78 Sekunden der Nachspielzeit sind verstrichen, als Arjen Robben beim Achtelfinal zwischen Holland und Mexiko für den grössten Aufreger des Abends sorgt. Kurz nach dem Ausgleich durch Wesley Sneijders Gewaltschuss schnappt er sich auf der rechten Flanke den Ball und gaunert sich via Grundlinie hinein in den mexikanischen Strafraum. Rafael Marquez braust heran, der Holländer fällt theatralisch – und Schiedsrichter Pedro Procena zeigt auf den Penaltypunkt.
Schalke-Knipser Klaas-Jan Huntelaar lässt sich die Chance nicht entgehen und setzt die Kugel cool zum 2:1 hinter Wunder-Keeper Guillermo Ochoa in die Maschen. Vier Minuten später folgt der Schlusspfiff. Mexiko, das Team des temperamentvollen Trainers Miguel Herrera, scheitert trotz einer starken Leistung zum sechsten Mal hintereinander im Achtelfinal. Entsprechend bitter sind die Tränen, bei den Oranje hingegen ist der Jubel grenzenlos.
Aber war die Entscheidung wirklich richtig? Die sozialen Netzwerke werden sofort von einem regelrechten Diskussions-Tsunami überrollt.
Robben mit einer Flugshow. Völlig überraschend, ist doch sonst überhaupt nicht seine Art... (haha) #Sportsmann
#AirRobben
— Stadelhuber (@Stadelhuber) 29. Juni 2014
Das Baby meiner Tante ist 7 Monate alt. Stellt man es hin, fällt es ohne erkennbaren Grund sofort um. Wir nennen es liebevoll: Arjen Robben.
— Marie von den Benken (@Regendelfin) 29. Juni 2014
Nach der Fussball-Karriere kann Robben direkt ins Theater wechseln. #nedmex
— Marc Rinderknecht (@kobebeef_ch) 29. Juni 2014
wenn #robben einen Elfer nicht bekommt,weil er so theatralisch fällt & einen bekommt,weil er so theatralisch fällt, ist das gerecht #nedmex
— Lukas Hermsmeier (@lukashermsmeier) 29. Juni 2014
Nochmal in die Runde. Wenn der Mexikaner #Robben am Fuß berührt, ist das ein Elfmeter. Dumm gelaufen für die tapferen Sombreros. #MEX
— Bananenflanke (@dirk_adam) 29. Juni 2014
Auch die TV-Experten müssen sich die Szene mehrmals anschauen, um zu einem Urteil zu kommen. Benjamin Huggel analysiert die Szene auf SRF klar zugunsten von Robben: «Für mich ist es schon ein Penalty. Marquez bringt eine schriftliche Einladung zu Arjen Robben, sich da fallen zu lassen.»
Schiri-Boss Bertolini bleibt wie immer diplomatisch «Es ist indiskutabel, dass es einen leichten Kontakt gibt. Dann stellt sich die Frage, ob das genügt, um ein Foul zu pfeifen. Die Verantwortung liegt beim Schiedsrichter und er hat sie mutig gefällt. Ich kann mit diesem Entscheid gut leben, umgekehrt wäre es aber auch akzeptabel.»
Noch eindeutiger ist die Sache für Mehmet Scholl in der ARD: «Es ist für mich ein klarer Elfmeter, weil er ihm auf den Fuss steigt. Robben fällt dann ein bisschen theatralisch, aber das ändert nichts daran.»
Beim ganzen Trubel um die finale Entscheidung geht eine Sache fast unter: Wenn Holland als achtes europäisches Team ausgeschieden wäre, hätte man die Mitschuld zurecht auch beim Schiedsrichter gesucht. Schon beim Stand von 0:0 in den letzten Sekunden der ersten Halbzeit hätte Arjen Robben zwingend einen Penalty zugesprochen bekommen müssen. Als ihn Rafael Marquez im Strafraum eindeutig trifft, bleibt Procenas Pfeife zu Unrecht stumm. So gesehen, kann die Penaltyentscheidung zum Schluss auch von den grössten Skeptikern als ausgleichende Gerechtigkeit bewertet werden.
Arjen Robben ist der ganze Trubel ohnehin egal. Seine Holländer stehen zum sechsten Mal im Viertelfinal einer WM und sind dort Favorit gegen Costa Rica. Entsprechend tritt der Matchwinner nach dem Spiel mit einer Kühlweste und einem breiten Grinsen vor die Kameras und will sich einfach nur über die dramatische Wende freuen: «Wir haben gekämpft, alles versucht. Wir haben das Spiel in fünf Minuten gedreht, das war der Wahnsinn.»
>> Hier gibt's den Liveticker des Spiel zum Nachlesen