Männer verfallen gelegentlich in den Wahn, Frauen würden ihr Geschlechtsteil attraktiv finden. Das endet meist schlecht. 2011 musste der US-Abgeordnete Anthony Weiner zurücktreten, weil er ungefragt jungen Frauen Fotos seines vermeintlich besten Stückes gemailt hatte. Im vergangenen Jahr geriet Geri Müller, Stadtpräsident von Baden, wegen verschickter Penis-Bilder ebenfalls in gröbere Schwierigkeiten.
Nun berichtet der «Blick» von einer Penisstudie des Kinderspitals Zürich. 105 Frauen mussten das beste Stück von 20 Männern begutachten. Für ein Boulevardblatt eine gefundene Schlagzeile im Sommerloch, doch auch eine Bereicherung für die Wissenschaft? Wohl kaum.
In nachrichtenarmen Zeiten hilft man sich in der Boulevardpresse immer wieder mal gerne mit Empörung über solche Studien über die Runden, zumal in der Regel Rechtspopulisten begeistert in den Protestchor einstimmen. Müssen wir Steuergelder dafür ausgeben, damit das Paarungsverhalten von homosexuellen Mäusen untersucht wird? Oder um zu erforschen, dass High Heels Frauen zu einem schnelleren Orgasmus verhelfen?
Die Empörung ist jedoch meist noch dümmer als die Studien, denen sie gewidmet ist. Die SVP musste beispielsweise vor ein paar Monaten eine peinliche Niederlage einstecken, als sie eine Einschränkung der Studenten für Sozialwissenschaften forderte. Weniger Soziologen, Ethnologen, Psychologen und Historiker brauche das Land, dafür mehr Ingenieure, Mathematiker und Physiker. Dumm bloss, dass die Jobstatistik deutlich mehr arbeitslose Natur- als Sozialwissenschaftler ausweist.
Dass die Wissenschaft frei forschen darf und soll, ist eine grosse Errungenschaft der Aufklärung. Galileo hat bewiesen, dass die Erde rund ist, obwohl das der katholischen Kirche damals überhaupt nicht in den Kram passte; und Darwin hat aufgezeigt, dass der Mensch vom Affen abstammt, obwohl dies vielen Fundamentalisten bis heute nicht behagt.
Die Freiheit, zu forschen, beinhaltet auch die Freiheit, Unsinn zu produzieren. Damit müssen wir leben, genauso wie mit der Tatsache, dass ein gewisser Prozentsatz der Menschen faul ist.
Die Gefahr droht nicht von fragwürdigen Studien, sondern vom Umstand, dass immer grössere Bereiche der wissenschaftlichen Forschung eben nicht mehr frei sind. Ob Pharma oder Ernährung, es gibt auf diesem Gebiet kaum mehr eine Studie, die nicht von einem multinationalen Konzern gesponsert wäre. Neuerdings drängen auch die Banken an die Universitäten und finanzieren ganze Institute – selbstverständlich einzig im Dienste der Wissenschaft.
Soll also das Kinderspital weiterhin die Schönheit der Penisse erforschen. «Blick» wird seine Freude daran haben – und vielleicht können ja auch ein paar verunstaltete Geschlechtsteile so verschönert werden.
Das wird immer wieder falsch beschrieben. Wir stammen nicht vom Affen ab, wir haben dieselben Vorfahren wie die Affen.