«Es war doch eigentlich nur eine Entzündung des Sehnervs», erklärt Leoni Spengler gegenüber ZüriToday/watson. Als sie dann aber das Augenlicht auf dem rechten Auge verlor, ging sie auf die Notfallstation des Spitals. Viele Untersuchungen später erhält die 28-jährige Bauingenieurin dann die Diagnose: Multiple Sklerose. Dabei dachte die 28-jährige Schliernerin anfangs, es seien nur Nachwehen, nachdem sie sich einige Wochen zuvor die Augen lasern lassen hatte.
«Das hat mich ganz schön aus dem Leben gekickt», sagt Spengler weiter. Die kurzzeitige Erblindung am rechten Auge war der erste Schub ihrer MS-Erkrankung. «Zum Glück kam die Sehfähigkeit nach und nach wieder.» Nach überstandener Cortisontherapie arbeitete die Schliernerin wieder 70% als Bauleiterin. «Aber bereits nach kurzer Zeit habe ich gemerkt, ‹hey ich kann doch nicht mit einem Auge auf der Baustelle rumlaufen›», erzählt sie weiter.
Bereits Ende März hatte Spengler als Hobby angefangen Schmuck online zu vertreiben. Der Wechsel vom Bau zum Schmuck erschien ihr nicht nur logisch, sondern vor allem gesund: «Auf der Baustelle herrscht ein rauer Ton. Als Bauleitung musst du viel diskutieren und hast generell viel Stress. Und Stress ist ein entscheidender Auslöser für weitere Schübe», erklärt Spengler.
Vom rauen, lauten Bau zum filigranen, stillen Schmuckstudio: «Ich mache jetzt wirklich das Gegenteil von meine vorherigen Job», sagt sie und lacht. «Ich kann zwar aktuell noch nicht davon leben, aber es macht mir grossen Spass und tut mir gut», hält sie fest.
Auch die Familie der 28-Jährigen wäre überrascht gewesen, dass sie Baustelle gegen Schmuckstudio tauschte. Für Spengler gab es rückblickend aber noch weitere Anzeichen, dass ein Wechsel nötig sei: «Oft war ich mir unsicher, ob der Bauleiterjob das Richtige für mich ist, die Diagnose hat mich zum Nachdenken gebracht. Viele Menschen üben lebenslang einen Beruf aus, der sie nicht erfüllt - obwohl das Leben zeitlich so begrenzt ist. Wir leben in einer Zeit in der wir alle Möglichkeiten haben und diese sollten wir nutzen. (selina urech)