mehrere Fasttage im Ablauf des Jahres. An diesen Tagen wird während 24 oder gar 25 Stunden auf jegliche Nahrungsaufnahme verzichtet. Am wichtigsten ist der Versöhnungstag Jom Kippur, der höchste Feiertag im jüdischen Kalender. An diesem Tag fasten oft auch weniger religiöse Juden.
Im Buddhismus gibt es ebenfalls keine eigentliche Fastenzeit. Fasten gilt als Teil der Askese, bei der jedoch nicht kompletter Verzicht geübt werden sollte. Übersteigerte Askese betrachten die Buddhisten ebenso als extrem wie Genusssucht.