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«Bitte keine Kleidung mehr» – Jetzt braucht es Medizin, Essen und Geld

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Bild: Andreas Isoz

«Bitte keine Kleidung mehr» – Jetzt braucht es Medizin, Essen und Geld

Unzählige Personen ergreifen selber die Initiative und machen sich mit Hilfsgütern auf den Weg ins Krisengebiet – auch aus dem Züribiet. Aber was braucht es jetzt wirklich und was wurde schon im Überfluss gespendet?
04.03.2022, 15:0104.03.2022, 15:21
Angela Rosser / ch media
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Seit mehreren Tagen rufen Organisationen und Einzelpersonen in der ganzen Schweiz zu Spenden für die Ukraine auf. Auch in Zürich ist das Hilfsangebot riesig. Die Sammelnden werden überrannt, Lagerhallen, Keller und Autos sind voll. Andreas Isoz (38), ehemaliger Skiakrobat aus Mettmenstetten, ist einer von Ihnen. Er ist überwältigt von der Anteilnahme und der Hilfsbereitschaft der Menschen: «Sachspenden braucht es bei uns wirklich nicht mehr. Wir können es hier jetzt schon kaum bewältigen», sagt der Familienvater. Der Onlineshop Sanität24, der bereits ausgeschossen war, hat drei Autos bereitgestellt und ist damit nach Holland gefahren, um mit einem Teil des gespendeten Geldes dort einzukaufen, erzählt er.

Es kommen aber laufend Menschen und bringen weiter Sachgüter: «Ich bin komplett überrannt worden», sagt der 38-jährige Mettmenstetter. Am Samstag fährt Andreas Isoz mit anderen Freiwilligen Richtung Ukraine: «Wir haben jetzt etwa 30 bis 40 Paletten an Waren, aber wir können niemals alles mitnehmen.» Priorität hat medizinische und eingekaufte Ware. Den restlichen Platz füllen die Helfenden mit dem besten gespendeten Material auf.

Nach Olympia im Krieg gelandet

Isoz hat einen sehr persönlichen Bezug zur Ukraine. Als ehemaliger Skiakrobat hat er viele Freunde im Land. Viele der Sportler, die mit ihm trainierten und um Medaillen kämpften, sind jetzt selber Trainer. «Die waren gerade noch an Olympia und quasi einen Tag nach der Landung sind sie im Krieg», erzählt Isoz. Da habe er, zusammen mit Freunden, beschlossen dass sie direkt helfen wollen. Über eine Spendenplattform haben sie die Aktion ins Leben gerufen und fahren am Samstagmorgen an die ungarische-ukrainische Grenze.

Man werde mit dem gespendeten Geld in Ungarn Sachen einkaufen, die man vor Ort gut besorgen kann und nicht aus der Schweiz mitnehmen muss – beispielsweise Wasser und Lebensmittel. Gespendet haben Menschen wirklich alles: «Kinder bringen uns ihre Stofftiere, die sie spenden wollen oder Firmen, die uns 600 Taschenlampen geliefert haben. Eine andere Firma hat uns gleich 2400 Batterien geschickt. Es kommt wirklich vieles», sagt Isoz gerührt.

«Es gab hundert schöne Momente. Es kommen kleine Kinder, die ihr Sackgeld spenden oder ältere Menschen, die sich mit Online-Banking nicht auskennen und geben uns Bargeld, wir wissen gar nicht mehr, wie wir Danke sagen sollen», sagt der Mettmenstetter.

Wohin mit all den Hilfsgütern?

Er macht sich aber auch Gedanken, was man mit den vielen Sachspenden machen soll, wenn man nicht alles mitnehmen kann und sucht derweil Hilfsorganisationen oder andere Personen, die die Sachen entgegennehmen und ins Krisengebiet bringen können.

Auch das Sozialwerk Pfarrer Sieber in Zürich sammelt Spenden. Was es nicht mehr braucht, da sind sich Privatpersonen, wie Organisationen einig: Kleider. Wichtig sei jetzt medizinisches Material, Lebensmittel, Hygieneartikel, Windeln und Babynahrung.

Überwältigende Solidarität der Zürcherinnen und Zürchern

Bei dem Sozialwerk Pfarrer Sieber konzentriert man sich auf gut haltbare Lebensmittel. «Bis zum 8. März nehmen wir Teigwaren, Reis, Päckli-Suppen und Bouillon in Haushaltsgrösse entgegen», sagt der Kommunikationsbeauftragte Walter von Arburg. In die Ukraine werden die Güter von einer Partnerorganisation transportiert. «Wir sind einmal mehr von der Solidarität der Einwohnerinnen und Einwohner in Zürich überwältigt», sagt Arburg. In der Not- und Überlebenshilfe habe man beim Sozialwerk Pfarrer Sieber gute Erfahrung.

Freiwillige aus Zürich kommen schon an ihr Limit, was Platz und Logistik angeht, und bringen einen Teil der gesammelten Hilfsmaterialien nach Basel. In Pratteln nimmt eine Organisation beim Magnetareal an der Güterstrasse 82, in 4133 Pratteln, vor der Werkstatt der Airplast AG, sieben Tage die Woche Spenden an. Auch sie sagen klar: «Bitte keine Kleidung mehr. Es werden Medikamente, Langhaltbare Lebensmittel, Babynahrung und Hygieneartikel gebraucht.» Unter anderem ist man auch dankbar für Benzin-Gutscheine oder für die zur Verfügungstellung von Transportmitteln. Auch freiwillige Helfer dürfen sich jederzeit melden.

Aufgrund der grossen Anteilnahme der Zürcher Bevölkerung hat das kantonale Sozialamt eine zentrale Anlaufstelle eingerichtet. Die Anlaufstelle Ukraine-Hilfe ist erreichbar über ukraine@sa.zh.ch oder Telefon 043 259 24 41. Diese Anlaufstelle nimmt auch Angebote von Privatpersonen zur Unterbringung von Flüchtenden an und leitet diese an die Gemeinden weiter.

(Angela Rosser)

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