Der A310 überwand mit den Parabel-Manövern fünfzehn Mal während jeweils 22 Sekunden die Erdanziehungskraft.
Bild: UNIVERSITAET ZURICH UZH
Erstmals in der Schweiz ist ein Forschungsflugzeug zu einem sogenannten Parabelflug gestartet, der für einige Sekunden Schwerelosigkeit verleiht. Mit an Bord sind wissenschaftliche Experimente und interessierte Personen, denen dabei zünftig übel werden dürfte.
Kurz nach 10 Uhr morgens hob der Airbus «A310 ZERO-G» – das weltweit grösste für Parabelflüge zugelassene Flugzeug – vom Militärflugplatz Dübendorf ab. Initiiert haben den Flug Wissenschaftler der Universität Zürich, die damit die Möglichkeiten ausloten wollen, zukünftig in der Schwerelosigkeit zu forschen.
Der Kotzbomber am frühen Dienstagmorgen auf dem Flugplatz Dübendorf.
Das Team des Zellbiologen Oliver Ullrich erkundet die Reaktion des Körpers auf die Schwerelosigkeit, wozu es bereits Experimente mit menschlichen Immunzellen auf der Internationalen Raumstation (ISS) durchgeführt hat. Aber nur auf Parabelflügen können Forschende ihre Experimente selber in Schwerelosigkeit durchführen, schrieb die Universität Zürich in einer Mitteilung.
Die Forscher der Uni Zürich gehen in Dübendorf an Bord des «Kotzbombers».
Der Flug vom Dienstag dauerte drei Stunden und führte in dafür reservierte Zonen über dem nördlichen Mittelmeer. Dort flog die Maschine sogenannte Parabeln – abwechselnde steile Aufstiege und Sinkflüge. In der Phase vor und nach Erreichen des höchsten Punktes herrscht im Flugzeug Schwerelosigkeit.
Mit an Bord ist auch Michael Weinmann, der für das Schweizer Fernsehen vom Flug berichtet.
Der A310 überwand mit den Parabel-Manövern fünfzehn Mal während jeweils 22 Sekunden die Erdanziehungskraft. Auf dem Flug wurden vier wissenschaftliche Experimente der Universität Zürich und eines der ETH Lausanne (EPFL) durchgeführt. Eines ist eine Fortsetzung von Ullrichs Experiment auf der ISS.
Die schnellen Schwerkraftwechsel sind für das Gleichgewichtsorgan des Menschen eine Herausforderung. Viele Menschen reagieren mit Übelkeit und Erbrechen – weshalb diese Flugzeuge gelegentlich mit wenig schmeichelhaften Spitznamen wie «Kotzbomber» oder in den USA «Vomit Comet» (engl. Kotzkomet) versehen werden. Andere Menschen empfinden die Flüge aber als angenehm.
Mit dem Testflug würden die technischen, operationellen sowie administrativen Abläufe und Bedingungen für die Forschung erprobt, schrieb die Hochschule. Die Universität Zürich arbeitet dazu mit Novespace, einer Tochterfirma der französischen Raumfahrtagentur, der Schweizer Luftwaffe und dem Air Force Center in Dübendorf zusammen.
Das Testprojekt werde durch Sponsoren privat finanziert und die Universität beanspruche hierfür keine Ressourcen des Kantons oder des Bundes, hiess es in der Mitteilung weiter. Der ehemalige Astronaut und Wissenschaftler Claude Nicollier ist Patron des ersten Parabelfluges.
Sollte der Test erfolgreich sein, will Ullrichs Team mit solchen Flügen eine Plattform für biowissenschaftliche, medizinische und physikalische Forschung in der Schwerelosigkeit etablieren. (whr/sda)